Das Ergebnis könnte kaum ernüchternder sein. Einer rezenten Studie zufolge sind Frauen in den Nachrichtenmedien weiterhin deutlich unterrepräsentiert. Fortschritte in der Gleichstellung hat es in den vergangenen zehn Jahren kaum gegeben. Weder weltweit noch in Luxemburg.
„Medien haben einen entscheidenden Einfluss darauf, wie Frauen und Mädchen, Männer und Jungen sich in der Gesellschaft sehen und wie sie ihre Rolle definieren “, sagt die Ministerin für die Gleichstellung von Frauen und Männern, Taina Bofferding (LSAP). Auf einer Pressekonferenz stellte sie diese Woche die Ergebnisse des aktuellen „Global Media Monitoring Program“ 2020 (GMMP), einer weltweit durchgeführten Untersuchung vor, bei der auch Luxemburg zum dritten Mal teilnahm.
Es handelt sich hierbei um eine Bestandsaufnahme zur Gleichstellung in den Nachrichtenmedien. Für die Ausgabe von 2020 haben 116 Länder teilgenommen, darunter 32 aus Europa. Untersucht wurde zum einen die Präsenz von Frauen in der Berichterstattung und zum anderen ihr Anteil sowie ihre Funktionen im Journalismus selbst. In beiden Fällen sind die Zahlen weit davon entfernt, ein paritätisches Verhältnis widerzuspiegeln.
Klare Hierarchien
„Obwohl 70 Prozent der Universitätsabsolventen in den Bereichen Kommunikation und Journalismus Frauen sind, sind weniger als ein Drittel der Führungsposten in den Medien von ihnen besetzt. Bei den Kommentatoren und Experten ist sogar nur jede fünfte Person eine Frau“, sagte Taina Bofferding im Hinblick auf die Hierarchiestrukturen in den Luxemburger Medien. Hinzu kommt, dass Frauen in den „prestigeträchtigeren“, allgemein als „wichtig“ eingestuften Themen, wie Politik und Wirtschaft in besonderem Maße unterrepräsentiert sind. Ihr Anteil in diesen Bereichen in den klassischen Medien beläuft sich in der aktuellen Studie auf gerade einmal 20 Prozent. Im Internet ist der Frauenanteil etwas höher.
Frauen berichten nicht nur weniger als Männer, über sie wird auch weniger berichtet. Von allen Personen, die in den Artikeln während der Untersuchung der Medien auftauchten, waren 24,9 Prozent Frauen. Diese Zahl hat sich im Laufe der Jahre nur wenig verändert. Während die Frauen 2015 bei ähnlichen 23,9 Prozent lagen, lag ihr Anteil in der Ausgabe 2010, in der ersten Ausgabe, bei der Luxemburg teilnahm, sogar nur bei 19,6 Prozent. Es gibt Themenbereiche, wie die Berichterstattung über die Armee, die Polizei oder weiterhin auch im Sport, in denen Frauen quasi inexistent sind, wie aus der Untersuchung hervorgeht.
Für Anik Raskin, Leiterin des Nationalen Frauenrates (CNFL), stellt das „Global Media Monitoring Program“ eine Momentaufnahme dar, die „die Stellung von Frauen und Männern in unserer Gesellschaft und somit auch in den Medien“ widerspiegelt. „Über diese Feststellung hinaus erlaubt die Untersuchung uns, unsere Rolle zu hinterfragen, die wir bei der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter spielen oder spielen möchten“, sagte Anik Raskin auf der Pressekonferenz.
Ein gewöhnlicher Nachrichtentag
Die Untersuchung, die von der Forscherin Anissa Amjahad geleitet wurde, will eine Momentaufnahme des Geschlechterverhältnisses an einem „gewöhnlichen“ Nachrichtentag in den globalen Nachrichtenmedien erfassen. Ein gewöhnlicher Nachrichtentag ist definiert als ein Tag, an dem die Nachrichtenagenda eine alltägliche Mischung aus Nachrichten enthält. Für die aktuelle Ausgabe der Studie wurde der 29. September 2020 ausgewählt, ein gewöhnlicher Dienstag, der weltweit vom Pandemiegeschehen, aber auch vom Wahlkampf in den USA dominiert wurde.
Für den Länderbericht aus Luxemburg, der vom „CID/Fraen a Gender“ und vom Nationalen Frauenrat koordiniert und vom Ministerium für die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen finanziert wird, haben 22 Freiwillige insgesamt vier Print-Zeitungen, vier Radiosender, einen Fernsehsender, fünf Online-Zeitungen und vier Twitter-Kanäle untersucht.
Laut der Studie gibt es nur einen Themenbereich, über den Journalistinnen häufiger berichten als ihre männlichen Kollegen: über Geschlechtergerechtigkeit. Hier beläuft sich der Frauenanteil auf 76 Prozent, bei der Berichterstattung im Internet sogar auf 77 Prozent. Die Studie wurde auf der Pressekonferenz direkt empirisch bestätigt: Abgesehen von zwei männlichen Fotografen waren alle anwesenden Journalisten Frauen.


