Die Europäische Staatsanwaltschaft sollte bereits seit Ende 2020 voll funktionsfähig sein. Doch die Schaffung des gesetzlichen Rahmens steht in Luxemburg noch aus. Zwei Gesetzentwürfe sollen nun das Strafverfahrensrecht anpassen und die Aufgaben der delegierten Staatsanwälte festlegen.
Acht der 22 teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten haben ihre delegierten Europäischen Staatsanwälte bereits vorgeschlagen. Neben den Europäischen Staatsanwälten, die die Ermittlungen in der Luxemburger Zentrale koordinieren sollen, sind die delegierten Staatsanwälte für die Arbeit vor Ort zuständig – wie etwa Hausdurchsuchungen.
Um die Aufgaben und Rechte der zwei delegierten Staatsanwälte in Luxemburg festzulegen, müssen mehrere Gesetze angepasst werden. Die Regierung billigte im Januar zwei entsprechende Gesetzentwürfe. Derzeit wartet die Justizkommission des Parlaments auf die Gutachten des Staatsrates.
Luxemburg ist dabei in Verzug. Denn eigentlich sollte die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) bereits seit Ende 2020 voll arbeitsfähig sein. Beschlossen wurde der Aufbau dieser neuen EU-Institution mit Sitz in Luxemburg bereits 2017. An Arbeit mangelt es nicht: 3.000 Fälle liegen der Europäischen Staatsanwaltschaft bereits vor. Es geht vor allem um Korruption, Betrug im Zusammenhang mit EU-Fördergeldern und Mehrwertsteuerbetrug. Allein letztere Vergehen kosten die EU-Mitgliedstaaten schätzungsweise 50 Milliarden Euro pro Jahr.
Maximale Unabhängigkeit
Da die Strafverfolgung weiterhin eine nationale Kompetenz bleibt, braucht es die delegierten Staatsanwälte, um zu ermitteln und die Fälle anschließend vor nationalen Richtern zu plädieren. Sie sollen durch die Anpassung des Luxemburger Strafverfahrensrechts die gleichen Kompetenzen erhalten wie ein „normaler“ Staatsanwalt. Sie übernehmen allerdings zusätzliche Aufgaben, die üblicherweise ein Untersuchungsrichter übernimmt, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs.
Die delegierten Europäischen Staatsanwälte sollen zudem völlig unabhängig sein. Das Justizministerium darf sie demnach nicht auffordern, Ermittlungen aufzunehmen. Auch die Generalstaatsanwältin hat keine Weisungsbefugnis über sie. Im Rahmen der Verfassungsreform ist die Unabhängigkeit der Luxemburger Staatsanwaltschaft gegenüber der Regierung ein Streitpunkt zwischen den Parteien.
Fallen Rechtssachen unter die Kompetenz der EPPO, sollen die nationalen Behörden die Verdachtsfälle unmittelbar an die delegierten Staatsanwälte weitergeben. Dazu zählen etwa das „Enregistrement“, der Zoll oder die „Cellule du renseignement financier“. Der Luxemburger Staatsanwalt kann gegebenenfalls auch Fälle weiterleiten. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Ratskammer der „Cour d’appel“ bei Kompetenzstreitigkeiten zwischen der EPPO und der nationalen Staatsanwaltschaft entscheiden soll.
Zwei delegierte Europäische Staatsanwälte
Ein zweiter Gesetzentwurf betrifft die Schaffung der Posten von zwei delegierten Staatsanwälten. Sie haben den Rang eines „substitut principal“ und werden jeweils für ein Mandat von fünf Jahren ernannt. Sie werden vom Generalstaatsanwalt ausgesucht, dann der EPPO vorgeschlagen, die sie dann ernennt.
Um die Unabhängigkeit der delegierten Staatsanwälte zu garantieren, darf durch die Ernennung oder nach Ende des Mandats kein Nachteil für sie entstehen. Vor allem das Gehalt soll auf gleicher Höhe bleiben. Das Justizministerium rechnet mit Gehaltsausgaben zwischen 71.446,40 und 128.653,10 je nach Steuerklasse, heißt es in der „fiche financière“ des entsprechenden Gesetzentwurfs.
Luxemburg ist im EPPO mit Gabriel Seixas als einem der 22 Europäischen Staatsanwälte vertreten. Ihm werden die zwei delegierten Staatsanwälte unterstehen. Gabriel Seixas war zuvor beigeordneter Direktor der „Cellule du renseignement financier“.
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