Politische Affären, Gerichtsprozesse, Steuerbetrug, Wohnungskrise, Impfkampagne: Diese und andere Kontroversen trafen in den vergangenen Monaten bei Ihnen auf großes Interesse. Wir präsentieren die zehn meistgelesenen Beiträge, die 2021 bei Reporter.lu erschienen sind.
Klickzahlen sind nicht alles, aber ohne Klicks hat jeder online verfasste journalistische Beitrag ein Problem. Denn ohne Klick wird er schlicht nicht gelesen. Dennoch gibt es natürlich andere Kriterien, mit denen man guten Journalismus messen sollte. Ist ein Artikel neu, relevant und interessant geschrieben? Wurde der Inhalt faktengetreu, sorgfältig und ausgewogen recherchiert? Und nicht zuletzt: Inwiefern kann eine journalistische Recherche wirklich etwas bewirken?
Und doch ist auch das Maß der Aufmerksamkeit ein Kriterium, an dem man erkennen kann, welche Artikel die Leserinnen und Leser am meisten interessieren. Dabei ist es keine allzu große Überraschung, dass bei Reporter.lu vor allem unsere großen, exklusiven und aufwändiger recherchierten Stories ein gesteigertes Interesse der Leserschaft hervorrufen. Das war auch im Jahr 2021 der Fall. Allerdings gibt es auch Ausnahmen, bei denen eher die Thematik und der richtige Zeitpunkt für deren Aufarbeitung entscheidend gewesen sein dürften.
Wir präsentieren an dieser Stelle die meistgelesenen Beiträge, die 2021 bei Reporter.lu erschienen sind.
1. Der Copy-and-Paste-Premier
„Es könnte nur eine Fußnote der Geschichte sein, doch Xavier Bettel setzte keine einzige.“ So begann jener Artikel, der 2021 auf Reporter.lu mit Abstand für die meiste Aufmerksamkeit sorgte. Am 27. Oktober berichtete Pol Reuter über die Plagiatsaffäre des Premiers, und damit über die erste solche Affäre eines luxemburgischen Politikers.

Mit rund 40.000 Seitenaufrufen war „Der Copy-and-Paste-Premier“ unser meistgelesener Beitrag des Jahres. Auch die Folgeartikel zum Thema, etwa zum Ausmaß des Plagiats oder die Analyse „Copy, paste and forget?“ von REPORTER-Chefredakteur Christoph Bumb, riefen überdurchschnittliches Interesse der Leserinnen und Leser hervor.
2. Frank Engels Problemgehalt und die Hintergründe
„Ich bin kein Verbrecher“: Mit diesen Worten reagierte Frank Engel im März 2021 auf die Rechercheergebnisse von Reporter.lu, wonach der damalige Parteivorsitzende der CSV sich vom parteinahen Verein „CSV Frëndeskrees“ ein Gehalt ausbezahlen ließ. Der Artikel „Frank Engels Problemgehalt und die Hintergründe“, in dem die sogenannte Freundeskreis-Affäre erstmals ausführlich thematisiert wurde, gehörte ebenfalls zu den meistgelesenen Beiträgen des Jahres 2021.
3. Das System „SuperDrecksKëscht“
Ein staatlich gefördertes Millionengeschäft, undurchsichtige Firmengeflechte, eine über Jahrzehnte gewachsene Männerfreundschaft: Am 15. Februar 2021 veröffentlichte Reporter.lu eine Recherche, an welcher der Journalist Pit Scholtes mehrere Wochen lang gearbeitet hatte.

„Das System ‚SuperDrecksKëscht'“ erlaubte einen Blick hinter die Kulissen der Luxemburger Abfallwirtschaft und beschäftigte nicht nur unsere Leserschaft, sondern auch die Politik während Monaten. Die Aufarbeitung der offensichtlichen Unregelmäßigkeiten ist indes noch nicht abgeschlossen. Die Affäre um „das kleine, grüne Männchen mit den roten Haaren“ wird wohl auch im Jahr 2022 noch nicht komplett begraben sein.
4. Liberaler Kontrollverlust
Gleich zu Beginn des Jahres sorgte die Mobbingaffäre um die EU-Abgeordnete Monica Semedo für viele politische Diskussionen. Dabei überschlugen sich schnell die Ereignisse. Wie es zur Affäre kam, warum die DP sie lange unterschätzte und wie Parteipräsidentin Corinne Cahen genau dies im Rückblick offen zugab, behandelte bei Reporter.lu der viel beachtete Hintergrundbericht „Liberaler Kontrollverlust“.
5. Wann platzt die Immobilienblase?
An die fünfte Stelle schaffte es ein Beitrag, der eines, wenn nicht das dringendste politische Problem des Landes behandelte. In „Wann platzt die Blase?“ ging Reporter Pit Scholtes der Frage nach, inwiefern der boomende Immobilienmarkt systemische finanzielle und wirtschaftliche Risiken birgt – und am Ende sogar den Wohlstand des Landes bedrohen könnte.

Der Artikel ist indes nicht das einzige Beispiel dafür, dass die Wohnungskrise auf großes Interesse unserer Leserinnen und Leser traf. Gleiches gilt für den Beitrag „Monopoly auf Luxemburgisch“ zur Konzentration von Grundbesitz oder „Das kostet die Hauptstadt“ – einer systematischen Recherche von Pol Reuter, die im vergangenen Juni neue Daten zur rasanten Preisentwicklung in Luxemburg-Stadt lieferte.
6. Radikalisierte Parallelwelten
Eine Erkenntnis des Jahres war, dass mit der voranschreitenden Pandemie die Polarisierung in der Gesellschaft zunahm. Aus manchen Impfskeptikern wurden radikale Gegner jeglicher Corona-Maßnahmen. Was macht die Szene der radikalen Impfgegner aus? Wie organisieren sie sich? Noch bevor es bei den Demos in der Hauptstadt zu Ausschreitungen kam, gingen Luc Caregari und Janina Strötgen diesen Fragen nach. Ihr ausführlich recherchierter Beitrag „Radikalisierte Parallelwelten“ wurde Anfang Dezember viel beachtet.

Auch das Porträt von Panagiota Bermperi, einer 38-jährigen Frau, die sich nicht impfen ließ und nach einer Covid-19-Infektion auf der Intensivstation landete, gehörte auf Reporter.lu zu den meistgelesenen Artikeln des Jahres. Lesen Sie hier die durchaus ergreifende Reportage von unserer Journalistin Janina Strötgen: „Ich habe das Virus komplett unterschätzt“
7. La cuisine fiscale de Flavio Becca
Einer der reichsten Luxemburger steht vor Gericht und muss sich dort für dubiose Steuer- und andere Geschäftspraktiken verantworten: In „La cuisine fiscale de Flavio Becca“ erzählt unsere Reporterin Véronique Poujol die Vorgeschichte jener Affären, die Anfang des Jahres die Justiz beschäftigten. In mehreren Folgeartikeln, etwa „Le jugement qui démasque le système Becca“, geht sie auf die Hintergründe des sogenannten „Uhrenprozesses“ um Flavio Becca ein.
Im Zuge dieser Recherchen reichte Flavio Becca eine Strafanzeige gegen Reporter.lu ein. Unsere Reaktion auf diesen offensichtlichen Versuch der Einschüchterung eines Presseorgans gehörte ebenso zu den meistgelesenen Beiträgen des Jahres 2021 wie die rezente Nachricht, dass die Klage des bekannten Unternehmers vom Gericht abgewiesen wurde.
8. Les ventes au noir des pharmacies
Schwarzgeld, kreative Buchhaltung und Steuerbetrug in bedeutender Dimension: Das waren die Zutaten für eine weitere Story, die in diesem Jahr für große Aufmerksamkeit sorgte. Die Recherche von Véronique Poujol „Les ventes au noir des pharmacies“ deckte systematische Betrugsmaschen in der Apothekenbranche auf, deren Ausmaße auch die Politik bis heute beschäftigen.

9. Warum Luxemburg so langsam impft
„Impfstoff wird gebunkert, Impfzentren sind im Leerlauf, die Pannen häufen sich“: Als Pol Reuter und Laurent Schmit im März 2021 über die Versäumnisse des Luxemburger Pandemiemanagements berichteten, befand sich die Impfkampagne in einer entscheidenden Phase. Ihre kritische Bestandsaufnahme „Warum Luxemburg so langsam impft“ schaffte es in die Top 10 der meistgelesenen Artikel des Jahres – dicht gefolgt von ihrem Hintergrundbericht zum „Outsourcing-Chaos“ in der Pandemie und der Analyse „Regieren ohne Rücksicht auf Fakten“.
10. Auf den Spuren der „Russian Cases“
Komplettiert wird die Artikel-Bestenliste des Jahres 2021 von einer Recherche, wie es sie nur selten gibt. Der Artikel „Auf den Spuren der Russian Cases“ von Luc Caregari und Laurent Schmit entstand im Zuge der „Pandora Papers“, einer Kooperation von 150 Medien aus aller Welt unter Leitung des „International Consortium of Investigative Journalists“ (ICIJ).
Auch in diesem Fall gilt übrigens, dass die meisten der am häufigsten gelesenen Artikel bei Reporter.lu nicht auf einmal abgeschlossen und vergessen sind. Wenn Sie wissen wollen, was unsere großen Stories des Jahres bewirkt haben, lesen Sie unseren Jahresrückblick in eigener Sache.
An dieser Stelle dann noch ein Versprechen: Auch im neuen Jahr werden unsere Journalisten sich auf die Suche nach neuen Storys machen, die aufhorchen lassen und hoffentlich weiterhin Ihr Vertrauen in unsere Arbeit rechtfertigen.


