Neue Regeln bei der Vergabe von Immobilienkrediten sollen eine Überhitzung des Marktes verhindern. Die Maßnahmen zielen vor allem auf Investoren ab, die Immobilien kaufen, um sie zu vermieten. Lockere Bedingungen gelten für die Finanzierung des Eigenheims.

Die Einführung von Obergrenzen bei der Vergabe von Immobilienkrediten deutete sich bereits im September an. Die Finanzaufsicht CSSF veröffentlichte in ihrem Jahresbericht alarmierende Zahlen. Das „Comité du risque systémique“ (CRS) zog nun nach und empfahl am 9. November erstmals Maßnahmen aufgrund des Gesetzes vom 14. Dezember 2019. Dieses Gremium ist ein Zusammenschluss der Zentralbank und der CSSF unter der Leitung von Finanzminister Pierre Gramegna (DP). Dieser Schritt sei notwendig, um „das Anwachsen von Risiken für die Finanzstabilität zu bremsen“, heißt es in der Empfehlung.

Das CRS fordert die Deckelung des Verhältnisses zwischen der Kreditsumme und dem Wert der Immobilie. Grundsätzlich soll dieses Verhältnis („Loan-to-Value“ Ratio) 80 Prozent nicht übersteigen. Die Maßnahme habe auf keinen Fall zum Zweck, junge Familien vom Kauf eines Eigenheims abzuhalten, betont das Komitee in einer Pressemitteilung. Bei Erstkäufern soll eine Bank weiterhin bis zu 100 Prozent des Immobilienwerts als Kredit geben können. Bei Haushalten, die ein neues Eigenheim kaufen, soll die Obergrenze bei 90 Prozent liegen. Banken dürfen bei einem Teil der Immobilienkredite, die sie gewähren, auch bis zu 100 Prozent gehen.

Die CSSF bereitet eine entsprechende Verordnung vor, um die Empfehlung des CRS umzusetzen. Die neuen Regeln sollen ab dem 1. Januar für neue Kredite gelten. Bestehende Verträge sind nicht betroffen.

Das CRS nutzte die Möglichkeiten jedoch nicht voll aus: Statt 80 erlaubt das Gesetz eine Deckelung auf 75 Prozent des Immobilienwertes. Diese Maßnahme ist eine der fünf, die das Gesetz vorsieht. Weitere „Leitplanken“, die bei Bedarf eingeführt werden könnten, betreffen das Verhältnis zwischen der Kreditsumme und dem verfügbaren Einkommen des Kreditnehmers und etwa die Laufzeit.

Kehrtwende im Krisenkontext

Die Wirkung dieser Maßnahmen bleibt abzuwarten. Laut den Zahlen der CSSF nahmen die Haushalte einen Kredit für 75 Prozent der neuen Immobilie auf. Für die Mehrzahl der Kreditnehmer würde diese Obergrenze demnach keine Rolle spielen. Doch ein Drittel der neuen Kredite lagen über einem Ratio von 90 Prozent.

Bei der Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes sagte Pierre Gramegna: „Die Banken haben keine Probleme mit diesen Korridoren, weil sie ihrer Praxis entsprechen.“ Im Parlament gab es damals eine hitzige Debatte um diese „Leitplanken“ für Immobilienkredite.

Der Finanzminister zögerte seinerseits mit solchen Maßnahmen – trotz Warnungen des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) 2016 und 2019. „In den vergangenen drei Jahren blieb die Situation relativ stabil“, sagte Pierre Gramegna noch 2019. Nun begründet des CRS – das er als Minister leitet – die neuen Regeln mit den rapide ansteigenden Immobilienpreisen in den vergangenen fünf Jahren.

Es gelte, die Überschuldung der Haushalte unter Kontrolle zu halten, lautet ein weiteres Argument. Auch die im Haushaltsentwurf vorgesehene höhere Besteuerung von Immobilieninvestoren erwähnt das CRS. Das Gesetz schreibt in der Tat vor, dass andere Maßnahmen bereits getroffen wurden und die Einschränkung der Kredite nur als letztes Mittel greifen dürfe. Die angespannte Wirtschaftslage infolge der Pandemie wird übrigens vom CRS mit keinem Wort erwähnt.