Der Sprit wird teurer, die Autosteuer steigt. Die Regierung will mehr Elektroautos und weniger Dieselverkauf – um des Klimas willen. Die Wirtschaftsverbände zweifeln an der Wirksamkeit dieser Steuerpolitik und warnen vor wirtschaftlichen Verwerfungen.

Der Autofahrer ist das gefürchtetste Wesen in der Luxemburger Politik. Der frühere Umweltminister Lucien Lux erholte sich politisch nie von der Missgunst, die seine Reform der Autosteuer hervorrief. Doch aktuell hat Blau-Rot-Grün keine Wahl mehr: Die CO2-Emissionen aus dem Spritverkauf und dem Verkehr müssen innerhalb des nächsten Jahres drastisch sinken. Ohne diese Verkehrswende verfehlt Luxemburg seine Klimaziele für 2020, 2030 und 2050.

Das bedeutet allerdings Veränderungen bei den bisher paradiesischen Zuständen für Autofahrer: billiger Sprit und niedrige Autosteuer. Die Regierung zieht die Daumenschrauben leicht an. Die Autosteuer wird an das neue Testverfahren WLTP angepasst. Das heißt, dass die CO2-Werte realistischer sind, aber auch höher. Für neue Autos wird eine höhere Steuer fällig. Dazu kommt eine Erhöhung der Akzisen um ein bis fünf Cent in den nächsten Monaten, 2021 ist die CO2-Steuer geplant.

Die Zeit läuft davon

Die Reaktionen haben es in sich. Ein „Deckmäntelchen“ und „Greenwashing“ seien die Maßnahmen, kritisieren die Autobranche und die Ölfirmen. Klimapolitisch seien die Maßnahmen zudem wirkungslos. Sie würden lediglich Arbeitsplätze gefährden, so das Argument.

Das Problem: Die Steuern dürften in der Tat nicht hoch genug sein, um die Luxemburger dazu zu bewegen, ihren Pkw stehen zu lassen und eine Autowende anzustoßen. Trotzdem könnten sie wirtschaftliche Folgen haben, die die Regierung nicht beabsichtigt.

Sowohl das „Groupement Transports“ als auch das „House of Automobile“ fühlen sich von der Regierung übergangen. Die Wirtschaftsverbände betonen, dass sie sich nicht gegen den Klimaschutz stellen. Aber nach Jahren des Stillstandes überrascht sie offenbar der neue Tatendrang von Blau-Rot-Grün.

Die Autobranche fordert, dass die Regierung erst 2021 die Besteuerung von Privat- und Firmenautos an das strengere Testverfahren WLTP anpasst. Erst dann seien ausreichend neue Modelle an Elektro- und Hybridfahrzeugen verfügbar, damit die Wende weg vom Verbrennungsmotor realistisch sein kann. Die Transportunternehmen klagen, es fehle an Alternativen zum Diesel-Lkw.

Zwischen Anspruch und Realität: Luxemburgs Emissionen müssen 2020 drastisch sinken. (Grafik: Ministère de l’énergie)

Eine Grafik der Regierung zeigt das Problem: Bis 2017 sah es so aus, als ob Luxemburg 2020 sein Klimaziel von minus 20 Prozent an Emissionen gegenüber 2005 mit Leichtigkeit erfüllen würde. Doch dann stieg vor allem der Spritverkauf deutlich an und damit der dem Land zugerechnete CO2-Ausstoß.

Die Regierung „Bettel I“ scheute allerdings Maßnahmen zum Gegensteuern. Und so muss „Bettel II“ jetzt innerhalb eines Jahres über eine Million Tonnen CO2 einsparen. Da wird selbst der Autofahrer nicht mehr verschont.

Eine Frage des Lenkungseffekts

In den Kommentarspalten der sozialen Medien herrscht eine Meinung vor: Die Regierung wolle den Bürgern nur in die Tasche greifen, doch dem Klima helfe das nicht. Es ist die große Frage bei jeder ökologischen Steuer: Trägt die Abgabe dazu bei, das Verhalten der Menschen zu ändern?

Bei den aktuell diskutierten Steuererhöhungen ist das umstritten. „100 Euro mehr Autosteuer pro Jahr: Das hat keinen Effekt“, betont Gerry Wagner, Präsident des Verbands der Leasingfirmen Mobiz. Das Beispiel zeige, dass niemand sich auf dieser Grundlage für ein anderes, emissionsärmeres Auto entscheide. Trotzdem bedeute der Wechsel auf das WLTP-Testverfahren, dass der Großteil der Autobesitzer mehr Steuern zahlen müsste. Allerdings blieben die Beträge im Vergleich zum Ausland äußerst bescheiden.

Die Erhöhung der Spritsteuern führe lediglich dazu, dass in Luxemburg weniger getankt würde, so das Argument des „Groupement pétrolier“. Selbst der Wirtschafts- und Sozialrat vertritt die These, dass der „Tanktourismus“ ein sehr begrenztes Phänomen sei, das nicht nur negative Folgen habe. Bleibt aber dann die Frage, wie die sehr hohen Emissionen aus dem Verkehr zu erklären sind.

Die Regierung selbst glaubt nur bedingt an einen Lenkungseffekt. Mobilitätsminister François Bausch sieht den Wechsel auf WLTP als rein technische Anpassung. Tiefgreifender werde die Autosteuer im Rahmen der „großen“ Steuerreform 2021 angepasst, so der grüne Minister. Dann wolle die Regierung darauf drängen, dass die Bürger vor allem Elektroautos kaufen sollen – die dann auch in ausreichender Auswahl auf dem Markt seien.

Die Katastrophenszenarien der Verbände

Es ist nicht so, dass die Wirtschaftsvertreter daran zweifeln, dass die Steuererhöhungen Folgen haben. Doch sie glauben nicht, dass es eine positive Wirkung auf den CO2-Ausstoß geben wird. Sie befürchten vor allem eine Verlagerung der Emissionen in die Großregion.

Das Problem: Die wirtschaftlichen Vorteile gingen Luxemburg dann ebenfalls verloren. Das sind etwa die Einnahmen aus den Spritsteuern, die wegzubrechen drohen. Zusätzlich warnt das „Groupement Transports“, dass die Akzisenerhöhung existenzgefährdend für die kleinen und mittelgroßen Transportunternehmen in Luxemburg sei.

Die Autobranche ist ebenso alarmistisch: Die angepasste Besteuerung von Firmenautos könne dazu führen, dass der Leasingmarkt in Luxemburg einbreche. Der Grund: Ein Dienstwagen sei für Grenzgänger künftig nicht mehr interessant. Statt ein Leasingauto vom Unternehmen, auf dem sie teilweise über den „avantage en nature“ besteuert werden, würden sie dann lieber ein Privatauto etwa in Frankreich oder Belgien kaufen, erklärte Gerry Wagner. Das bedeute massive Einnahmeverluste für den Staat, denn knapp die Hälfte der neu angemeldeten Autos sind Dienstwagen. Grenzgänger nutzen wiederum knapp die Hälfte aller Firmenautos.

Umdenken bei Besteuerung erfordert

Steuern und Kaufprämien, die im Jahres- bzw. Monatsrythmus angepasst werden, reichen sicher nicht aus, um eine Autowende herbeizuführen. Auch wird ein neues Zeitalter der Mobilität nicht ohne Geburtswehen auskommen. Branchen wie die Ölfirmen oder die Autohäuser haben jahrzehntelang gutes Geld mit dem Autoboom in Luxemburg verdient. Ihnen stehen drastische Anpassungen ins Haus – auch ohne Steuermaßnahmen der Regierung.

Ein Ausweg aus dem Dilemma könnte ein komplettes Umdenken bei der Besteuerung sein: Für die Steuerreform 2021 könnte er sich vorstellen, dass nicht der Besitz eines Autos besteuert wird, sondern dessen Nutzung, erklärte Gerry Wagner. Wer also öfter das Auto stehen lässt und auf Bus und Bahn umsteigt, würde sparen.

Mehrere europäische Länder gehen jedoch nicht mit Anreizen vor, sondern mit Verboten. Frankreich, Finnland, Schweden, Irland und Großbritannien planen alle einen Verkaufsstopp für Autos mit Verbrennungsmotor in den nächsten Jahrzehnten. Die Stichdaten reichen von 2025 bis 2045.

Die Pointe: Die Rifkin-Studie enthält die Empfehlung, dass Luxemburg ab 2025 nur noch Elektroautos neu zulassen soll. Doch so weit ist Blau-Rot-Grün dann doch noch nicht .


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