Journalismus soll nicht nur Aufmerksamkeit erregen, sondern im besten Fall mehr bewirken. In aller Bescheidenheit können wir sagen: Das ist uns im vergangenen Jahr mehrmals gelungen. Wir präsentieren den Rückblick auf die besten Stories, die im November auf Reporter.lu erschienen sind.

Im November kam die neue Corona-Welle definitiv auch in Luxemburg an. Es gab mehrere Tage mit mehr als 800 Neuinfektionen, in den Krankenhäusern stieg die Zahl der Covid-19-Patienten dramatisch an. Die Regierung zögerte jedoch weiter mit Maßnahmen, die in den Nachbarländern längst umgesetzt worden waren.

„Einerseits befinden wir uns bereits ‚am Limit‘, andererseits warten wir weiter ab“, fassten Christoph Bumb und Pol Reuter das politische Handeln zusammen. In ihrem Hintergrundbericht „Luxemburgs Sonderweg in der Pandemie“ stellten sie die Politik der Regierung den Fakten und den eigenen Ansprüchen gegenüber.

Warum zögerte die Regierung? Offenbar galt es, die Wirtschaft zu schützen und die psychische Folgen eines neuen „confinement“ zu vermeiden. „Dafür ist man offenbar bereit, wie in Schweden, eine höhere Sterblichkeitsrate in der älteren Bevölkerung in Kauf zu nehmen“, schrieb Christoph Bumb in seiner Analyse „Ein Hauch von Schweden“.

Die Folge: Die Krankenhäuser arbeiteten wochenlang am Limit. Anfang November sprach Janina Strötgen mit den Pflegerinnen und Ärzten der Intensivstation des CHL. „Ich weiß nicht, wie lange wir das durchhalten“, sagte einer der Ärzte.

Während das Gesundheitspersonal die anrollende Welle mit großen Sorgen betrachtete, relativierten Paulette Lenert und Xavier Bettel die Lage. In einer Pressekonferenz waren sechs ihrer zentralen Argumente falsch oder irreführend, wie der Faktencheck von Reporter.lu nachwies.

Ein Penthouse und ein Bürogebäude

Weniger mit Faktenchecks als mit neuen Einnahmequellen hat dagegen Xavier Bettels früherer Vizepremier zu tun. Anfang des Jahres zog sich Etienne Schneider (LSAP) komplett aus der Berufspolitik zurück. Seine Entscheidungen beschäftigen aber weiterhin die Regierung. Eines dieser heiklen Dossiers betrifft den Mietkauf des Bürogebäudes Darwin in Cloche d’or durch den Staat.

Wie es aus gut unterrichteten Kreisen heißt, trieb Etienne Schneider das Projekt erst als Verteidigungsminister und nach den Wahlen 2018 als Gesundheitsminister voran. Das besagte Gebäude gehört dem Investmentfonds Grossfeld PAP, mit Flavio Becca als einem der Hauptaktionäre. An dieser Stelle beginnt ein Interessenkonflikt, den Véronique Poujol in ihrem Beitrag „Liaisons à risque entre Etienne Schneider et Flavio Becca“ rekonstruierte. Denn noch als amtierender Minister mietete Schneider ab 2017 ein Penthouse, das Beccas Firm T-Comalux gehört. Laut Experten liegt die Miete deutlich unter dem Marktpreis für ein solches Objekt.

In zwei Antworten auf parlamentarische Fragen gingen die Regierungsmitglieder Pierre Gramegna, Paulette Lenert und François Bausch auf die Enthüllungen von Reporter.lu ein. Sie hätten keine Informationen über die Beteiligung von Etienne Schneider an den Verhandlungen über das Bürogebäude, so die lapidare Antwort. Auf mögliche Interessenkonflikte des Ex-Ministers gingen die früheren Kabinettskollegen von Etienne Schneider nicht ein.

Das „Wort“ in einer tiefen Krise

„Hier droht gerade alles auseinander zu brechen“, sagte ein langjähriger Mitarbeiter des „Luxemburger Wort“ im November im Gespräch mit Reporter.lu. Nach dem massiven Stellenabbau fehlten einem wesentlichen Teil des Personals die Perspektiven. Nachdem im Zuge eines Sozialplans bereits rund 70 Mitarbeiter entlassen worden waren, kam es zu einer Welle von Kündigungen. Zu jenen, die freiwillig ihre Jobs bei der Traditionszeitung aufgaben, gehört etwa der frühere Leiter der Lokalredaktion Gilles Siebenaler. Auch sein Nachfolger auf diesem Posten und beigeordneter Chefredakteur Claude Feyereisen hat inzwischen gekündigt.

„Das Ende des „Wort“, wie wir es kannten“, lautete der Titel des Hintergrundberichts, in dem Christoph Bumb anhand der Aussagen von mehreren Insidern die tiefe Krise der größten Zeitung des Landes thematisierte. Der neue Besitzer, der belgische Konzern „Mediahuis“, will „Saint-Paul“ schlanker, moderner und nicht zuletzt profitabler machen, heißt es. Es soll auf „digital first“ gesetzt werden. Doch die verkrusteten Strukturen des Betriebs und die Nachwehen vergangener Managementfehler dürften die Transformation von „Saint-Paul“ erschweren.

Ein weiteres Thema, das die Luxemburger Medienwelt im November beschäftigte: Gaston Vogel muss sich wegen mutmaßlichem Aufruf zum Hass vor der Justiz verantworten. Grund ist ein offener Brief aus dem Jahre 2015, in dem der bekannte Anwalt rumänische Bettler unter anderem als „Abschaum“ bezeichnet hatte. Zu den Beschuldigten gehören neben Gaston Vogel auch „CLT-Ufa“, das Unternehmen hinter „RTL Lëtzebuerg“, sowie ein Redakteur des „Lëtzebuerger Journal“, weil sie das Schreiben veröffentlichten.


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