Die Sitzungsberichte des Parlaments sollen nicht mehr per Zeitungsbeilage veröffentlicht, sondern direkt von der Abgeordnetenkammer vertrieben werden. Für die betroffenen Publikationen bedeutet dieses Ende der indirekten Subventionierung einen wesentlichen Einnahmeverlust.

Es wird höchst wahrscheinlich eine einmalige Publikation bleiben. Anfang des Jahres veröffentlichte das „Lëtzebuerger Journal“ auf seiner Webseite eine Ausgabe der Sitzungsberichte des Parlaments in digitaler Form. Dieses „wahrscheinlich teuerste PDF der Welt“ sorgte sowohl in der Medienbranche als auch in politischen Kreisen für Diskussionen, wie Reporter.lu im vergangenen Januar exklusiv berichtete.

Dabei stellten sich gleich mehrere Fragen. Zum Beispiel: Welchen Sinn ergibt die bezahlte Publikation auf der Webseite eines Mediums, wenn der gleiche Sitzungsbericht online und gratis auf der Seite des Parlaments zu finden ist? Bis zur digitalen Ausgabe wurden die Sitzungsberichte nämlich ausschließlich in den gedruckten Tageszeitungen „Luxemburger Wort“, „Tageblatt“, „Journal“ und „Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek“ veröffentlicht.

Zur Verwunderung trug jedoch vor allem die Tatsache bei, dass die Entscheidung zur Digitalisierung des „Chamberbliedchen“ offenbar nicht unter den Parteien abgesprochen war. Deshalb ruderte die Parlamentsverwaltung auch schnell zurück. Die Zusammenarbeit mit dem „Lëtzebuerger Journal“ wurde gestoppt. Parlamentspräsident Fernand Etgen entschuldigte sich bei seinen Abgeordnetenkollegen und kündigte gleichzeitig eine grundlegende Reform der Praxis des „Chamberbliedchen“ an.

Wesentliche Einnahmeverluste

Auf die Eckpunkte der damals angekündigten Reform wurde sich nun im Parlamentsvorstand geeinigt. Die Sitzungsberichte des Parlaments sollen ab dem kommenden Jahr nicht mehr von den Zeitungen veröffentlicht werden, sondern nur noch per Abonnement direkt von der „Chamber“ erhältlich sein. Der entsprechende Auftrag werde noch ausgeschrieben. Dies kündigte der Generalsekretär der Abgeordnetenkammer, Laurent Scheeck, laut einem Bericht von „Radio 100,7“ an.

Lediglich bei „Spezialausgaben“ könnte man noch auf die Zeitungen zurückgreifen, heißt es weiter. Für die betroffenen Zeitungen wird die Reform jedoch einen wesentlichen Einnahmeverlust bedeuten. Im Jahre 2019 betrug das Gesamtbudget für die „Frais de publication du compte rendu“ des Parlaments knapp 1,1 Millionen Euro. Diese Summe wurde nach einem spezifischen Schlüssel unter den Zeitungen aufgeteilt, wobei das „Luxemburger Wort“ als reichweitenstärkste Tageszeitung den bei weitem größten Anteil erhielt.

Für eine einzige Ausgabe wurde dem „Wort“ 2019 etwa ein Betrag von fast 25.000 Euro bezahlt, dem „Tageblatt“ rund 10.000 Euro, dem gedruckten „Journal“ 2.700 Euro und der „Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek“ 2.500 Euro, wie die Parlamentsverwaltung Reporter.lu bestätigte. Im Durchschnitt produziert die Abgeordnetenkammer 15 bis 20 Mal pro Jahr eine Ausgabe des „Chamberbliedchen“. Damit würde dem „Wort“ nach der Reform jährlich eine Summe von rund 400.000 bis 500.000 Euro entgehen.

Grundsätzliche Diskussionen

Wie es aus Parlamentskreisen heißt, ist die Reform eine unmittelbare Reaktion auf die „Journal“-Kontroverse. Demnach war der Handlungsdruck nicht zu unterschätzen, denn die Diskussionen hatten eine parteipolitische Dimension. Durch die Schaltung des digitalen „Chamberbliedchen“ konnte der Eindruck einer bevorzugten Behandlung entstehen. Der Hintergrund: Das „Lëtzebuerger Journal“ gehört nach wie vor einem von der DP kontrollierten Verein und Parlamentspräsident Fernand Etgen gehört ebenso der DP an.

Die öffentliche Debatte richtete aber auch das Augenmerk auf die Frage, inwiefern das „Chamberbliedchen“ eine indirekte und selektive Pressehilfe darstellt. Denn nicht alle Medien des Landes kamen in den Genuss der Aufträge des Parlaments. Zunächst wollte die Parlamentsverwaltung denn auch die Liste der Begünstigten ausweiten. Dies hätte jedoch wesentliche Mehrkosten für die Abgeordnetenkammer und damit für die Steuerzahler zur Folge gehabt.

Nach mehreren Gesprächen auf politischer und administrativer Ebene schlug die Parlamentsverwaltung schließlich vor, die Praxis komplett zu ändern und zu „modernisieren“. Wie sich interessierte Bürger künftig genau auf die neue Version des „Chamberbliedchen“ abonnieren können, steht allerdings noch aus.


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