Über acht Millionen Euro forderte die „Kirchberg-Gruppe“ in zwei Fällen vom Staat. Doch der Verwaltungsgerichtshof wies die Klagen der Finanzfirma in zweiter Instanz ab. Die Urteile geben Einblicke in den Cum-Ex-Skandal in Luxemburg und klären wichtige Rechtsfragen.

Der Verwaltungsgerichtshof lehnte in zwei parallelen Urteilen Ende März die Klagen eines Aktienhändlers ab und bewahrte den Staat so vor einer Steuerrückzahlung von mehr als acht Millionen Euro. Die Steuerverwaltung habe zu Recht die Erstattung der Quellensteuer auf Dividenden verweigert, heißt es vom Gericht.

Über den Verfahren lag der Schatten des Cum-Ex-Skandals. Denn die Klägerin „KIC Sàrl“ ist das Überbleibsel der Kirchberg-Gruppe, die tief in die dubiosen Aktiendeals verstrickt war. Auch in den Luxemburger Fällen ging es um Transaktionen, die möglicherweise dazu geführt hätten, dass der Staat Steuern mehrmals erstattet hätte, obwohl sie nur einmal gezahlt wurden.

In einem der Fälle nutzte die Steuerverwaltung die „CumEx Files“-Berichterstattung, um die Anträge der Kirchberg-Gruppe abzulehnen. In erster Instanz dienten auch Recherchen von Reporter.lu als Argumente beider Seiten. Die Anwälte von KIC bestritten, dass es sich bei den Deals mit Aktien von „ArcelorMittal“, „RTL“ und „SES“ um Cum-Ex-Geschäfte handelte. Der Verwaltungsgerichtshof lässt diese Frage unbeantwortet, sieht aber in beiden Fällen die Gefahr einer „ungerechtfertigten Bereicherung“ auf Kosten des Staates.

„Regelmäßige“ Missbräuche

Das Problem besteht darin, dass jemand die Quellensteuer auf Dividenden erstattet bekommt, obwohl er diese nie gezahlt hat. Der Hintergrund sind komplexe Geschäfte, bei denen Aktien verliehen oder über Termingeschäfte veräußert werden. Dabei wird es für die Steuerverwaltung unübersichtlich, wer der wahre Besitzer einer Aktie ist. Und damit wird es möglich, dass eine Steuer einmal abgeführt wird, aber durch den Staat mehrmals zurückgezahlt wird. Das ist der Trick hinter den Cum-Ex-Geschäften.

Die Richter befassen sich in ihren Urteilen eingehend mit der Frage, wer Anrecht auf die Erstattung der Steuern hat – der wirtschaftliche Eigentümer oder der rechtliche Eigentümer. Die Situation, dass eine Aktie zwei Besitzer hat, kann dadurch vorkommen, dass ein Wertpapier verliehen wird. Der wirtschaftliche Eigentümer trägt das Risiko durch Kauf und Verkauf, der Leihgeber bleibt aber juristisch der Eigentümer.

Da die Töchter der Kirchberg-Gruppe „Principal Trading Netherlands“ und „Kirchberg Trading“ Aktien Luxemburger Unternehmen verliehen hätten, war aus Sicht der Steuerverwaltung unklar, ob die Firmen auch wirtschaftliche Eigentümer dieser Wertpapiere waren. Da sie das nicht zweifelsfrei nachweisen konnten, verweigerte die Behörde schließlich die Erstattung.

Diese Situation entsteht im Aktienhandel häufig. Der Vertreter des Staates argumentierte vor dem Verwaltungsgerichtshof, dass die Steuerverwaltung mit dieser Frage oft konfrontiert sei. „Regelmäßig“ würde die Erstattung der Quellensteuer auf den Dividenden derselben Aktie mehrmals beantragt – basierend jeweils auf dem rechtlichen und dem wirtschaftlichen Besitz. Konkret bedeutet das, dass Cum-Ex-ähnliche Deals in Luxemburg durchaus existieren. Ein Fakt, den das Finanzministerium bisher immer herunterspielte.

Fehlende Belege

Die Frage, wer als „tatsächlicher“ Besitzer („bénéficiaire effectif“) einer Aktie gilt, ist im Luxemburger Steuerrecht nicht explizit geregelt, betonen die Experten der Beratungsgesellschaft KPMG in einem Artikel zum Urteil. Deshalb legten die Verwaltungsrichter nun genauer fest, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, um vom sogenannten Schachtelprivileg zu profitieren. Dieser Steuervorteil sieht vor, dass Einkünfte aus „wichtigen Beteiligungen“ steuerfrei sind – in diesem Fall Aktien im Wert von mehr als 1,2 Millionen Euro, die mehr als ein Jahr lang gehalten werden.

Auch in zweiter Instanz urteilten die Richter, dass KIC nicht nachweisen konnte, dass diese Bedingungen für das Schachtelprivileg gegeben waren. Es ging dabei vor allem um die Frage nach dem „bénéficiaire effectif“. Es erwies sich als Problem, dass die Kirchberg-Gruppe in einem langjährigen Rechtsstreit mit der niederländischen Bank „ABN Amro“ stand, die damals die Transaktionen abwickelte. KIC erhielt deshalb vorgeblich nicht die notwendigen Unterlagen, die die Luxemburger Steuerverwaltung forderte. Gegen Urteile des Verwaltungsgerichtshofs ist übrigens keine Berufung möglich.


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