Nach öffentlicher Kritik stoppt die Abgeordnetenkammer ihre Zusammenarbeit mit dem „Lëtzebuerger Journal“, über die Reporter.lu Anfang der Woche exklusiv berichtet hatte. Präsident Fernand Etgen entschuldigte sich im Parlamentsvorstand für seinen Alleingang.

Was als „teuerstes PDF der Welt“ hätte in die Geschichte eingehen können, wird letztlich als kurze Kooperation enden. Nur vier Tage nachdem öffentlich wurde, dass die Abgeordnetenkammer mit dem „Lëtzebuerger Journal“ erstmals ein Onlinemedium subventioniert, teilte Parlamentspräsident Fernand Etgen (DP) am Freitag mit, dass die entsprechende Vereinbarung „gestoppt“ wurde.

Hintergrund ist ein Artikel von Reporter.lu, in dem die neue Praxis bei der Publikation von Sitzungsberichten des Parlaments ausführlich beleuchtet wird – Stichwort: „Chamberbliedchen“.

Im Rahmen der Recherche hatte die Parlamentsverwaltung bereits eingeräumt, dass die Entscheidung ohne Konsultation der anderen Parteien getroffen worden war. Dabei entstand nicht zuletzt der Eindruck einer parteipolitisch motivierten Vorzugsbehandlung. Fernand Etgen ist DP-Mitglied und das „Journal“ gehört dem „Centre Eugène Schaus“, einem von der DP kontrollierten Verein.

Wie die Parlamentsverwaltung auf Nachfrage von Reporter.lu bestätigte, war das „Journal“ seit Anfang des Jahres das einzige Onlinemedium, das die Sitzungsberichte der „Chamber“ gegen Bezahlung veröffentlichte. Für die Publikation eines Berichts im PDF-Format sollte das „Journal“ knapp 1.600 Euro erhalten, was im Jahr rund 30.000 Euro hätte ausmachen können.

„Journal“-Kooperation gestoppt

Bis dahin war die Publikation des „Chamberbliedchen“ ein Privileg der gedruckten Tagespresse. Mit der „Journal“-Kooperation stellte sich demnach die Frage der Gleichbehandlung der Medien. Sowohl Vertreter der Opposition als auch der Regierungspartei LSAP sowie andere Medienmacher hatten gegenüber Reporter.lu die Entscheidung des Parlaments kritisiert.

Damit war auch klar, dass der Beschluss politische Folgen haben würde. Doch bereits vor der für Freitag anberaumten Sitzung des erweiterten Parlamentsvorstandes sah sich Präsident Fernand Etgen zu einer Stellungnahme genötigt. Den „Stopp“ der Kooperation mit dem „Journal“ kündigte Etgen letztlich in einem Facebook-Beitrag an. Das Parlament wolle sich nun darauf konzentrieren, eine komplett neue „Kommunikationsstrategie“ zu entwickeln, so der Parlamentspräsident.

Dabei hatte Fernand Etgen noch Anfang der Woche betont, dass es sich um eine Grundsatzentscheidung handele, von der auch andere Onlinemedien profitieren sollten. Die Argumentation, wonach man die Publikation der Sitzungsberichte im PDF-Format auch auf andere Medien ausweiten könne, wiederholte der Präsident auch noch einmal im Interview mit „Radio 100,7“.

Die öffentliche Diskussion habe allerdings den Druck auf Etgen erhöht, heißt es aus parlamentarischen Kreisen. Selbst Koalitionspolitiker sprechen dabei hinter vorgehaltener Hand von einem „Alleingang“ des Präsidenten. Trotz der bereits angekündigten Kurskorrektur wurde die Frage denn auch im erweiterten Parlamentsvorstand („Bureau“) diskutiert.

Fernand Etgen entschuldigt sich

Wie es aus parlamentarischen Kreisen heißt, habe sich der Parlamentspräsident gleich zu Beginn der „Bureau“-Sitzung in aller Form für sein Handeln entschuldigt. Er hätte erkennen müssen, welche Folgen seine Unterschrift unter den neuen Vertrag mit dem „Journal“ haben könnte, soll Fernand Etgen laut Sitzungsteilnehmern gesagt haben. Zudem habe sich der Präsident dazu verpflichtet, sich in Zukunft bei vergleichbaren Fragen mit den Vertretern der anderen Parteien abzustimmen.

Das Parlamentsbüro, in dem alle Fraktionen vertreten sind, hat demnach auch die jüngste Kurskorrektur bestätigt. Der Vertrag mit dem „Journal“ werde annulliert und es soll eine völlig neue Kommunikationsstrategie des Parlaments ausgearbeitet werden. Den Auftrag dazu erhielt die „Chamber“-Verwaltung.

Während der Sitzung sollen denn auch über alle Parteigrenzen hinweg Zweifel an der Praxis geäußert worden sein, wonach das „Chamberbliedchen“ gegen Bezahlung in Onlinemedien veröffentlicht werden soll. Weitere Eckpunkte der neuen Strategie sollen hingegen erst in den kommenden Wochen erörtert werden.

Die Sitzungsberichte der Abgeordnetenkammer werden demnach vorerst nur noch auf der Webseite der „Chamber“ sowie von den drei gedruckten Tageszeitungen „Luxemburger Wort“, „Tageblatt“ und „Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek“ publiziert. Das entsprechende Budget des Parlaments belief sich in 2020 auf rund 1,2 Millionen Euro.


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