Die Journalistenvereinigung ALJP fordert einen Artikel im Pressegesetz, um den Informationszugang für Journalisten zu garantieren und ging hierfür am Montag auf die Straße. Die Regierung steht der Forderung weiterhin kritisch gegenüber. Zu einer Unterredung ist es bisher nicht gekommen.

Nicht nur repressive Staaten hätten die Pandemie missbraucht, um freie Berichterstattung weiter einzuschränken. Auch gefestigte Demokratien würden sich in der Krise schwertun, sicherzustellen, dass Journalisten ihre Arbeit machen können. Was die Nichtregierungsorganisation „Reporter ohne Grenzen“ in ihrem im Vorfeld zum Internationalen Tag der Pressefreiheit erschienenen Jahresbericht schreibt, kann die „Association luxembourgeoise des journalistes professionnels“ (ALJP) nur bestätigen: „Die Krisenkommunikation unserer Regierung hat die Arbeitsbedingungen für Journalisten weiterhin verschlechtert“, so die Präsidentin der ALJP, Ines Kurschat, im Gespräch mit Reporter.lu.

Weder der Informationsfluss noch der Zugang zu Expertenmeinungen seien ausreichend gewährleistet, so die Präsidentin der Journalistenvereinigung weiter. Ines Kurschat erinnert in diesem Zusammenhang etwa an ein detailliertes Organigramm der Covid-Krisenzelle, das erst auf gemeinsamen Druck der Oppositionsparteien und des Presserates veröffentlicht wurde.

Vor zwei Wochen startete die Journalistenvereinigung eine Kampagne, um ihre auf das Jahr 2004 zurückgehende Forderung nach einem Informationszugangsrecht für Journalisten erneut zu stellen. Am 3. Mai, dem internationalen Tag der Pressefreiheit, demonstrierten Journalisten gemeinsam mit Vertretern von Gewerkschaften und anderen Nichtregierungsorganisationen vor dem Parlament und dem Staatsministerium.

Regierung gegen Ergänzung des Pressegesetzes

Als symbolischen Abschluss versperrten Präsidentin Ines Kurschat, Vizepräsident Luc Caregari und Generalsekretär Roger Infalt das Tor zum Staatsministerium mit einer langen eisernen Kette. „Die Tür ist zu, den Schlüssel kann sich Medienminister Xavier Bettel bei uns abholen“, so die Botschaft der Journalisten. In Anspielung auf die Krisenrhetorik der Regierung hatte Ines Kurschat in ihrer Rede zuvor gefragt: „Sind Sie Teil der Lösung, Herr Bettel? Oder sind Sie das Problem?“

Die Regierung steht der Forderung nach einem spezifischen Artikel im Pressegesetz, um den Informationszugang für Journalisten zu garantieren, weiterhin kritisch gegenüber. In einem Interview mit dem „Tageblatt“ sagte Xavier Bettel zwar, dass er sich keiner Diskussion verschließe. Der Premier ließ aber durchblicken, dass er die von der ALJP geforderte Lösung nicht unterstützt. Eine Anpassung der im sogenannten Transparenzgesetz festgehaltenen Frist sei allerdings denkbar. Eine „Zwischenbilanz“ der geltenden Gesetzgebung sei aber noch nicht abgeschlossen, so Bettel.

Eine weitere Möglichkeit wäre eine Anpassung der sogenannten „Circulaire Bettel“. Das Dokument, das Xavier Bettel im Januar 2016 an die Ministerien und Staatsverwaltungen geschickt hatte, stellt Bedingungen auf, unter denen ein Beamter Informationen an Pressevertreter weitergeben darf. Diese „Circulaire Bettel“ habe dazu geführt, dass selbst statistisches Material der Presse nur nach einem administrativen Hindernislauf zur Verfügung stehe, lautet die Kritik der ALJP. Das sei nicht hinnehmbar, selbst Grundinformationen ließen häufig viel zu lange auf sich warten.

Zu einer Unterredung zwischen dem Staats- und Medienminister und Vertretern der Journalisten ist es im Hinblick auf das Informationszugangsrecht übrigens noch nicht gekommen. Im Rahmen der Reform der Pressehilfe habe Xavier Bettel zwar Gesprächsbereitschaft signalisiert, konkrete Terminvorschläge habe es laut ALJP bisher jedoch noch nicht gegeben. Das Staatsministerium lässt seinerseits mitteilen, dass sich beide Seiten bisher nicht auf einen Termin einigen konnten.

Journalistenverband will nicht locker lassen

Der Kampf um ein explizites Informationszugangsrecht für Journalisten hat – so scheint es – auch nach 14 Jahren gerade erst begonnen. Aus welchem Grund sich die Regierung gegen einen expliziten Passus im Pressegesetz wehrt, ist offiziell nicht in Erfahrung zu bringen. „Wir werden nun Briefe an die einzelnen Abgeordneten aufsetzen, um zu eruieren, wo die Widerstände liegen“, beschreibt Ines Kurschat den nächsten Schritt.

„Reporter ohne Grenzen“ bescheinigt Luxemburg bei der Pressefreiheit einen mittelmäßigen 20. Platz unter 120 aufgeführten Ländern. Hinter Norwegen, Finnland, Schweden und Dänemark, die die Führungsplätze einnehmen, aber auch hinter Portugal, der Schweiz, Belgien oder Deutschland. „Problematisch sind die zögerliche Herausgabe von Informationen durch Gerichte und Ministerien sowie die Tatsache, dass die Interessen der Medien und die von Wirtschaft und Politik in dem kleinen Land häufig aufeinanderprallen“, heißt es im Länderbericht zu Luxemburg.

Auf der Demonstration am Montag wurden auch Stimmen von Journalisten laut, die sich für einen aggressiveren Kampf aussprachen. Pressekonferenzen, die eher zur Selbstdarstellung, als zum Informationsfluss dienten, sollten boykottiert und Demonstrationen strategischer und zielgerichteter organisiert werden, hieß es etwa von Seiten einiger Journalisten.

Xavier Bettel zeigte am Montag keine Präsenz, als die Journalisten vor dem Staatsministerium ihre Worte an ihn richteten. Er war verhindert, da er mit dem Europäischen Kommissar für den Binnenmarkt, Thierry Breton, und dem französischen Staatssekretär für europäische Angelegenheiten, Clément Beaune, zu Gesprächen im Schloss Senningen zusammenkam. Dort, vor den Toren des Schlosses und in Anwesenheit der internationalen Presse, hätte die Demonstration sicher mehr Aufmerksamkeit bekommen.


Lesen Sie mehr zum Thema