Die Verfassungsreform schreitet voran. Mit dem Text zu den Rechten und Freiheiten wurde am Mittwoch das dritte der vier Reformkapitel in erster Lesung vom Parlament verabschiedet. Dies mit den Stimmen der Mehrheitsparteien, der CSV und der Piraten. Die ADR stimmte dagegen, Déi Lénk enthielten sich. Der Text unterscheidet zwischen Grundrechten, öffentlichen Freiheiten und Staatszielen.

Der Teil über die Grundrechte wirkt zunächst recht überschaubar, was aber daran liegt, dass nicht alle Grundrechte, die laut internationalen Verträgen in Luxemburg gelten, auch in der Verfassung aufgeführt werden. Im Grundgesetz explizit verankert werden nun aber die Unantastbarkeit der Würde des Menschen, das Verbot von Folter, das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit sowie das Recht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit. Die Grundrechte können weder vom Parlament noch von der Regierung abgeändert werden.

Umfangreicher fällt der Teil über die öffentlichen Freiheiten („Libertés publiques“) aus, wobei unter anderem die Gleichheit vor dem Gesetz, die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit oder etwa das Recht auf Bildung aufgeführt sind. Neu festgehalten werden nun auch ausdrücklich das Recht für jeden, eine Familie zu gründen, sowie der Schutz des Kindes. Außerdem das Asylrecht und der Schutz personenbezogener Daten. Die Grundrechte können nur gemäß sehr strengen Kriterien verändert werden.

Die sogenannten Staatsziele haben Verfassungsrang, können aber nicht vor Gericht eingeklagt werden. Sie stellen politische Ziele dar, auf die sich die Regierung verpflichtet. Solche Staatsziele sind etwa das Recht auf Arbeit, das Recht auf Wohnen, der Umwelt- und Naturschutz, die Bekämpfung des Klimawandels, die Anerkennung von Tieren als Lebewesen mit eigener Empfindsamkeit, die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung, der Zugang zur Kultur oder auch der Sozialdialog.

Wie bei den anderen Verfassungskapiteln muss auch dieser Text in einer zweiten Lesung verabschiedet werden. Wann das sein wird, ist unklar. Auch bei den Kapiteln zur Justiz und zur Staatsorganisation steht die zweite Abstimmung noch aus. Sie wurden im Oktober 2021 beziehungsweise im Januar dieses Jahres ein erstes Mal verabschiedet. Ebenfalls unklar ist, wann das letzte Kapitel zu Parlament und Staatsrat zur Abstimmung kommt. Die Arbeiten an diesem Text sind fast abgeschlossen.

Derzeit läuft in den Gemeinden auch noch die Unterschriftensammlung für ein Referendum über das Kapitel zur Staatsorganisation, wie ein Initiativkomitee es beantragt hatte. Dass aber bis zum 25. März die nötigen 25.000 Unterschriften zusammenkommen, ist unwahrscheinlich. Bei einer solchen Initiative zum Justiz-Kapitel waren lediglich 7.397 Unterschriften gezählt worden. (GS)


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