Die Regierung will mit allen Mitteln einen Teil-Lockdown verhindern. Doch die Argumente, mit denen Premier Xavier Bettel und Gesundheitsministerin Paulette Lenert ihr Abwarten begründen, sind zweifelhaft. Im Faktencheck erweisen sich viele Kernaussagen als irreführend oder falsch.

Die Pressekonferenz von Premier Xavier Bettel (DP) und Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) am Dienstag war ein Balanceakt. Sie wollten auf der einen Seite das Abwarten der Regierung begründen und erklären. Auf der anderen Seiten argumentierten die Minister, dass neue Maßnahmen nötig seien, falls sich die Lage bis Montag nicht verbessert habe.

Der Premier und die Gesundheitsministerin versuchten, die aktuelle Lage positiv darzustellen: Die Krankenhäuser seien nicht überlastet, die Zahl der Neuinfektionen sei stabil und im Vergleich mit anderen Ländern stehe Luxemburg gut da. Doch wie belastbar sind die Einschätzungen der Regierung? Unser Faktencheck.

„Wir sind in einer stabilen Lage. Wir sind auf einem Plateau, was aber hoch liegt. (…) Wir haben verhindert, dass die Zahlen exponentiell steigen.“ Xavier Bettel

Irreführend.

In den vergangenen Tagen lagen die Neuinfektionen pro Tag im Schnitt bei leicht unter 600. Diese Situation bezeichnet Xavier Bettel als „stabil“ – also laut Duden „gleichbleibend, relativ unveränderlich“. Mit dem Hinweis auf die hohen Zahlen widerspricht sich der Premier allerdings selbst. Denn bei einem „hohen Plateau“, wie der Premier es nennt, wiegen minimale Änderungen schwer. Das erklärte auch Paulette Lenert: „Wir haben weiterhin so viele Neuinfektionen, sodass das Risiko sehr hoch ist, dass das Geschehen wieder aus dem Ruder läuft.“

Richtig ist, dass die Forscher von „Research Luxembourg“ von einem verlangsamten Infektionsgeschehen ausgehen, die Lage sei aber „volatil“. Im Oktober habe die Entwicklung ein exponentielles Wachstum gezeigt. Seit dem 2. November entspreche die Kurve der positiven Fälle einem linearen Verlauf – also nicht exponentiell.

Der Expertenbericht vom 13. November veranschaulicht, dass der Unterschied kurzfristig gering ist. Das demonstriert die Verdopplungszahl. Im Oktober verdoppelten sich die Infektionen alle 9,47 Tage. Die Daten bis zum 11. November zeigen einen Wert von 10,6 Tagen. Allerdings ist zu beachten, dass die Forscher sich auf die Zahlen einschließlich der Grenzgänger beziehen.

„Im europäischen Vergleich liegt unsere Positivitätsrate deutlich unter den Werten der Nachbarländer.“ Xavier Bettel

Irreführend.

Der Premierminister verwies im nächsten Satz selbst auf das Problem mit dieser Zahl: Luxemburg testet deutlich mehr als die Nachbarländer. Deshalb ist es logisch, dass der Anteil der positiven Tests geringer ist. Im „Large Scale Testing“ soll die Bevölkerung durchgetestet werden, in Belgien und Deutschland jedoch nur jene Bürger, die schwere Symptome haben. Xavier Bettel verwies auf eine Positivitätsrate von fünf bis sieben Prozent. Doch bei den ärztlich angeordneten Tests lag dieser Wert in der Woche des 2. November bei 11 Prozent. In dieser Woche lag die Positivitätsrate in Deutschland bei 8 Prozent, in Frankreich bei knapp 20 Prozent und in Belgien bei 21 Prozent …