Gaston Vogel soll zahlen. Denn er habe genau gewusst, was er tat. So sieht es zumindest die Generalstaatsanwaltschaft im Berufungsverfahren gegen den bekannten Rechtsanwalt, in dem dieser sich wegen Aufrufs zum Hass und Diskriminierung verantworten muss. Hintergrund ist ein Brief aus dem Jahre 2015 über Bettler in Luxemburg-Stadt. Dem 85-Jährigen droht eine Geldbuße.

Eine solche in Höhe von mindestens 2.500 Euro hat nämlich die Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft diese Woche gefordert. Sie hege keinen Zweifel an der Schuld des Anwalts, sodass dieser zu verurteilen sei. Damit bleibt die Seite der Anklage ihrer Linie treu. Bereits in erster Instanz hatte die Staatsanwaltschaft eine Geldstrafe beantragt. Nach dem Freispruch von Gaston Vogel im November vergangenen Jahres hatte sie denn auch Berufung eingelegt.

Gaston Vogel blieb vor den Berufungsrichtern bei der Position, die er auch schon in erster Instanz in seiner ihm eigenen, lautstarken Art und Weise vertreten hatte, wie Reporter.lu berichtete. Er habe mit seinem Schreiben keineswegs zum Hass aufgerufen oder irgendjemanden diskriminiert, so seine Argumentation. Vielmehr habe er auf ein bestehendes Problem von allgemeinem Interesse aufmerksam machen wollen: Das Phänomen der Bettelei in der Oberstadt, die auf organisierte Banden zurückzuführen sei.

In seinem offenen Brief an Stadtbürgermeisterin Lydie Polfer (DP) im August 2015 hatte der Anwalt jedoch auf eine teils sehr derbe Wortwahl zurückgegriffen. Unter anderem hatte er Bettler aus „dem fernen Rumänien“ als „Abschaum“ bezeichnet und mit Begriffen wie „puanteurs“ und „mendiants dégueulasses“ beschrieben. Reporter.lu hatte im November 2020 erstmals über die juristischen Folgen berichtet, die diese Worte für Gaston Vogel haben könnten.

Folgen haben könnte der Brief auch für das Unternehmen „CLT-Ufa“, den Mutterkonzern von „RTL“, sowie einen ehemaligen Redakteur des „Lëtzebuerger Journal“. Sie sind in diesem Fall angeklagt, weil sie den Brief von Gaston Vogel unkommentiert veröffentlicht hatten. Die Rolle der Medien war, wie Reporter.lu berichtete, bereits in erster Instanz ein viel diskutiertes Thema. Damals waren auch die Medienvertreter freigesprochen worden. Vor den Berufungsrichtern forderte die Seite der Anklage nun ihre Verurteilung.

Die Beschuldigten hätten ihre journalistische Sorgfaltspflicht vernachlässigt, so die Vertreterin der Generalstaatsanwaltschaft. Jedoch beantragte sie kein Strafmaß, sondern eine Aussetzung des Urteils („Suspension du prononcé“). Me Pol Urbany, Anwalt von „CLT-Ufa“, sah darin eine ganz klare Einschüchterung der Presse, die sich vor derartigen Veröffentlichungen hüten solle. Wie die anderen Anwälte forderte der Verteidiger einen erneuten Freispruch. Das Urteil ergeht am 17. Januar 2023. (GS)


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