Der Zugang zum „Registre des bénéficiaires effectifs“ ist seit Kurzem eingeschränkt. Nun sollen Firmenbesitzer darüber informiert werden, wer ihre Daten einsieht. Die in anderen Ländern zum Teil bestehende Praxis könnte vor allem für Journalisten zur Bedrohung werden.

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 22. November 2022, das den öffentlichen Zugang zu Registern der wirtschaftlichen Eigentümer für unzulässig erklärte, war das Erstaunen groß. Einige europäische Staaten reagierten nicht auf das Urteil und gewährten weiterhin Zugang zu ihren Eigentümer- und Transparenz-Registern. Andere schlossen die Register nur wenige Stunden, nachdem das Urteil verkündet worden war. 

Darunter auch Luxemburg, das bisher eine für einen Finanzplatz eher liberale Umgangsweise mit den Daten im „Registre des bénéficiaires effectifs“ (RBE) hatte. Das Register war seit seiner Einführung öffentlich und anonym zugänglich. Luxemburg schöpfte so alle Möglichkeiten aus, welche die fünfte Anti-Geldwäsche-Richtlinie der EU für solche Register vorgesehen hatte.

Die Bedenken der Datenschützer

Dabei gab es seit der Schaffung des RBE Bedenken in Bezug auf den anonymen Zugang. Dies betraf die Frage, ob Eigentümer von Gesellschaften Kenntnis darüber haben sollten, wer Informationen über sie abfragt. Bei der Einführung des Registers im Jahre 2019 wurde davon abgesehen. Nun aber soll den Eigentümern diese Möglichkeit eingeräumt werden – unter Berufung auf den Datenschutz und zum potenziellen Nachteil von RBE-Nutzern, allen voran Journalisten.

Wir haben von Anfang an darauf hingewiesen, dass ein solches Register eine Protokollierung braucht.“Tine Larsen, Präsidentin der CNPD

„Wir hatten damals schon in unserem Gutachten darauf hingewiesen, dass die Datenschutz-Grundverordnung dieses Recht vorsieht – und dass dies in einem öffentlichen Register mit anonymem Zugang nicht gewährt sei. Leider wurde nicht auf uns gehört“, erinnert sich Tine Larsen, Präsidentin der Nationalen Datenschutzkommission (CNPD) im Gespräch mit Reporter.lu.

Die CNPD war in ihrer Stellungnahme zum RBE in der Tat der Meinung, dass den Firmenbesitzern das Recht zusteht, zu wissen, wer Zugriff auf ihre Daten hat: „Die Rückverfolgung von Personen, die das Register konsultiert haben, ist auch damit gerechtfertigt, um den Rechten der Eigentümer, genauer gesagt, das Recht auf Information und das Recht auf Auskunft, gerecht zu werden“, schrieb die CNPD damals. 

Justizministerin informierte spät

Infolge des Urteils des Europäischen Gerichtshofs wurde der anonyme Zugriff auf das RBE nun abgeschafft. Compliance-Angestellte aus dem Finanzsektor, Anwälte oder Journalisten müssen sich jetzt über ihr persönliches „LuxTrust“-Token identifizieren, wenn sie die Daten aus dem Register einsehen wollen. So hinterlassen sie zwangsläufig eine Datenspur – die auch den Eigentümern zur Verfügung gestellt werden kann. 

Das war ebenfalls eine der Forderungen der CNPD: „Wir haben von Anfang an darauf hingewiesen, dass ein solches Register eine Protokollierung braucht“, erklärt Tine Larsen gegenüber Reporter.lu. 

Das von Sam Tanson (Déi Gréng) geleitete Justizministerium hat noch keine klare Linie bei der Frage, inwieweit Firmenbesitzer über Anfragen im RBE informiert werden sollen. (Foto: Mike Zenari)

Das Problem: Als der RBE-Zugang für Fachleute aus der Finanzbranche und Journalisten – unter der Bedingung der Identifizierung – wieder gewährt wurde, war von der Möglichkeit, den Eigentümern Einblick in die Protokolldateien zu gewähren, keine Rede. Diese Option wurde erst bekannt, als Justizministerin Sam Tanson (Déi Gréng) am 1. Februar gemeinsam mit dem Direktor der „Luxembourg Business Registers“ (LRB), Yves Gonner, der parlamentarischen Justizkommission die Pläne für ein neues RBE-Gesetz vorstellte. Erst auf Nachfrage der Opposition räumte die Ministerin ein, dass Informationen über RBE-Nutzer den Eigentümern auf Nachfrage übermittelt würden. 

Gegenüber Reporter.lu präzisiert das Justizministerium, dass nicht vorgesehen sei, die Klarnamen der Benutzer weiterzureichen, sondern bloß ihre „Kategorie“. Die Nutzer des RBE, darunter Journalisten, hingegen können aber nicht erfahren, ob ein Eigentümer ihre Daten abgefragt hat: „Das sieht die Datenschutz-Grundverordnung nicht vor“, so das Ministerium von Sam Tanson. 

„Diskutieren und auswerten“

Auf die Frage, wieso das Ministerium die Pressevertreter nicht auf diese Einsichtsmöglichkeit vonseiten der Eigentümer aufmerksam gemacht hat, heißt es: „Damals war es die Priorität, den Medien schnell wieder Zugang zum Register zu gewähren.“ 

Warum die Entscheidung überhaupt getroffen wurde, erklärt das Ministerium folgendermaßen: „In Zusammenhang mit einem Austausch zwischen der CNPD und dem Ministerium nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs bestätigte die CNPD die Verpflichtung des für die Datenverarbeitung Verantwortlichen, den wirtschaftlichen Eigentümern Informationen über die Empfänger oder Kategorien von Empfängern zur Verfügung stellen zu können.“

Nur: Tine Larsen widerspricht dieser Darstellung: „Das sollte man nuancierter sehen: Es gab einen Austausch, aber dass wir zu dieser Entscheidung beigetragen haben sollen, kann ich nicht bestätigen“, so die CNPD-Präsidentin. 

Nach mehrmaligem Nachhaken rudert das Justizministerium schließlich in einem Punkt zurück: Man wolle nun erst einmal „diskutieren und auswerten”, welche Informationen und welche Kategorien zu übermitteln seien. Dies im Hinblick auf die Reform des RBE-Gesetzes und im Austausch mit der CNPD. In anderen Worten: Das Ministerium will Zeit gewinnen. Denn sämtliche Optionen liegen auf dem Tisch. 

Große Unterschiede europaweit

Wie weitreichend die Unterschiede in der Auslegung der Datenschutz-Grundverordnung in Bezug auf Transparenzregister sind, zeigt eine gemeinsame Recherche von Reporter.lu mit „Der Spiegel“ sowie „Der Standard“ und „profil“ aus Österreich. Dabei wurden Behörden in acht verschiedenen Ländern angeschrieben, um herauszufinden, wie sie die Balance zwischen Datenschutz und Transparenz halten.

Die Ergebnisse sind unterschiedlich. Während Deutschland, die Niederlande, Österreich und Litauen angaben, Informationen an Eigentümer weiterzugeben, ist dies in Frankreich, Belgien und Irland nicht der Fall.

Eigentümer werden nicht über das Abfragen ihrer Informationen informiert, da das Register diese Abfragen strikt vertraulich behandelt.“Französisches Wirtschaftsministerium

Besonders weit gehen die litauischen Behörden: Das dortige Justizministerium bestätigt, dass es auch die Namen und Vornamen jener Personen weiterleitet, die Informationen aus dem Register anfragen. Da das litauische Register aber erst im August 2022 online ging, habe es noch keine solchen Fälle gegeben.

Anders sieht es in Deutschland aus. Dort werden solche Informationen seit Juli 2020 an wirtschaftliche Eigentümer weitergegeben. Im Jahr 2022 war dies 176 Mal der Fall, bei 309 Anfragen im „Transparenzregister“. Auch Österreich bestätigt, Daten weiterzugeben. Auf Nachfrage, wie oft diese Übermittlungen stattfanden, heißt es aus dem zuständigen Ministerium: „Es gab eine Handvoll Anfragen, die jeweils umgehend beantwortet wurden.“

Mögliche Gefahr für Journalisten

Zwar geben Deutschland, Österreich und die Niederlande nur Kategorien an, also, ob entweder eine Privatperson oder eine Institution die Informationen abgefragt hat. Doch auch dies kann dazu führen, dass Geldwäscher oder andere Kriminelle gewarnt werden, dass sich jemand für sie interessiert. Das könnte die Aufklärung von Straftaten behindern.

Wenn Namen genannt werden, ist dies umso gefährlicher – zumal in einer Zeit, in der auch in Europa immer mehr Journalisten bedroht oder sogar ermordet werden, weil sie über kriminelle Machenschaften berichten. In Erinnerung bleiben etwa die Fälle der Journalistin Daphne Galizia in Malta oder von Jan Kuciak in der Slowakei, die beide infolge von investigativen Recherchen ermordet wurden.

Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom vergangenen November stellt die Politik vor eine Reihe von Problemen bei der Reform der Transparenzregister. (Foto: Mike Zenari)

Erstaunlich ist es, dass verschiedene Länder ein Weitergeben der Informationen unterbinden. Allen voran Frankreich: „In Frankreich ist das Eigentümer-Register momentan offen und frei zugänglich. Eigentümer werden nicht über das Abfragen ihrer Informationen informiert, da das Register diese Abfragen strikt vertraulich behandelt“, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium in Bercy.

Das Gleiche galt für Belgien und Irland, nur mit einem Unterschied: Dort sind die Register nach dem Urteil vom November für die Öffentlichkeit sowie Journalisten und NGOs unzugänglich – bis ein neues Gesetz regelt, wer ein legitimes Interesse daran hat, diese Informationen einzusehen. 

Warten auf eine europäische Lösung

Alles wird am Ende davon abhängen, ob und wie diese Balance in der sechsten Anti-Geldwäsche-Richtlinie der EU definiert wird. Die Europäische Kommission wollte sich auf Nachfrage von Reporter.lu nicht dazu äußern. Nur so viel: Sie werde die Folgen des Urteils „gründlich analysieren“ und dabei helfen, die Gesetzgebung „in vollen Einklang mit dem Urteil zu bringen“. 

Dabei spricht die Bilanz des RBE zumindest zahlenmäßig eine klare Sprache: Wurden 2020 nur 640.000 Seiten abgerufen, waren es 2022 bereits zwölf Millionen. Auch die Nutzerzahl stieg von 17.000 auf über 270.000. Wenn nun aber die Vertraulichkeit und damit die Sicherheit der Nutzer nicht mehr gewährleistet ist, werden die Zahlen wohl ebenso rasch fallen, wie sie gestiegen sind. Das erste Opfer wäre die bisher von Politik und Akteuren des Finanzplatzes so gepriesene Transparenz.


Mehr zum Thema