Die Regierung betont stets, wie ernst sie den Klimaschutz nehme. Doch konkrete Entscheidungen werden immer wieder vertagt. Der nationale Energie- und Klimaplan wird mit Verspätung fertig. Auch beim neuen Klimaschutzgesetz gibt es in der Koalition offenbar Konflikte.

Die Regierung hat es versprochen, Wirtschaft und NGOs warten darauf, die jungen Klimaaktivisten fordern zum Handeln auf: Trotzdem liegt der nationale Energie- und Klimaplan weiterhin nicht vor. Damit lassen konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz in Luxemburg weiter auf sich warten.

Blau-Rot-Grün müsste den fertigen Klimaplan bis Ende des Jahres bei der EU-Kommission einreichen. Diese Deadline ist aber bereits jetzt nicht mehr zu schaffen.

Denn es reicht nicht, dass die Minister sich auf konkrete Maßnahmen einigen. Die Bürger müssen mitreden können. « Jeder Mitgliedstaat legt angemessene Fristen fest, damit genügend Zeit für die Unterrichtung der Öffentlichkeit, für ihre Beteiligung und die Gelegenheit zur Äußerung ihrer Ansichten zur Verfügung steht », schreibt die entsprechende EU-Verordnung vor.

Stellungnahmen etwa von Wirtschaftsverbänden oder NGOs muss Energieminister Claude Turmes (Déi Gréng) mit nach Brüssel schicken. Diese liegen aber nicht vor, wie der Industrieverband Fedil und der Mouvement écologique auf Nachfrage bestätigen. Die Verzögerung ist allerdings nur ein Symptom für einen generellen Konflikt innerhalb der Koalition über die Ausrichtung der Klimapolitik.

Regierung wird die Deadline verpassen

In Deutschland und in Belgien waren jeweils sechs Wochen für die öffentliche Konsultation zum Klimaplan vorgesehen. Selbst wenn die Regierung jetzt noch Ende November den fertigen Plan vorlegen sollte, dann ist auf jeden Fall Januar, bevor dieser Prozess abgeschlossen sein könnte. Eventuelle Vorschläge, die aus der Beteiligung der Öffentlichkeit resultieren könnten, sind dabei noch nicht eingerechnet. Eigentlich sollte zwischen September und November das Parlament über den Plan beraten. Doch das passierte nicht.

Bereits den Entwurf des Plans reichte die Regierung mit zwei Monaten Verspätung ein. Ein ganzes Kapitel zur Folgenabschätzung der Strategien fehlte in dieser ersten Version. Dabei geht es darum, wie viel CO2-Emissionen mit einer spezifischen Maßnahme vermieden werden. Auch die Finanzierung des Klimaschutzes wurde nicht thematisiert, wie die EU-Kommission kritisierte. Laut Informationen von REPORTER zögern diese fehlenden Berechnungen die Fertigstellung des Plans hinaus.

Es werde weiter über den Inhalt des Plans verhandelt, deshalb gebe es keinen Zeitplan, heißt es aus dem Energieministerium auf Nachfrage von REPORTER. Die öffentliche Konsultation solle mehrere Wochen dauern und auch eine Debatte im Parlament sei weiterhin geplant.

Klimarahmengesetz vorerst gescheitert

Doch es sind nicht nur technische Details, die die Klimapolitik stören. Wie es aus Koalitionskreisen heißt, gab es seit dem Sommer zwischen den drei Parteien einen handfesten Streit über das Klimarahmengesetz. Im Juli scheiterte der Entwurf von Umweltministerin Carole Dieschbourg (Déi Gréng) im Kabinett. Der Text soll festlegen, wie drastisch Sektoren wie etwa Landwirtschaft oder Transport den CO2-Ausstoß senken müssen. Und nicht zuletzt: Wie die Einhaltung der Ziele und die Umsetzung des Klimaplans kontrolliert wird.

Die anderen Minister störte, dass mit diesem Gesetz die Umweltministerin ihnen auf die Finger schauen würde. Welcher Minister hat die Ziele erreicht und wer nicht? Diese mögliche Kontrolle durch das Dieschbourg-Ministerium war dem Vernehmen nach besonders der LSAP ein Dorn im Auge. Parteipräsident Franz Fayot bestreitet auf Nachfrage von REPORTER jedoch, dass es die sozialistischen Minister alleine waren, die den Entwurf scheitern ließen.

Dem Koalitionsklima geht es hundertmal besser als dem Weltklima. »Eugène Berger, DP-Fraktionsvorsitzender

Seit der politischen Rentrée im Herbst trafen sich Vertreter der Regierung und der blau-rot-grünen Fraktionen mehrmals, um die strittigen Punkte zu klären. Die Grünen und besonders Ministerin Carole Dieschbourg waren allerdings im September durch die Affäre Traversini geschwächt. Dazu kam die Erkrankung des damaligen Vizepremiers Felix Braz, die sich auf den gesamten Betrieb der Dreierkoalition auswirkte.

Inzwischen ist die Koalition etwas weiter. « Die Arbeiten sind inzwischen abgeschlossen », sagt DP-Fraktionschef Eugène Berger im Gespräch mit REPORTER. Andere Politiker der Koalition behaupten dagegen, dass die Gespräche in einer entscheidenden Phase seien. Entsprechend wenig ist über die inhaltlichen Fortschritte zu erfahren.

Eine Frage der Klima-Gouvernance

« Völlig normal » sei es, dass die Abgeordneten der Koalitionsparteien sich in die Verhandlungen zum Gesetzesentwurf einbringen würden, meinen sowohl Berger als auch Fayot. Die Verzögerungen der Diskussionen erklären beide damit, dass die Klima-Gouvernance in nahezu alle Regierungsressorts hineinreiche und entsprechend kompliziert sei.

Die grundsätzliche Ausrichtung sei jedoch klar, betonen alle, ohne jedoch konkret zu werden. « Wir brauchen ein Klimaschutzgesetz mit klaren sektoriellen Zielen », sagt seinerseits der grüne Abgeordnete und Präsident des Umweltausschusses, François Benoy.

Jede Verzögerung macht einen wirksamen Klimaschutz jedoch schwieriger. Zur Erinnerung: Bis 2030 will die Regierung den Ausstoß von klimaschädlichen Gasen um 50 bis 55 Prozent gegenüber 2005 senken. 2018 stiegen die CO2-Emissionen in Luxemburg aber um weitere 3,7 Prozent gegenüber 2017 an, so die Schätzung von Eurostat.

Keine nachvollziehbaren Prioritäten

Es sei offensichtlich, dass die Regierung länger brauche als geplant, um Differenzen in der Klimapolitik auszuräumen, beobachtet Fedil-Direktor René Winkin. Zu diesem Eindruck passt auch die eher schwammige Rede des Premiers zur Lage der Nation, in der konkrete nationale Maßnahmen Mangelware waren. Auch das Haushaltsgesetz für 2020 enthält fast keine Maßnahmen zum Klimaschutz. Was dazu führte, dass Finanzminister Pierre Gramegna den kostenlosen öffentlichen Transport als klimarettende Aktion umwidmete – obwohl das nie der Grund für die Einführung war.

Wir kommen nicht an einer Erhöhung der Akzisen in 2020 vorbei. »François Benoy, Abgeordneter von Déi Gréng

Das grundsätzliche Problem lautet: Bei den Zielen, die die Regierung sich gibt, ist nicht klar, wie sie erreicht werden sollen. Dazu zählt die Vorgabe, dass bis 2030 fast die Hälfte des Luxemburger Fuhrparks aus Elektroautos bestehen soll. Konkret bedeutet das aber, dass innerhalb von zehn Jahren 200.000 Autos ersetzt werden müssen.

Wann werden diese Herausforderungen angepackt? Kommt also frühestens mit dem Budget 2021 und der versprochenen Steuerreform das große Klimapaket? Nein, meint der DP-Fraktionschef Eugène Berger. Der Klimafonds enthalte ausreichend Mittel, um bereits 2020 neue Förderprogramme zu lancieren. Ende 2018 belief das Fondsvermögen sich auf stattliche 670 Millionen Euro. Doch welche Prioritäten die Regierung hierbei verfolgt, steht noch völlig offen.

Ein Fall für die Steuerreform

Das weitere Streitthema einer CO2-Steuer wird wohl erst mit der umfassenden Steuerreform zum Thema werden. Denn die LSAP fordert eine sozialverträgliche Abgabe, was in der Praxis nicht ohne Weiteres umzusetzen ist.

Immerhin sieht der Budgetentwurf für 2020 vor, den Höchstsatz der Akzisen zu erhöhen. Ob die Spritsteuer dann tatsächlich steigen wird, ist allerdings alles andere als klar. Energieminister Claude Turmes hatte angekündigt, dass die Regierung die Entwicklung in Sachen Tanktourismus noch diesen Monat prüfen wolle.

Einerseits ist der Spritverkauf in Luxemburg für knapp zwei Drittel der CO2-Emissionen verantwortlich, die nicht unter den Emissionshandel fallen. Andererseits geht es um eine wichtige Einnahmequelle des Staates in Milliardenhöhe. Doch die Skepsis bei LSAP und DP ist groß. « Wir kommen nicht an einer Erhöhung der Akzisen in 2020 vorbei », sagt dagegen François Benoy (Déi Gréng).

Haben diese Spannungen das politische Potenzial, für ein Stimmungstief bei Blau-Rot-Grün zu sorgen? Nein, sagt wiederum DP-Fraktionschef Eugène Berger: « Dem Koalitionsklima geht es hundertmal besser als dem Weltklima. »


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