In der EU impft niemand so schnell wie Malta. Bereits mehr als 17 Prozent der Bevölkerung haben hier eine erste Dosis erhalten. Die maltesische Regierung bedankt sich für diesen Erfolg bei der EU. Der Grund für den Vorsprung ist allerdings ein fragwürdiger Kaufvertrag.

Am Montag richteten sich Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz sowie fünf weitere Staats- und Regierungschefs mit einem Brief an die Europäische Kommission. Gemeinsam prangern sie die „ungleiche Verteilung“ des Impfstoffes zwischen den Mitgliedstaaten der EU an. Der Brief stieß in Brüssel auf breites Unverständnis. Die Schuld für die fehlenden Lieferungen sieht die Kommission bei den Regierungen selbst, die zum Teil nicht alle Kaufoptionen wahrgenommen hätten.

Tatsächlich hat Österreich unter anderem eine Kaufoption für den Impfstoff von „Johnson&Johnson“ nur zum Teil angenommen, dadurch erhält der Staat etwa 1,5 Millionen weniger Dosen. Dennoch ist die Kritik der sechs Regierungschefs nicht völlig unberechtigt. Eigentlich sollte der Impfstoff nach Bevölkerungsgröße an die Mitgliedstaaten verteilt werden. Demnach würden etwa 0,14 Prozent des bestellten Impfstoffes auf Luxemburg entfallen. Verschiedene Länder haben allerdings mehr erhalten, als ihnen zusteht. Dazu gehören in erster Linie Ungarn und Malta.

Ungarn schert aus EU-Strategie aus

Ungarn hat im Alleingang sowohl den russischen „Sputnik V“ als auch den chinesischen „Sinopharm“ Impfstoff zugelassen. Da die EU keinen Vertrag mit den beiden Impfproduzenten ausgehandelt hat, steht es den Mitgliedstaaten frei, selbst eine Notzulassung zu erteilen und Bestellungen aufzugeben.

Doch dies hat seinen Preis. Laut „New York Times“ hat Ungarn etwa 30 Euro pro „Sinopharm“-Dosis bezahlt – deutlich mehr als für jeden anderen Impfstoff. Die Bestellungen verschaffen dem Land nun einen erheblichen Vorsprung in der Impfkampagne. Laut dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) konnten somit bereits 16,6 Prozent der ungarischen Bevölkerung eine erste Impfdosis erhalten.

Jedoch hat Malta weder russischen noch chinesischen Impfstoff gekauft. „Schon früh haben wir uns dafür entschieden, alle Kaufoptionen der EU wahrzunehmen und alle Möglichkeiten im Rahmen des gemeinsamen Einkaufsvertrags zu nutzen“, erklärte Maltas Gesundheitsminister Chris Fearne gegenüber „Euronews“. Mehrmals betonte die Regierung in Valletta, dass man ohne das gemeinsame Vorgehen der EU-Mitgliedstaaten zurzeit wohl noch immer keinen Zugang zum begehrten Impfstoff hätte.

Aufpreis für schnellere Lieferungen

Der klare Vorsprung ist allerdings nicht alleine auf die Wahrnehmung der Kaufoptionen zurückzuführen. Der Grund für die rasante Impfkampagne liegt in einem Zusatzvertrag, den die maltesische Regierung mit einem Pharmakonzern abgeschlossen hat. Der Inselstaat habe pro Dosis etwa 16 Euro mehr bezahlt, um schneller beliefert zu werden, erklärte Finanzminister Clyde Caruana dem Radiosender „103“.

Damit hat die Regierung mehr als das Doppelte des eigentlichen Kaufpreises bezahlt. Nach unterschiedlichen Medienberichten soll die Europäische Kommission einen Preis zwischen 12 und 15,5 Euro für den „Pfizer/BioNTech“-Impfstoff ausgehandelt haben. Nur „Moderna“ soll einen noch höheren Preis gefordert haben. Alle weiteren liegen unter 10 Euro pro Dosis.

Die zusätzlichen Ausgaben zahlten sich aus: Laut dem maltesischen Gesundheitsministerium konnten bereits 130.861 Impfdosen verabreicht werden (Stand 17. März). Daten zu den bereits gelieferten Impfdosen veröffentlicht Malta als einziger Mitgliedstaat nicht. Maltas Gesundheitsminister Chris Fearne reagierte auf den Vorwurf der anderen Staaten, man würde „im Rahmen des gemeinsam verabredeten Einkaufmechanismus“ handeln.

Bis jetzt wurden knapp 100.000 Impfdosen nach Luxemburg geliefert, wovon 64.000 verabreicht wurden. Bis auf eine Zusatzbestellung von „Moderna“, die im dritten Quartal geliefert werden sollte, hat sich Luxemburg bis jetzt an allen Kaufoptionen der Europäischen Kommission beteiligt, erklärt das Gesundheitsministerium auf Nachfrage von Reporter.lu.


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