Bei der anstehenden Legalisierung von Cannabis will sich Luxemburg am kanadischen Modell orientieren. Dort zeigt die Erfahrung: Das Geschäft mit dem Rausch wirft weniger Profit ab als erwartet und der Schwarzmarkt floriert weiter. Doch Luxemburg könnte aus den Fehlern lernen.
Die kanadische Kleinstadt Smiths Falls in der Provinz Ontario war auf bestem Wege zur post-industriellen Brachlandschaft zu verkommen. Die großen Manufakturen und die Kohleindustrie, die einst die Bevölkerung mit Arbeitsplätzen versorgten, zogen über die Jahre weg oder gingen pleite. Ihre Produktionsstätten gliederten sich in die Reihe leerstehender Gebäude ein, die das Stadtbild prägten.
Als der Schokoladenhersteller Hershey’s 2008 die Produktion nach Mexiko umsiedelte und Smiths Falls verließ, schien das Schicksal der Stadt besiegelt. Doch statt Zerfall prägt wirtschaftlicher Aufschwung das heutige Bild der Stadt. 2014 kaufte der Cannabisproduzent Canopy Growth Corporation die Hershey’s Fabrik für den Anbau, schuf über 800 neue Jobs, und setzte den Startschuss der grünen Revolution, die Smiths Falls zur inoffiziellen Cannabis-Hauptstadt des Landes gedeihen ließ. Heute strömen Touristen in die Stadt, nehmen an Touren der lokalen Cannabisproduzenten teil oder besuchen den neuen Cannabis-freundlichen Golfplatz am Stadtrand.
Aus den kanadischen Fehlern lernen
Smiths Falls wird gerne als Paradebeispiel angeführt, wenn es darum geht, den Erfolg der Cannabisindustrie in Kanada zu verbildlichen. Seit Oktober letzten Jahres ist die Droge komplett legal und frei erhältlich. Nach Uruguay ist Kanada damit erst der zweite Staat weltweit, der Kiffen landesweit legalisiert hat. Nachdem das Land schon 2001 medizinisches Cannabis eingeführt hatte, entstand 2018 auch ein Markt für den Freizeitkonsum.
30 Gramm dürfen Privatpersonen besitzen, sie zahlen pro Gramm ungefähr sieben Euro und können diese entweder in einem lizenzierten Geschäft kaufen oder online bestellen und liefern lassen. Lizenzen werden von der staatlichen Gesundheitsbehörde Health Canada verteilt. Regulierungen zu Anbau und Verarbeitung sind ebenfalls Sache des Staates. Die einzelnen Provinzen entscheiden allein, wer Gras verkaufen darf und wo.
Besonders in einem kleinen Land, kann die Legalisierung schneller gelingen, wenn der Staat auf Unternehmen setzt, die das Interesse der Konsumenten vor die eigenen wirtschaftlichen Interessen stellen.“Abi Roach, Cannabis-Unternehmerin in Toronto
Das kanadische Modell soll nun Luxemburg als Vorlage für die eigenen Legalisierungspläne dienen. Genau wie Kanada erklärt auch Luxemburg den Schritt vorrangig als medizinische Maßnahme, nicht als wirtschaftliche. Doch das gewinnbringende Potential der Cannabisindustrie ist für die Regierung sicherlich weitaus mehr als ein positiver Nebeneffekt. Der „Green Rush“, der in Kanada einen komplett neuen Wirtschaftszweig hat erwachsen lassen, soll auch in Luxemburg entstehen. Doch das kanadische Modell zu kopieren, heißt auch, aus dessen Fehlern lernen, und davon offenbaren sich fast ein Jahr nach der Legalisierung reichlich …
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