Ursprünglich sollte das „Large Scale Testing“ nur Stichproben der Bevölkerung testen. Doch seit Ende Juni kann jeder einen Testtermin buchen. Die Regierung nennt dies eine Anpassung der eigenen Kampagne. Doch an dem Strategiewechsel wird auch grundsätzliche Kritik laut.

Die eigentliche Idee des „Large Scale Testing“ war, Infektionsketten zu brechen, indem möglichst oft Menschen aus einem räumlichen oder sozialen Umfeld getestet wurden. Diese Strategie war auch recht erfolgreich, auch wenn die Beteiligung zu wünschen übrig ließ.

Im Kontext der fortschreitenden Impfkampagne und des Covid-Check-Regimes machte die Regierung Mitte Juni eine 180-Grad-Wende. Nicht mehr nur gezielte Stichproben sollen durchgeführt werden, sondern jeder kann sich testen lassen. Die Regierung will so Menschen, die noch nicht geimpft werden konnten, den Zugang zu einem Testzertifikat erleichtern.

Diese Vorgehensweise widerspricht allerdings den Zielen des „Large Scale Testing“, wie sie im Finanzierungsgesetz für die dritte Phase festgehalten wurden. In der damaligen Begründung heißt es, dass in der allgemeinen Bevölkerung nur Stichproben genommen werden sollen. Zudem hielt das Gesundheitsministerium als Ziel fest, die Wirksamkeit der Impfstoffe verfolgen zu können. Geimpfte sollten deshalb gezielt zum Testen eingeladen werden. Nun macht die Regierung aber das exakte Gegenteil.

„Anpassung statt Änderung“

Die CSV-Abgeordneten Claude Wiseler und Michel Wolter konfrontierten in einer parlamentarischen Anfrage die Gesundheitsministerin Paulette Lenert (LSAP) mit dieser offensichtlichen Diskrepanz. Die Ministerin sieht allerdings keine Änderung der Ausrichtung des Testens, sondern lediglich eine Anpassung, heißt es in ihrer Antwort.

Das großflächige Testen habe zum Ziel, einen einfachen und effizienten Zugang zu Tests zu ermöglichen und der Regierung einen guten Überblick über die Lage zu erlauben. Außerdem habe die EU empfohlen, kostengünstige oder kostenlose Tests der Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. Andere Länder wie etwa Frankreich wollten keine kostenlosen Tests mehr anbieten, um einen Impfanreiz zu bieten, so die Begründung des Gesundheitsministeriums.

Vorwurf des unlauteren Wettbewerbs

Der kostenlose Zugang zum „Large Scale Testing“ ohne Einladung führt aber zu deutlichen Umsatzeinbußen bei den Privatlaboren. Während „Laboratoires Réunis“ mit diesem staatlichen Auftrag Rekordgewinne macht, haben die zwei Konkurrenten Bionext und Ketterthill das Nachsehen. Das sei unlauterer Wettbewerb, kritisiert Jean-Luc Dourson, Chef von Bionext. Er sieht das Überleben seines Unternehmens gefährdet, da viel investiert worden sei, aber nun die Einnahmen wegbrechen könnten.

Einem System von Testgutscheinen, die bei den drei Laborketten eingelöst werden könnten, erteilte Paulette Lenert eine klare Absage. Gutscheine seien immer in der Zahl begrenzt und würden zudem Kosten bei der Zustellung per Post verursachen. Außerdem seien die Tests im Rahmen des „Large Scale Testing“ kostengünstiger als die regulären Tests. Im LST-Programm werden im sogenannten „Pooling“ mehrere Proben gleichzeitig getestet.

Das Gesundheitsministerium weist auch das Argument des unlauteren Wettbewerbs zurück. Der Grund: Das großflächige Testen sei nur angepasst worden. Diese Woche kündigte Jean-Luc Dourson eine Beschwerde bei der Europäischen Kommission an. Eine Klage vor dem Verwaltungsgericht hat er nicht eingereicht, sagte er „Paperjam“. Er kritisierte bereits beim Start des LST-Programms, dass die Vergabe des Auftrags grundsätzliche Fragen aufwerfe.

Für „Laboratoires Réunis“ war die Ausführung des „Large Scale Testing“ ein sehr gutes Geschäft. Der Jahresbericht 2020 verzeichnet einen Gewinn von 15,5 Millionen Euro und eine Ausschüttung einer Dividende von zwei Millionen Euro an die Aktionäre. 2019 betrug das Ergebnis lediglich 1,3 Millionen Euro.

Schnelltest im Herbst fortgeführt

Die dritte Phase des „Large Scale Testing“ endet im September. Eine Verlängerung wird es voraussichtlich nicht geben, deutete Gesundheitsdirektor Jean-Claude Schmit an. Am 23. Juli beschloss der Ministerrat die Teststrategie für die Periode von September bis Dezember 2021. Details will das Gesundheitsministerium bisher aber nicht mitteilen.

Einen Hinweis gibt jedoch eine Ausschreibung vom 23. Juli: Die Regierung will demnach 3,5 Millionen Schnelltests kaufen. Eine Million Tests muss bis Ende September geliefert werden, die restliche Menge bis Ende Oktober. Die Selbsttests sind für die Schulen bestimmt. Die Ausschreibung hält fest, dass die Tests einfach in der Handhabung sein müssen, damit Schulkinder sie selbst durchführen können.


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