Nur wenige Frauen schaffen es in Luxemburg bis in die höchsten Sphären der Macht. Dabei können die Parteien gerade bei der Besetzung von Ministerposten ein Zeichen setzen. Ein paritätisch besetztes Kabinett wäre wegweisend für die Gleichstellung in der Gesellschaft. Ein Kommentar.

Es heißt, Frauen wollen nicht in die Politik. Es heißt, sie würden sich nicht dafür interessieren. Es heißt, sie seien zu emotional dafür. Vielleicht müsste man sie aber einfach mal fragen, dann würde man schnell merken, dass die üblichen Klischees eben nicht stimmen. Und dass sie letztlich eine willkommene Entschuldigung sind, um die Gleichstellung in der Politik nicht als Priorität anzusehen.

Tatsache ist: Luxemburg ist in Sachen Gleichstellung in der Politik kein vorbildliches Land. Im Parlament und auf kommunaler Ebene, aber vor allem in der Regierung kann von Parität keine Rede sein. Die Ministerinnen des blau-rot-grünen Kabinetts lassen sich wortwörtlich an einer Hand abzählen. Dabei gibt es 17 dieser Posten.

Dabei könnte es so einfach sein. Man stelle sich vor: Nach Wahlen werden sich Parteien einig, eine Regierung zu bilden. Sie arbeiten ein Programm aus, werden sich bei der Ressortverteilung einig – und sie entscheiden, dass das Kabinett gleichermaßen aus Frauen und Männer bestehen muss. Das mag banal oder auch ein wenig naiv klingen. Doch es wäre machbar, vorausgesetzt der politische Wille wäre vorhanden.

Vorbildfunktion für die ganze Gesellschaft

Sicherlich ist der Weg hin zur Gleichstellung von Frau und Mann in einer Gesellschaft nicht einfach. Es ist ein langer Prozess, der noch viel Umdenken erfordert. Frauen kümmern sich heutzutage immer noch mehr um die Kinderbetreuung als Männer, sie arbeiten dafür öfter in Teilzeit und stecken dadurch auch finanziell zurück.

Frauen, die in hohen Machtpositionen erfolgreich sind, motivieren andere dazu, es ihnen gleich zu tun und ähnliche Wege einzuschlagen.“

Einfach nur abwarten und auf eine Besserung hoffen, hilft dabei allerdings nicht. Denn gerade eine Regierung hat eigentlich eine Vorbildfunktion für die Bevölkerung. Wieso also etwas von der Gesellschaft verlangen, was man nicht selbst vorlebt?

Die Dreierkoalition, die sich stets die Modernisierung der Gesellschaft auf die Fahnen schreibt, sollte einfach mit gutem Beispiel vorangehen. Dabei könnte sich Blau-Rot-Grün ein Beispiel an der neuen Regierung in Spanien nehmen. Ministerpräsident Pedro Sanchez sagte, seine Regierung werde sich für Gleichberechtigung engagieren. Und auf seine Worte folgten Taten. Mit dem Ergebnis, dass das Kabinett insgesamt aus elf Frauen und elf Männern besteht.

Parteien entscheiden, wer ins Kabinett kommt

Auch in Luxemburg könnte die Regierung mehr Ressorts an Frauen vergeben – und so einen höheren Frauenanteil aktiv fördern. Denn fest steht: Kommt ins Parlament nur, wer gewählt wurde, können Ministerposten frei verteilt werden. Das Wahlresultat verpflichtet natürlich auch den Formateur einer Regierung. Doch Minister wird nicht unbedingt derjenige, der auch die meisten Stimmen hat. Auch die Kompetenz oder generelle Eignung einer Person spielt eine wichtige Rolle.

So geschehen beispielsweise bei Pierre Gramegna. Der frühere Generaldirektor der Handelskammer wurde 2013 von Xavier Bettel zum Finanzminister ernannt, ohne überhaupt kandidiert zu haben. Ähnlich der Fall Paulette Lenert. Sie stand 2018 auf keiner Wahlliste – Ministerin wurde sie trotzdem. Auch ein gewisser Jean-Claude Juncker, der insgesamt über 30 Jahre Regierungsmitglied war, trat 1982 ohne demokratisches Mandat als Staatssekretär erstmals in ein Kabinett ein.

Mehr weibliche Vorbilder braucht das Land

Auch Digitalisierungsminister Marc Hansen (DP) wurde 2018 nicht auf Anhieb ins Parlament gewählt, von seiner Partei aber prompt zum Minister gemacht. Ebenso erging es der amtierenden Gleichstellungsministerin Taina Bofferding (LSAP). Wäre es nur nach dem Wahlresultat gegangen, hätte sie keinen Anspruch auf ein Ministeramt gehabt. Ihre Partei setzte aber bewusst auf Erneuerung – und auf die Förderung einer Frau.

Durch die Förderung von mehr Frauen an der Macht erzwingt man zwangsläufig auch eine Erneuerung des politischen Spitzenpersonals.“

Taina Bofferding, Corinne Cahen, Sam Tanson, Carole Dieschbourg und Paulette Lenert sind aktuell die einzigen Frauen im 17-köpfigen Kabinett. Dabei braucht es mehr politische Führungsfiguren wie sie, damit ein sogenannter Role-Model-Effekt entstehen kann. Frauen, die in hohen Machtpositionen erfolgreich sind, motivieren andere dazu, es ihnen gleich zu tun und ähnliche Wege einzuschlagen. Je mehr Frauen sich politisch engagieren, desto weniger können sich Parteien davor drücken, dieses Engagement auch anzuerkennen.

Frauen als Garanten der politischen Erneuerung

Dieser Perspektive steht aber vor allem ein sehr luxemburgisches Phänomen im Weg: die alteingesessenen Polit-Urgesteine. Jene, die seit Jahrzehnten im Amt sind und einen Posten als Minister quasi als Selbstverständlichkeit ansehen. Statt ihren Platz für junge Nachwuchspolitiker – oder eben Politikerinnen – zu räumen, halten sie lieber an ihrer Machtposition fest. Damit bremsen sie allerdings auch eine Modernisierung der Politik aus.

Gerade deshalb braucht es eine politische Führung, die sich offen zu mehr Gleichberechtigung bekennt. Denn durch die Förderung von mehr Frauen an der Macht erzwingt man zwangsläufig auch eine Erneuerung des politischen Spitzenpersonals. Wer wirklich eine Gleichstellung von Frauen und Männern in der Politik haben will, muss nicht lange darüber nachdenken und nicht viel darüber diskutieren. Sondern einfach nur machen.


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