Donald Trump wollte, dass US-Konzerne mehr im eigenen Land investieren, statt Gewinne ins Ausland zu verlagern. Joe Biden verfolgt ein ähnliches Ziel, plant aber eine Steuererhöhung für Unternehmen. Für Luxemburg als Standort zahlreicher US-Firmen könnte dies spürbare Folgen haben.

„Mat Chance an e weineg Vaselin gëtt dat nach e gutt Joer“, freute sich Außenminister Jean Asselborn, als sich der Wahlsieg des Demokraten Joe Biden abzeichnete. Nicolas Mackel, der Cheflobbyist des Finanzplatzes zeigte sich pragmatischer: Als ehemaliger Senator des US-Staates Delaware kenne Biden die Bedeutung von vergleichbaren Finanzstandorten wie Luxemburg und Irland, sagte der CEO von „Luxembourg for Finance“ dem Magazin „Delano“. Trotz linkem Wahlprogramm seien deshalb keine negativen Folgen für Luxemburgs Geschäftsmodell zu erwarten.

Auf dem Finanzplatz dürfte man aber nicht vergessen haben, dass die USA unter Barack Obama versuchten, Steuertransparenz mit der Brechstange durchzusetzen. Mit dem „Foreign Account Tax Compliance Act“ (Fatca) mussten ausländische Banken der US-Steuerbehörde Daten über Bankkonten von US-Bürgern liefern oder hohe Strafzinsen zahlen. Für das Luxemburger Bankgeheimnis war dies der Anfang vom Ende.

Der Druck zu deutlich mehr Steuertransparenz war eine direkte Folge der Finanzkrise von 2008. Auch die Wirtschaftskrise infolge der Corona-Pandemie dürfte den Effekt haben, dass Staaten sich neue Einnahmen verschaffen wollen, um die Kosten der Krise zu bewältigen. Joe Bidens Wiederaufbauplan für die US-Wirtschaft ist in dieser Hinsicht glasklar: Er wolle als Präsident dafür sorgen, dass große Unternehmen ihren „fair share“ an Steuern zahlen.

25 Milliarden Dollar Gewinn in Luxemburg

Delaware, Irland und Luxemburg haben eines gemeinsam: Sie gelten als Steuerparadiese für US-Konzerne. Delaware ist als Standort für Unternehmen in den USA der bevorzugte Bundesstaat. Wenig Regulierung, wenig Transparenz und wenig Steuern, ein wahres „corporate tax haven“, wie auch die „New York Times“ schreibt. Im Vergleich dazu ist Luxemburg inzwischen transparenter, aber zumindest die Besteuerung bleibt aufgrund eines günstigen Doppelbesteuerungsabkommens mit den USA attraktiv. Das Großherzogtum gehört zu den „Big Seven“ – den sieben beliebtesten Steuerparadiesen von global agierenden Unternehmen aus den USA. Zu diesem Ergebnis kommt die Ökonomin Kimberley Clausing in einer Studie zur Gewinnverlagerung von US-Konzernen.

25 Milliarden US-Dollar verbuchten 536 amerikanische Konzerne 2017 in Luxemburg, zeigen zudem die Daten der US-Steuerbehörde IRS. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt Luxemburgs betrug im gleichen Jahr 57 Milliarden Euro. Im Falle Bermudas oder der Kaiman-Inseln übersteigen die dort gebuchten Profite sogar jeweils die nationale Wirtschaftskraft.

Was Luxemburg zum Mitglied der „Big Seven“ macht: Auf diese 25 Milliarden Dollar Gewinn zahlten die Konzerne laut eigenen Angaben 1,3 Milliarden Dollar Steuern. Das entspricht einem effektiven Steuersatz von gerade einmal fünf Prozent.

Im Prinzip werden die ausländischen Gewinne zwar in den USA endgültig besteuert, wenn die Konzerne das Geld zurück ins Land holen. Nur tun sie das nicht, wie die Wirtschaftswissenschaftlerin Kimberley Clausing in ihrer Studie betont. 2017 bunkerten die US-Konzerne insgesamt 2,8 Billionen Dollar an Profiten im Ausland – davon 360 Milliarden in Luxemburg.

Rund um die US-Firmen in Luxemburg hat sich ein ganzes Ökosystem an Beratern der „Big Four“, Steueranwälten und anderen Fachleuten gebildet. Jede Änderung der US-Steuerpolitik beeinflusst die Attraktivität Luxemburgs für diese Konzerne. Wo sie welche Steuern zahlen, hat damit große Auswirkungen auf den Luxemburger Finanzplatz und zudem auch auf den Staatshaushalt.

Donald Trumps erfolglose Steuerreform

Es waren 2,8 Billionen Dollar an ausländischen Gewinnen, die Donald Trump mit seiner Steuerreform 2017 zurück ins Land holen wollte. Als Anreiz senkten die USA den Steuersatz für Unternehmen von 35 auf 21 Prozent. Gleichzeitig wurden neue Steuern auf ins Ausland verlagerte Gewinne eingeführt. Das sollte dazu führen, dass die Konzerne die ausländischen Gewinne in den USA investieren – an sich ein durchaus vernünftiger Plan.

Doch bereits wenige Monate nach der Verabschiedung der Steuerreform begann eine gewaltige Lobbyarbeit: Große Konzerne setzten erfolgreich durch, dass die Bestimmungen für sie nicht gelten sollten. Andere fanden große Schlupflöcher im hastig geschriebenen Gesetz, berichtete die „New York Times“.

Donald Trump scheiterte mit seinem Plan: Ende 2019 habe sich nicht angedeutet, dass die US-Konzerne ihre Praktiken der Verlagerung der Gewinne in Steuerparadiese wesentlich verändert hätten, schlussfolgert Kimberley Clausing in ihrer Studie. Sie schätzt, dass den USA so weiterhin 100 Milliarden Dollar an Steuern pro Jahr verloren gehen.

Joe Biden setzt auf höheren Steuersatz

Joe Biden wird Trumps Steuerreform weitgehend beibehalten – zumindest, was die Unternehmen angeht. Den Steuersatz von 21 Prozent will er aber auf 28 Prozent erhöhen. Zum Vergleich: In Luxemburg zahlen Unternehmen im Prinzip 25 Prozent Steuern. Die Demokraten wollen mit dieser Erhöhung die Einkommensverluste des Staates begrenzen. Ursprünglich sollte Trumps Reform über zehn Jahre 650 Milliarden kosten.

Gleichzeitig will Joe Biden Schlupflöcher im Steuersystem schließen. Konzerne, die Steuern vermeiden und ihre Gewinne verlagern, sollen stärker zur Kasse gebeten werden. Dabei handelt es sich um eine Nachbesserung an Trumps Reformansatz. Das Ziel bleibt das gleiche: Unternehmen sollen mehr Steuern in den USA zahlen und dort auch mehr investieren.

Wenn es dem „President-elect“ gelingen sollte, diese Nachbesserungen durchzusetzen, dann ist es realistisch, dass die USA sich ein größeres Stück des Kuchens einverleiben. Das würde aber bedeuten, dass Luxemburg dann weniger attraktiv für US-Konzerne wäre.

Letztlich hängt Joe Bidens Steuerkonzept aber von politischen Faktoren ab. Vor allem: Ob die Demokraten neben der Mehrheit im Repräsentantenhaus auch jene im Senat erreichen. Scheitern die demokratischen Kandidaten im Januar bei den Stichwahlen im US-Bundesstaat Georgia, dann schmälert sich Bidens Aktionsradius deutlich. Analysten gehen aber davon aus, dass in der Steuerpolitik durchaus Spielraum für Kompromisse mit den Republikanern besteht. Unumstritten ist etwa, dass die Steuerbehörde IRS mehr Mittel braucht.

Mehr internationales Leadership

Aus Luxemburger Sicht ist allerdings nicht nur Joe Bidens Innenpolitik von Bedeutung. Die OECD plant eine Neuauflage ihrer Reform der internationalen Steuerregeln – Stichwort „BEPS 2.0“. Wie in vielen anderen Politikfeldern, fehlte der Trump-Regierung in der internationalen Steuerpolitik ein klarer Kurs. Die Partnerländer hoffen nun, dass sich das ändert. Die OECD arbeitet unter anderem an einer globalen Mindeststeuer für Konzerne sowie der effektiven Besteuerung von Digitalkonzernen wie Google, Amazon, Facebook und Apple (GAFA).

„Es ist an den USA, Leadership zu zeigen und zu sagen, was sie wollen und wie sie es umsetzen möchten“, betonte der OECD-Steuerdirektor Pascal Saint-Amans vergangene Woche. Die Reformpläne liegen seit Mitte Oktober auf dem Tisch, aber es fehlt eine politische Einigung.

Gerade bei der Digitalsteuer wünscht sich die Luxemburger Regierung eine Lösung auf Ebene der OECD – dem berühmten „level playing field“ zuliebe. Sollte eine Einigung innerhalb der OECD nicht möglich sein, verschließe sich Luxemburg einer Digitalsteuer auf EU-Ebene aber nicht, so Finanzminister Pierre Gramegna kürzlich in einem Interview mit „Die Welt“.

Auch wenn Joe Biden versprochen hat, dass die USA künftig wieder auf multilaterale Diskussionen setzen wollen, bedeutet das noch lange keinen Durchbruch. Eine Digitalsteuer würde die GAFA am meisten belasten, denn mit diesen sind ausschließlich US-Unternehmen im Visier. Und wenn die Konzerne weltweit stärker besteuert werden, bleibt den USA weniger vom Kuchen. Ob Trump oder bald Biden: Einfach wird es nicht.


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