In den Kulissen des Wahlkampfs formiert sich mit Schwarz-Blau eine alternative Regierungskoalition. Darauf deuten nicht nur persönliche Annäherungsversuche hin, sondern vor allem ein breiter konservativ-liberaler Konsens in zentralen Themenbereichen. Eine Analyse.

Die Wahlen am 14. Oktober sind so offen wie schon lange nicht mehr. Die Umfragen deuten seit Jahren konstant darauf hin, dass die regierende Dreierkoalition keine Mehrheit mehr erwarten kann. Unabhängig davon sind nach den Wahlen jedoch vier Koalitionen (DP-LSAP-Déi Gréng, CSV-DP, CSV-LSAP und CSV-Déi Gréng) politisch möglich. Vor allem eine dieser Optionen wird in den vergangenen Wochen in der politisch-medialen Klasse aber als am wahrscheinlichsten angesehen.

Je näher der Wahltermin rückt, desto mehr pfeifen die Spatzen des politischen Betriebs eine Koalition zwischen CSV und DP von den Dächern. Dafür gibt es mehrere Gründe. Allen voran sprechen jedoch inhaltliche Schnittmengen für Schwarz-Blau. Während sich nach fünf Jahren gemeinsamer Regierungszeit kein neues blau-rot-grünes Programm aufdrängt, werden die Konturen eines möglichen schwarz-blauen Projekts immer deutlicher erkennbar.

Waffenstillstand im Wahlkampf

Zunächst fällt auf, dass sich die Parteien der Dreierkoalition in diesem Wahlkampf ähnlich positioniert haben wie schon 2013. Die LSAP und ihr Spitzenkandidat Etienne Schneider betonen am stärksten ihre Präferenz für eine Fortführung von Blau-Rot-Grün. Liberale und Grüne halten sich letztlich aber alle Machtoptionen offen. Vor allem die DP flirtet mittlerweile hemmungslos mit einer schwarz-blauen Koalition. Bei öffentlichen Wahlkampfauftritten scheint zwischen Liberalen und Konservativen fast schon ein Waffenstillstand zu herrschen.

„Ech kann mam Claude Wiseler ganz gutt“: In nuancierter Abwandlung wiederholt Premier und DP-Spitzenkandidat Xavier Bettel diesen Satz in letzter Zeit auffallend oft. Auch andere in der Partei machen hinter den Kulissen keinen Hehl daraus, dass eine Koalition mit der CSV nach diesen Wahlen ein realistisches Szenario ist. Mehr noch als 2013 führen die Liberalen dieses Jahr eine entsprechend „ergebnisoffene“ Wahlkampagne.

Spricht man mit DP-Politikern, so wird die neue Offenheit Richtung CSV mit zwei Argumenten erklärt. Erstens müsse man sich auf die nicht unwahrscheinliche Situation einstellen, dass die aktuelle Koalition nach dem 14. Oktober keine Mehrheit mehr hat. Zweitens gebe es in der Partei auch Stimmen, die zwar stolz auf das mit LSAP und Grünen Erreichte zurückblicken, aber gleichzeitig auch auf jene Punkte aufmerksam machen, bei denen man in einer Dreierkoalition nur schwer Fortschritte erzielte.

Viele programmatische Schnittmengen

Doch die offensichtlichen persönlichen Annäherungen im Wahlkampf sind noch nicht einmal das stärkste Indiz für eine mögliche Zusammenarbeit von CSV und DP. Vielmehr deuten die Inhalte darauf hin. „Programmatisch könnten wir mit der DP wohl schon morgen mit Koalitionsverhandlungen beginnen, die dann auch zügig zum Erfolg führen würden“, formuliert es ein CSV-Mitglied, das mit den Debatten in den Führungsgremien der Partei vertraut ist.

Hinter vorgehaltener Hand attestieren führende Christsoziale dem DP-Finanzminister mittlerweile, in den vergangenen Jahren eine gute Arbeit geleistet zu haben.“

Vor allem in der Finanz- und Wirtschaftspolitik sind die Überschneidungen zwischen den Programmen von CSV und DP offensichtlich. Beide Parteien teilen das Ziel eines ausgeglichenen Staatshaushalts, wollen aber gleichzeitig die Betriebe, insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen, weiter steuerlich entlasten. Dazu gehört in beiden Wahlprogrammen die Schaffung neuer Anreize zur Steigerung der Investitionen in „Start-ups“ bzw. für innovative Unternehmen. Auch bei den Privatpersonen sehen beide Parteien weiteren Spielraum für Entlastungen.

Auch wenn die CSV in der Opposition nicht mit Kritik an der blau-rot-grünen Haushaltspolitik sparte, liegen die Finanzpolitiker beider Parteien auf einer Wellenlänge. Das von Vize-Fraktionschef Gilles Roth ansatzweise ausgearbeitete Steuerkonzept der CSV trägt eine ausgesprochen liberale Handschrift. Claude Wiseler und Pierre Gramegna schätzen sich, politisch wie persönlich. Hinter vorgehaltener Hand attestieren führende Christsoziale dem DP-Finanzminister mittlerweile, in den vergangenen Jahren eine gute Arbeit geleistet zu haben.

Klassischer liberal-konservativer Konsens

Auch in der Wirtschaftspolitik sind die Wahlprogramme von CSV und DP fast austauschbar. Die „Wachstumskritik“ der Christsozialen kommt mittlerweile nicht mehr ökonomisch, sondern demografisch daher. Liberale und Konservative setzen ferner auf die gleichen Rezepte zur Diversifizierung der Wirtschaft, Flexibilisierung des Arbeitsmarktes und zur Erhaltung bzw. politisch korrekten „Reglementierung“ des Finanzplatzes.

Allumfassend ist auch hier das Ziel eines „steuerlich günstigen Umfeldes“ für die Unternehmen. Das Gerüst einer schwarz-blauen Steuerreform wäre ohne Zweifel die „Verringerung der gesamten Steuerbelastung der Betriebe in Richtung 20 Prozent bei gleichzeitiger Verbreiterung der Berechnungsgrundlage“ (CSV) bzw. „den globalen Steuersatz von heute 26,01% an die Durchschnittssätze in Europa und in den OECD-Ländern“ heranzuführen (DP). Eine solche konsequente Steuersenkung für Unternehmen wäre wohl nur in dieser Konstellation durchsetzbar.

Keine Gesellschaftsreformen rückgängig machen: Das ist letztlich alles, was die CSV tun muss, um mit der DP in Gespräche zu kommen. Der Rest ist Verhandlungssache.“

Sozialpolitisch halten sich die Gegensätze ebenso in Grenzen. Die CSV will zwar den Mindestlohn „regelmäßig anpassen“ und ganz konkret Niedriglohnempfänger steuerlich entlasten („Erhöhung des Grundfreibetrages in der Steuertabelle von 11.265 auf 12.000 Euro“). Die DP will dagegen eher auf „Leistungen zugunsten der Niedrigverdiener setzen, die nicht auf Kosten der Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe, insbesondere der kleinen und mittleren Betriebe gehen“, wie etwa die von der aktuellen Regierung beschlossene Mietsubvention oder die Gratis-Kinderbetreuung. Auch im weiteren sozialpolitischen Programm sucht man vergebens nach Themen, die zwischen Christsozialen und Liberalen zu Knatsch führen könnten.

Die „roten Linien“ des Xavier Bettel

Programmatisch ist in all diesen Politikbereichen ein klassischer liberal-konservativer Konsens erkennbar. Linke Parteien würden es eine Renaissance des „Neo-Liberalismus“ nennen. Logisch erscheint in dieser Hinsicht also, dass sich vor allem die DP von den diesem Konsens zuwiderlaufenden Kernpunkten des LSAP-Programms distanziert. Dort gebe es nämlich Punkte, mit denen er „viele Schwierigkeiten“ habe, sagte Xavier Bettel im Interview mit REPORTER. Die Reduzierung der Arbeitszeit von 40 auf 38 Stunden pro Woche und die von den Sozialisten ins Spiel gebrachte erleichterte Enteignung von Privatpersonen im Rahmen ihrer „Wohnungsbauoffensive“ seien für Bettel „rote Linien“.

„Wir haben kein gemeinsames Programm“, sagte Bettel gar in Anlehnung an die mittlerweile berühmt-berüchtigte Aussage von LSAP-Fraktionschef Alex Bodry. Er sei zwar motiviert, die Politik der vergangenen fünf Jahre weiterzuführen. Mit wem, so die unausgesprochene Botschaft, ist allerdings zweitrangig.

Kein Bekenntnis zu Blau-Rot-Grün und keine wirklichen Bedenken gegen Schwarz-Blau: Premierminister und DP-Spitzenkandidat Xavier Bettel kokettiert – wie hier bei „REPORTER Live“ Anfang September – mit seinen unterschiedlichen Machtoptionen. (Foto: Eric Engel)

Bezogen auf die CSV sind diese „rote Linien“ weitaus schwammiger bzw. unproblematischer. Es komme nicht in Frage, dass die DP ihre Bilanz in der Gesellschaftspolitik rückgängig mache, betonen sowohl Xavier Bettel als auch DP-Parteipräsidentin Corinne Cahen. Gemeint sind die linksliberalen Königsreformen aus der laufenden Legislaturperiode, also insbesondere Elternurlaub, Kindergeld, Abtreibungsgesetz sowie Trennung von Kirche und Staat.

Maximale Koalitionsfähigkeit der CSV

In der CSV werden diese „roten Linien“ mittlerweile als wenig subtile Koalitionsavancen gedeutet. Keine Gesellschaftsreformen rückgängig machen: Das ist letztlich alles, was die CSV tun muss, um mit der DP in Gespräche zu kommen. Der Rest ist Verhandlungssache.

Ganz unproblematisch ist diese Voraussetzung freilich nicht. Der rechte Flügel der CSV, und nicht zuletzt Teile der seit 2013 in ihrem Stolz als ewige Regierungspartei gekränkten Basis, wünschen sich nämlich nichts mehr als die kontroverseren der blau-rot-grünen Reformen zurückzudrehen. In der Partei- und Fraktionsführung gibt man sich allerdings ganz realpolitisch. Ein oder zwei symbolische Maßnahmen, etwa eine Reform der Reform des Elternurlaubs oder ein wie auch immer geartetes „Alternativmodell zur abgeschafften Erziehungszulage für sozial-schwache Familien“, wie die CSV im Wahlprogramm fordert, könnte die Basis wohl schon befrieden.

Parteifreunden zufolge hat Wiseler persönlich eine „glasklare“ Präferenz für Schwarz-Blau.“

An dieser Stelle wird freilich deutlich, dass ein eventuelles schwarz-blaues Programm kein mutiges Gesellschaftsprojekt sein wird. Vielmehr stehen wirtschaftliche Fragen im Vordergrund. Darüber hinaus bleibt die CSV aber in alle Richtungen maximal koalitionsfähig. Von „roten Linien“ halte er wenig, sagte Claude Wiseler bereits vor einigen Wochen im Gespräch mit REPORTER. Alles Weitere werde man erst nach den Wahlen entscheiden, lautet dabei die unausgesprochene Botschaft.

Vergleicht man die politischen Vorzeichen mit den anderen Machtoptionen der CSV wird jedoch deutlich, warum für manche die Zeichen längst auf Schwarz-Blau stehen.

Schwarz-Grün nur bei Erdrutschsieg

Die von manchen Medien schon fast herbei geschriebene schwarz-grüne Koalition hat bereits ein grundsätzliches Problem, nämlich die rein rechnerische Machbarkeit. Momentan kommen CSV und Déi Gréng gemeinsam auf 29 Sitze im Parlament. Damit die Protagonisten dieser Parteien nach den Wahlen überhaupt über eine Koalition nachdenken können, müssen sowohl CSV als auch die Grünen zu den klaren Wahlgewinnern gehören. Selbst ein addierter Mandatsgewinn beider Parteien von zwei oder drei Sitzen wäre dabei kein Garant.

Wie es heißt, hegt CSV-Spitzenkandidat Claude Wiseler vor allem deshalb gewisse Vorbehalte gegen Schwarz-Grün. Die Voraussetzung wäre nämlich ein Erdrutschsieg. 33 oder 34 Sitze müsste diese Konstellation denn schon erreichen, damit man aneinander nicht vorbeikomme und überhaupt über die durchaus vorhandenen inhaltlichen Gemeinsamkeiten sprechen würde, heißt es aus der CSV. Ein Vorteil, der erst dann spielen könnte: Auf persönlicher Ebene gibt es zumindest zwischen den Spitzenleuten – Wiseler, Bausch, Braz, Dieschbourg und Co. – wenig Berührungsängste.

Schwarz-Rot als allerletzte Option

Noch unwahrscheinlicher ist dagegen eine Neubelebung der traditionellsten aller Luxemburger Koalitionen: Schwarz-Rot. Nicht nur, dass der elektorale Trend bei der LSAP am düstersten aussieht. Bei manchen Genossen gibt es demnach auch den Wunsch, bei einem schlechten Wahlresultat (das laut Alex Bodry beim Verlust von zwei Sitzen beginnt), nach in die Opposition zu gehen und sich dort personell wie inhaltlich zu erneuern. Im Schulterschluss mit dem OGBL könnte man eine liberal-konservative Koalition vor sich her treiben und so bei den voraussichtlichen Wahlen von 2023 wieder Boden gut machen, lautet die besonders von der Parteilinken vertretene Theorie.

Seit Junckers Abschied von der nationalen Bühne hat sich der liberale Flügel der CSV erstmals seit Jahrzehnten auch wieder deutlich als führende Kraft in der Partei durchgesetzt.“

Auch die persönliche Vorgeschichte zwischen den Partnern der einstigen „großen Koalition“ ist auf beiden Seiten noch nicht vergessen. Manche in der CSV haben den Sozialisten noch immer nicht ihren vermeintlichen „Königsmord“ von 2013 verziehen. Und innerhalb der LSAP ist die Skepsis gegenüber einer Koalition mit der als übermächtig empfundenen CSV aus langjähriger Erfahrung weiter verbreitet als in anderen Parteien.

Hinzu kommt die persönliche Beziehung zwischen Claude Wiseler und Etienne Schneider. Falls es das Wahlresultat verlangen würde, könnten sich beide Realpolitiker zwar sicher miteinander arrangieren. Doch charakterlich könnten die Spitzenkandidaten fast nicht weiter auseinander liegen. Wiseler, der vorsichtige, zaudernde Intellektuelle und Schneider, der spontane bis unberechenbare Macher – das passt für viele Insider einfach nicht zusammen. Und auch programmatisch gibt es einige Hürden. Denn die Wiseler-CSV hat sich bisher weitaus weniger sozialdemokratisch positioniert als dies noch unter Jean-Claude Juncker der Fall war, der Schwarz-Rot stets als „seine Koalition“ bezeichnet hatte.

Wiseler und der liberale Flügel der CSV

Dagegen wäre eine Zusammenarbeit mit der DP für Claude Wiseler ähnlich naheliegend wie eine Koalition mit der LSAP es lange für Jean-Claude Juncker und andere Vertreter des christlich-sozialen Südbezirks war. Wiselers Sozialisation ist eine grundlegend andere wie die der Junckers, Wolters oder Biltgens in seiner Partei. Der im bürgerlichen Belair aufgewachsene und bis heute dort lebende promovierte Literaturwissenschaftler, Ex-Französischlehrer, Ex-Spitzenbeamter, macht aus seiner freiheitlich-weltoffenen Grundeinstellung auch keinen Hehl.

Seit Junckers Abschied von der nationalen Bühne hat sich der liberale Flügel der CSV erstmals seit Jahrzehnten auch wieder deutlich als führende Kraft in der Partei durchgesetzt. Schon als die Regierung aus CSV und LSAP zwischen 2009 und 2013 immer handlungsunfähiger wurde, liebäugelten die Liberalen in der CSV, darunter Claude Wiseler, mit einem Wechsel des Koalitionspartners. Damals scheiterten sie noch, doch heute sind sie zumindest unter den Amtsträgern deutlich in der Mehrheit.

Wenn auch stets auf Ausgleich und Konsens bedacht, macht CSV-Spitzenkandidat Claude Wiseler parteiintern keinen Hehl aus seiner grundsätzlich liberalen politischen Einstellung. (Foto: Matic Zorman)

Parteifreunden zufolge hat Wiseler persönlich eine „glasklare“ Präferenz für Schwarz-Blau. Der Spitzenkandidat fühlt sich seit jeher mehr der CSV von Luc Frieden als der von Jean-Claude Juncker verbunden. Nicht nur vom sich intellektuell gebenden Duktus, sondern auch von den politischen Zielen her. Sein Thema ist weniger der soziale Zusammenhalt als die verantwortungsvolle Zukunftsgestaltung, wie er es nennen würde. Er will nicht den Sozialstaat ausbauen, sondern ganz im Sinne der Arbeitgeberverbände dessen Finanzierung langfristig sichern. Mit seinem in gesellschaftspolitischen Fragen erkennbarem Hang zum Konsens, zum „Sowohl als auch“, würde Wiseler indes auch als Spitzenkandidat einer DP durchgehen.

1979 als mögliches historisches Vorbild

Sollte es nach den Wahlen zu einer Koalition aus CSV und DP kommen, wäre dies erst das dritte Mal in den vergangenen 40 Jahren. Das bisher letzte Mal, als Liberale und Konservative von 1999 bis 2004 gemeinsam regierten, endete nicht allzu vielversprechend. Juncker sei nie ein Fan von Schwarz-Blau gewesen, sondern habe immer ein Zusammengehen mit der LSAP vorgezogen, heißt es. Die Koalition mit der DP sei er letztlich nur eingegangen, weil die DP die Wahlen von 1999 haushoch gewonnen hatte. Nach fünf Jahren hatte sich dies aber wieder erledigt, denn die damaligen Liberalen um Lydie Polfer, Henri Grethen und Charles Goerens brachen bei den Wahlen 2004 völlig ein und verloren fünf Sitze.

Jean-Claude Juncker, die Inkarnation sowohl der christlich-sozialen Arroganz der Macht als auch der Präferenz für eine Koalition mit der LSAP, wird der Verwirklichung einer liberal-konservativen Agenda nicht mehr im Weg stehen.“

Als historische Parallele könnte aber durchaus das vorletzte Mal herhalten. Auch nach der sozialliberalen Koalition von 1974 bis 1979 kam es zu einer Koalition zwischen der nach fünf Jahren Machtentzug wieder erstarkten CSV und der DP. Der Christsoziale Pierre Werner, den Claude Wiseler als sein großes politisches Vorbild bezeichnet, wurde Premier. Der abgewählte liberale Premier Gaston Thorn gab sich mit dem Amt als Außenminister und Vizepremier zufrieden.

Außenminister Xavier Bettel …

„Ich sage nie mehr nie“, lautete bei „REPORTER Live“ Xavier Bettels Antwort auf die Frage, ob er sich einen ähnlichen Amtswechsel vorstellen könnte. „Wenn die Leute mich wollen, dann mache ich dort weiter, wo sie mich hinschicken.“ Parteiintern hören sich die Planspiele dem Vernehmen nach aber schon viel konkreter an. Bettel und seine Mitarbeiter würden im vertrauten Kreis mit dem Koalitions- und folglichen Jobwechsel des Premiers bereits kokettieren.

Für das Szenario Schwarz-Blau sprechen nicht zuletzt nämlich die Ambitionen der beteiligten Personen. Die CSV wird für ihre ersehnte Rückkehr an die Macht ohnehin einiges zu opfern bereit sein. Und auch die liberalen Minister, die ohne Ausnahme erst maximal eine Legislaturperiode in der Regierung hinter sich haben, haben Blut geleckt.

Nur Bettel müsste sich indes neu orientieren. Als Außenminister und Vizepremier könnte er seine Stärken jedoch viel besser ausspielen. In der Weltgeschichte herumreisen, dauernd in den internationalen Medien zitiert werden, ohne größeres politisches Risiko für Frieden, Solidarität und Menschlichkeit werben: Die innenpolitischen Kontroversen und die letztliche Verantwortung für jegliche Regierungspolitik könnte er so vollständig hinter sich lassen. Jean Asselborn hat es vorgemacht.

Eine Hürde weniger als noch 2013

Letztlich steht der Verwirklichung des programmatisch in den Startlöchern stehenden schwarz-blauen Projekts aber noch eine nicht unwesentliche Hürde im Weg: die Wähler. Und selbst bei einer entsprechenden Mehrheit ist die besondere Dynamik eines Wahlabends immer für Überraschungen gut. Auch am 20. Oktober 2013 waren sich viele Beobachter sicher, dass nun eine CSV-DP-Koalition unvermeidlich sei.

Andererseits ist ein großes Argument gegen die damalige liberal-konservative Koalition mittlerweile definitiv vom Tisch bzw. in Brüssel. Jean-Claude Juncker, die Inkarnation sowohl der christlich-sozialen Arroganz der Macht als auch der Präferenz für eine Koalition mit der LSAP, wird der Verwirklichung einer liberal-konservativen Agenda jedenfalls nicht mehr im Weg stehen.