Informationen sind der Stoff, aus dem Journalismus gemacht wird. Um den Zugang dazu zu garantieren, fordern Journalisten seit Jahrzehnten ohne Erfolg eine Verankerung der Auskunftspflicht im Presserecht. Die Journalistenvereinigung ALJP  hat deshalb eine neue Kampagne gestartet.

Pressekonferenzen, die nicht der Vermittlung von Informationen, sondern vorwiegend der Selbstinszenierung dienen. Eine Kriseninformation, die zentral gesteuert und kontrolliert wird. Und ein Transparenzgesetz, das sein Versprechen nicht hält: Für die Journalistenvereinigung ALJP haben spätestens die Erfahrungen rund um die Berichterstattung über die Pandemie das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht.

„Informatiounszougang ELO!“ heißt die breit angelegte Kampagne, die die Journalistenvereinigung in Kooperation mit Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen am Montag startete. „Wir brauchen endlich eine im Pressegesetz verankerte Auskunftspflicht“, fordert Ines Kurschat, Präsidentin der ALJP auf der Pressekonferenz. „Es reicht.“

Die Forderung ist nicht neu: Spätestens seit den Verhandlungen zur Reform des Pressegesetzes von 2004 verlangen Journalistenvereinigungen ein gesetzlich verankertes Recht auf Informationszugang. Nur wenn öffentliche Verwaltungen verpflichtet seien, Medienanfragen rechtzeitig zu beantworten, könnten Journalisten ihrer Pflicht nachkommen, staatlichen Institutionen auf die Finger zu schauen, heißt es hierzu von Seiten der ALJP. „Anders als es die Politik gerne glauben lässt, ist das Auskunftsrecht von Journalisten und Journalistinnen kein Privileg, sondern ein unverzichtbares berufliches Werkzeug“, so die Journalistenvereinigung weiter.

Unzureichendes Transparenzgesetz

„Wir wollen nichts, was es in unseren Nachbarländern nicht schon längst gibt“, unterstreicht Roger Infalt, der Generalsekretär der ALJP. Er sprach in einem Rückblick auf die vergangenen Jahre von „unzähligen leeren Versprechungen“ von Seiten der Politik, von Medien- und Staatsministern, von Mitgliedern der parlamentarischen Medienkommission und von Vertretern einzelner Parteien. Auch das Einreichen einer juristisch ausgearbeiteten Gesetzesvorlage seitens der ALJP (auf Bitten der Medienkommission) blieb erfolglos.

Die Verabschiedung des Transparenzgesetzes von 2018, das allen Bürgern und Bürgerinnen den Zugang zu öffentlichen Dokumenten gewähren soll, konnte an den erschwerten Arbeitsbedingungen der Journalisten auch nichts ändern, heißt es von der ALJP. Es sei in der Praxis „untauglich“, habe eine sehr enge Lesart des Begriffes „öffentliches Dokument“ und sei ohnehin nicht auf den auf Zügigkeit angewiesenen Informationsfluss von Journalisten ausgerichtet, so die Kritik.

Mit der Kampagne „Informatiounszougang Elo!“ will die „Association luxembourgeoise des journalistes professionnels“ (ALJP) mit verschiedenen Aktionen für ein Auskunftsrecht für Journalisten werben.

Nicht nur Journalisten, sondern auch Bürger und Bürgerinnen, sowie Nichtregierungsorganisationen würden beim Anfragen öffentlicher Informationen Steine in den Weg gelegt werden. Deshalb seien die Forderungen nach einem Auskunftsrecht für Journalisten und nach einer Reform des Transparenzgesetzes zwar zwei verschiedene Dinge, die jedoch in die gleiche Richtung zielten, so Luc Caregari, Vizepräsident der ALJP am Montag.

Wovor hat die Regierung Angst? Vor unabhängigen Medien? Vor aufgeklärten Bürgern? Vor beidem?“Blanche Weber, Mouvement Ecologique

Als einen „zahnlosen Tiger“ bezeichnet Ines Kurschat das Transparenzgesetz kürzlich in einem Interview mit dem Tageblatt. Und auch die zur Pressekonferenz geladenen Mitunterstützer der Kampagne beklagten die Schwäche des Gesetzes. Ob OGBL, Greenpeace, Mouvement Ecologique, Asti oder auch ASTM: Die anwesenden Vertreter der Organisationen waren sich einig, dass es „immens schwiereg“ sei, an Informationen von Seiten der Regierung zu kommen, vor allem fristgerecht. Egal, ob es für Veröffentlichungen oder aus Eigeninteresse sei.

Aktionsbündnis mit NGOs

Mit zahlreichen Beispielen aus ihrer Arbeit illustrierten die Unterstützer der Kampagne den mangelnden Informationszugang in der Praxis und forderten mehr Transparenz. Sergio Ferreira von der „Association Luxembourgeois des travailleurs immigrés“ (ASTI) erinnerte etwa daran, dass es die Regierung selbst gewesen sei, die die Fenster habe aufreißen wollen, um für mehr Transparenz zu sorgen. „Davon sehen wir nichts“, so der Sprecher der ASTI.

Man müsse sich auch die grundsätzliche Frage nach dem Grund stellen, sagte ihrerseits Blanche Weber. „Wovor hat die Regierung Angst? Vor unabhängigen Medien? Vor aufgeklärten Bürgern? Vor beidem?“, fragt die Präsidentin des Mouvement Ecologique und sichert der Journalistenvereinigung ihre volle Unterstützung zu. Es sei bedauerlich, dass es für ein solch minimales Recht überhaupt einer Kampagne bedürfe, so Blanche Weber.

Rechtsverfahren ermöglichen

Ein schwaches Transparenzgesetz ist jedoch längst nicht der einzige Grund, warum die ALJP die Verankerung der Auskunftspflicht im Pressegesetz fordert. „Wir brauchen diese Verankerung im Pressegesetz, damit wir uns bei Informationsanfragen an Ministerien und Verwaltungen auf einen juristischen Artikel berufen können, sollte uns eine Auskunft verweigert werden“, erklärt Ines Kurschat. Nur so sei der rechtliche Weg, der gegebenenfalls zu ausschlaggebenden Präzedenzurteilen führen könne, frei. Und nur so könne die Situation langfristig verbessert werden.

Mit ihrer Kampagne möchte die ALJP nun auf den grundsätzlichen Mangel an Transparenz in der Informationspolitik, vor allem in der Politik, hinweisen. Es geht der Vereinigung aber auch darum, zu verdeutlichen, dass sich die Arbeitsbedingungen für Journalisten unter der Regierung Xavier Bettels nicht verbessert, sondern noch weiter verschlechtert hätten. Seit dem als „Circulaire Bettel“ bekannten Rundschreiben, das Beamte dazu verpflichtet, jegliche Auskünfte an Journalisten vorher mit ihren Vorgesetzten abzusprechen, habe sich der Informationsfluss verlangsamt und verwässert.