Kasachische Oligarchen nutzten eine Luxemburger Briefkastenfirma, um knapp 80 Millionen Dollar in US-Immobilien zu investieren. Das Geld sollen sie der Stadt Almaty und der BTA Bank gestohlen haben. Der frühere Trump-Berater Felix Sater half ihnen dabei – und soll sie dann betrogen haben.

Im September 2012 gründet ein Anwalt innerhalb von zwei Tagen drei Luxemburger Aktiengesellschaften. Alleiniger Teilhaber ist jeweils eine Schweizer Investmentgesellschaft namens Swiss Development Group (SDG). Der Besitzer Ilyas Khrapunov plante, via Luxemburg das Vermögen seiner Familie in US-Immobilien zu investieren – so zumindest die offizielle Version.

Es ging nicht um irgendeine Familie: Ilyas Khrapunov ist der Sohn von Viktor Khrapunov, dem Ex-Bürgermeister der kasachischen Metropole Almaty. Und er ist der Schwiegersohn des Ex-Chefs der kasachischen BTA Bank und Ex-Ministers, Mukhtar Ablyazov. Vater und Schwiegervater sollen sich in ihren Funktionen unrechtmäßig bereichert haben: 400 Millionen US-Dollar im Fall der Stadt Almaty und sechs Milliarden Dollar im Fall der BTA Bank. Ilyas Khrapunov half ihnen das entwendete Geld zu waschen – so der Vorwurf des zentralasiatischen Staates. Die Oligarchen bestreiten das und sehen sich als politisch verfolgt.

Die Stadt Almaty und die BTA Bank versuchen seitdem in Genf, New York und London über die Justiz zumindest einen Teil des Geldes wiederzubekommen. In den USA klagen sie gegen eine der drei Luxemburger Gesellschaften: Triadou SPV S.A.

Briefkastenfirma statt Immobilienfonds

Die Prozessakten zeigen eine groß angelegte Verschleierungsaktion. Im Auftrag von Ilyas Khrapunov und via SDG Capital S.A. baute der Belgier Nicolas Bourg ein Netz an Briefkastenfirmen in Luxemburg und den USA auf. Rein fiktive Firmen: „Triadou hatte weder Angestellte, noch Büros oder einen Sitz“, sagte Bourg vor einem US-Gericht aus.

Allerdings lief nicht alles wie geplant. Bourg sollte ursprünglich einen Luxemburger Investmentfonds aufsetzen. Daraus wurde nichts, obwohl die Gruppe um Khrapunov später die Existenz eines „SDG Investment Fund SIF“ vorgaukelte. Die Vorzüge der Luxemburger Spezialfonds sollten Investoren überzeugen: Steuersätze von lediglich 0,01 Prozent seien möglich, so das Argument.

Die Gründe für das Scheitern des Fonds sind nicht klar. Aber selbst die Briefkastenfirma Triadou hatte Probleme. Die Luxemburger Banken blockierten mehrere Geldtransfers. Die Bank Rothschild verweigerte die Annahme einer Überweisung von zehn Millionen US-Dollar auf das Konto von Triadou, wie aus Gerichtsakten hervorgeht.

Ein Hotel, ein Shoppingcenter, ein Heim und Wohnungen

Die Warnzeichen bei dieser Transaktion waren dunkelrot: Der Transfer stammte von einer Briefkastenfirma namens Telford International in Dubai. Die Überweisung sollte über die „Federal Bank of the Middle East“ abgewickelt werden – eine Bank mit Hauptsitz in Tansania und einer Zweigstelle auf Zypern.

Das Geld auf dem Konto von Telford stammte laut der Rechercheplattform OCCRP von Offshoregesellschaften des belgischen Unternehmers Frank Monstrey, der auch in Luxemburg aktiv ist. Er habe aber nichts mit der potenziellen Geldwäsche zu tun – er sei gegen sein Wissen in diese Affäre hineingezogen worden, sagte Monstrey den OCCRP-Journalisten. Die 440 Millionen Dollar, die durch ein komplexes Netz an Offshorefirmen flossen, habe er Mukhtar Ablyazov ungewollt geschuldet, betonte der Belgier.

Auf Umwegen erreichten die für Triadou bestimmten Millionen einen Immobilienmakler in New York. So erwarb die Luxemburger Briefkastenfirma für 40 Millionen Dollar das Flatotel Hotel in New York sowie Wohnungen im Wert von 6 Millionen Euro in einem umgewandelten früheren Krankenhaus in Manhattan.

Für knapp zwei Millionen Euro wurde Triadou Besitzer von einem Ex-Heim für psychisch Kranke in Syracuse, einer Stadt im Staat New York. Es folgte ein Investment von knapp 30 Millionen Euro in ein Shoppingcenter in Cincinnati, Ohio – ebenfalls über eine US-Tochtergesellschaft von Triadou.

Ex-Trump-Berater fädelte Immobiliendeals ein

Die Deals in Syracuse und in Cincinnati fädelte 2013 ein Geschäftspartner von Ilyas Khrapunov und Mukhtar Ablyazov ein: Felix Sater. Auf dessen Visitenkarte stand kurz zuvor noch: „Senior Advisor to Donald Trump“. Sater arbeitete ebenfalls eng mit Michael Cohen zusammen – Trumps Ex-Anwalt. Sater und Cohen tauchen im Mueller-Bericht auf.

Felix Sater hatte 2005 mit Trump zusammen das Hochhaus Trump Soho in Manhattan gebaut. Ilyas Khrapunov kaufte dort später drei Wohnungen. Die Stadt Almaty und die BTA Bank betonen allerdings in ihren Klagen, dass Donald Trump nichts vorzuwerfen sei.

Doch Felix Sater spielte laut den Gerichtsakten eine umso undurchsichtigere Rolle. Den Kaufvertrag in Syracuse unterschrieb ein Rabbi – als Saters Strohmann.

Sater soll die Oligarchen betrogen haben

Die Stadt Syracuse blieb völlig im Unklaren, wer der wahre Besitzer des 20 Hektar großen Geländes war, berichtet eine Lokalzeitung. Triadou als letztendlicher Besitzer und Sater, der sich im Auftrag Khrapunovs darum kümmern sollte, ließen die Gebäude verfallen. Die Stadt Syracuse pfändete das Gelände 2019 schließlich wegen unbezahlter Steuern.

Im Fall der Tri-County-Mall in Cincinnati war es ebenfalls Felix Sater, der hinter den Kulissen die Fäden zog. Das obwohl eine Tochterfirma von Triadou offiziell in den Dokumenten stand. Beim Bieten um das Shoppingcenter wurde die Existenz eines Luxemburger Fonds vorgegeben, schreiben die BTA Bank und die Stadt Almaty in einer Klage.

Kurz nach dem gelungenen Kauf Mitte 2013 verkaufte Sater die Immobilien für 45 Millionen Dollar. Mit einem Gewinn von 15 Millionen innerhalb von drei Monaten. Ende 2013 kam es dann zum Bruch zwischen den Oligarchen und Sater: Ilyas Khrapunov warf ihm vor, knapp 20 Millionen Dollar aus dem Verkauf der Mall in die eigene Tasche gesteckt zu haben.

Der Schweizer Strohmann

Zu diesem Zeitpunkt waren die Geschäfte der Oligarchen sehr schwierig geworden. Durch die zahlreichen Klagen des kasachischen Staats gegen sie wurde es für sie deutlich komplizierter, ihre Vermögenswerte zu bewegen. Um das Problem zu umgehen, organisierte Ilyas Khrapunov Anfang 2013 einen Schweizer Strohmann.

Im März 2013 übernahm der Geschäftsmann und Ex-Politiker Philippe Glatz die Swiss Development Group und damit auch die Luxemburger Töchter Triadou, Igloo SPV und Porto Heli SPV. Doch Ilyas Khrapunov führte die Geschäfte im Hintergrund trotzdem weiter, schrieb Triadou-Direktor Nicolas Bourg in einer eidesstattlichen Erklärung.

Glatz kündigte Bourg im November 2014. Im Luxemburger Handelsregister fehlen jegliche Angaben über Aktivitäten und Geschäftsführer – ein klarer Gesetzesverstoß. Igloo SPV ist seit November 2019 endgültig abgewickelt, aber Triadou und Porto Heli bestehen weiter. Aktuell hat Triadou seinen Sitz in einem Coworking-Space in der Hauptstadt.

Laut „Registre des bénéficiaires effectifs“ (RBE) ist Philippe Glatz alleiniger Teilhaber von Triadou. Für Porto Heli wurde kein wirtschaftlicher Eigentümer eingetragen, obwohl die Frist für die Eintragung verstrichen ist. Unklar ist auch, ob Ilyas Khrapunov weiterhin im Hintergrund die Fäden zieht und damit der RBE-Eintrag falsch ist. Bewusst falsche Angaben im RBE können mit einer Geldstrafe von zwischen 1.250 Euro und 1,25 Millionen Euro bestraft werden.