Für die Wahlkampagnen in den sozialen Medien gibt es kaum Regeln. Parteien und Kandidaten können selbst gesponserte Werbung schalten. Die Aufsichtsbehörden Alia und Rechnungshof sind sich des Problems bewusst, verweisen aber auf die Politik, um einen rechtlichen Rahmen zu schaffen.

Schaltet ein Kandidat auf eigene Faust Werbung in einer Zeitung, wie etwa Daniel Frères in der Boulevardzeitung „Lëtzebuerg Privat“, ist das kein Problem. Zumindest nicht aus rechtlicher Sicht. Nicht einmal, wenn der Kandidat die Anzeige aus eigener Tasche bezahlt. Solange der gezahlte Beitrag irgendwo als Spende an die Partei in den Rechnungsbüchern wieder auftaucht, ist es aus der Sicht des Rechnungshofes vertretbar. Letzterer prüft jährlich die Finanzen der Partei auf Unregelmäßigkeiten. Der Bericht für 2017 wurde erst im vergangenen Dezember veröffentlicht.

Beträgt die „Spende auf Umwegen“ weniger als 250 Euro, muss sie nicht einmal ins Spendenregister eingetragen werden, welches in der Abgeordnetenkammer einsehbar ist. Sind es mehr als 250 Euro, wird sie hingegen im Register vermerkt. Letztlich liegt es als an den Parteien selbst, intern Regeln für Werbungen im Alleingang aufzustellen – oder eben nicht.

Keine Kontrolle über soziale Medien

Deutlich ungeregelter verläuft die Werbung in den sozialen Medien. Es gibt keine Regelung darüber, wie die Kandidaten vorgehen müssen, wenn sie zum Beispiel ihr Facebook-Profil oder einzelne Beiträge sponsern. Dass sie die Ausgaben später als Spenden deklarieren, ist unwahrscheinlich. Alleine deswegen, weil es für die Parteien fast unmöglich ist, zu kontrollieren, welche Aktivitäten ihre Kandidaten online im Detail verfolgen. Es müsste schon entsprechende interne Regeln geben, die einen gewissen Rahmen setzen: Etwa in Form eines Verhaltenskodex für das Online-(Werbe)Verhalten der Kandidaten.

„Es ist unmöglich, das Social-Media-Verhalten der Kandidaten zu kontrollieren“, sagte etwa Sven Clement (Piraten) vor wenigen Wochen im Gespräch mit REPORTER. Ähnliches hört man auch von anderen Parteien. Das gilt aber nicht nur für die einzelnen Kandidaten. Auch für das „Political Advertising“ der Parteien gibt es kaum einen Rahmen.

Das Problem ist bekannt

Der Rechnungshof etwa kontrolliert neben den Finanzausgaben, welche Absprachen die Parteien mit verschiedenen Medienpartnern haben. Letztes Jahr etwa prüfte die „Cour des Comptes“ erstmals im Detail, wie sehr etwa das „Luxemburger Wort“ der CSV für die Veröffentlichung des CSV „Profil“ entgegenkommt. Oder welche Ermäßigungen die DP bei Anzeigen im „Journal“ erhält.

In den sozialen Medien geht es hingegen ganz ungeregelt zu. So betont der Rechnungshof auf Nachfrage, dass man sich des Problems bewusst sei. Wie man die Werbung auf den sozialen Netzwerken handhabe, müsse deswegen demnächst in der Abgeordnetenkammer diskutiert werden.

Auch der Regulierungsbehörde „Alia“ ist das Problem bekannt, wie dessen Direktor Romain Kohn vor Kurzem im Gespräch mit REPORTER bestätigte. Doch der Wahlkampf in den sozialen Medien fällt nicht in die Kompetenz der Regulierungsbehörde, die sich dieses Jahr erstmals mit dem Wahlkampf der Sender mit öffentlich-rechtlichem Auftrag, „Radio 100,7“ und „RTL“ befasst.

Sorge in Brüssel

Die Europäische Kommission hingegen pocht in ihrem Kampf gegen Fake News und Online-Desinformation schon lange darauf, den Wahlkampf in den sozialen Medien besser zu regeln. So hat Brüssel etwa Google, Twitter, Facebook und Mozilla zu mehr Transparenz verpflichtet. Sie müssen nun klar aufzeigen, ob und von wem eine Anzeige gesponsert wurde. Daneben hat Brüssel Richtlinien für den Online-Wahlkampf für Mitgliedstaaten und die nationalen Parteien aufgestellt. Auch sie betreffen unter anderem die „Transparance en matière de publicité“.

Dort steht etwa: „Les partis politiques, fondations politiques et organisations de campagne opérant au niveau tant européen que national devraient publier sur leur site web des informations sur leurs dépenses consacrées aux activités en ligne, notamment aux publicités et communications en ligne à caractère politique payantes, ainsi que des informations sur tout critère de ciblage utilisé pour la diffusion de ces publicités et communications.“

In Luxemburg fand das Schreiben aber kaum Anklang. Die Hälfte der Parteien wusste nicht einmal, dass ihnen das Staatsministerium den „Code of Practice“ weitergeleitet hatte. Ein Wahlkampfabkommen hätte im aktuellen Wahlkampf für eine minimale Kontrolle über den Umgang mit den sozialen Medien der Parteien und deren Kandidaten sorgen können. Doch die etablierten Parteien haben dieses Mal erstmals auf ein solches verzichtet. Demnach ist es wohl lediglich Facebook und Co. zu verdanken, dass die Wähler gesponserte Beiträge überhaupt erkennen können.