Grabenkämpfe, Eitelkeiten, Richtungsstreit: An der Personalie Frank Engel scheiden sich in der CSV die Geister. Doch im Hintergrund brodelt ein Machtkampf, der weit über den kontroversen neuen Parteichef hinausgeht. Ein Blick hinter die Kulissen einer Partei, die sich mit der Erneuerung schwer tut.
Eigentlich war alles ganz anders geplant. Als die CSV-Führung am Tag nach den verlorenen Wahlen zusammenkam, wollten Parteichef Marc Spautz und Fraktionschef Claude Wiseler eigentlich ihre Nachfolge regeln. Man war sich einig: Martine Hansen sollte den Parteivorsitz übernehmen. Doch die bei den Wahlen persönlich gestärkte Spitzenfrau aus dem Norden hatte andere Pläne. Sie strebte den Fraktionsvorsitz an und hatte sich dafür auch schon die Unterstützung von mehreren Abgeordneten zusichern lassen.
Erst durch diese Planänderung wurde Serge Wilmes überhaupt zum Anwärter auf den Parteivorsitz. Auch der junge Abgeordnete, der seit Ende 2017 Erster Schöffe in der Hauptstadt ist, konnte sein persönliches Resultat bei den Wahlen wesentlich verbessern. Wilmes galt vor allem für die jüngere Generation in der Partei als einziger glaubwürdiger Kandidat für eine Erneuerung der CSV. Gleichzeitig hatte Wilmes aber auch dezidierte Gegner in der Partei, die dem 36-Jährigen eine Führungsrolle bis heute nicht zutrauen.
Doch im Hintergrund lief sich längst ein weiterer Kandidat warm, den zu diesem Zeitpunkt nur die wenigsten auf der Rechnung hatten. Dabei hatte Frank Engel manchen Vertrauten schon früh zu verstehen gegeben, dass er bei diesem Wahlausgang eine Rückkehr in die nationale Politik anstreben werde. Dem Abgeordneten im Europäischen Parlament fehlten jedoch nach langer Abstinenz auf der luxemburgischen Bühne die Unterstützer in der Partei. Das sollte sich aber bald ändern.
Ein Strippenzieher meldet sich zurück
An dieser Stelle kommt nämlich Michel Wolter ins Spiel. Der Ex-Minister, Ex-Parteichef, Ex-Fraktionschef der CSV hatte sich in den vergangenen Jahren zwar aus den internen Debatten weitgehend zurückgezogen. Auch im Parlament schraubte der Député-Maire aus Käerjeng seine Aktivität merklich zurück. Als am Abend des 14. Oktober jedoch die zweite Wahlniederlage der CSV in Folge feststand, meldete sich der bewährte parteiinterne Strippenzieher zurück.
Ohne Wolters Unterstützung im Hintergrund wäre Frank Engel heute niemals Parteichef.“Ein ehemaliges Mitglied der CSV-Exekutive
Schon am Dienstag nach den Wahlen mischte Wolter wieder aktiv mit. Im Nationalrat brachte er die rund 160 anwesenden Parteimitglieder gegen die Entscheidung der Parteiführung auf, wonach Parteichef Marc Spautz und Fraktionschef Claude Wiseler noch am selben Abend ihre Rücktritte verkünden wollten. Bis die neue Regierung stehe, müsse man zusammenhalten, so Wolters Argument. Erst danach solle man über eine Erneuerung an der Spitze von Partei und Fraktion entscheiden. Die Delegierten sollten ihm wie schon so oft in der Vergangenheit folgen.
Wie sich bald herausstellte, ging es Wolter damals aber weniger um die Einheit der Partei, sondern darum, dass er bei der Besetzung der neuen Posten ein Wörtchen mitreden wollte. In den folgenden Tagen versuchte der ehemalige CSV-Chef jedenfalls laut mehreren Quellen neue Allianzen zu schmieden. Bald ging es dabei aber nur noch um die Frage, wer Parteichef und Generalsekretär werden würde. Denn die rasch vorgepreschte Martine Hansen konnten weder Spautz noch Wolter jetzt ohne eine offene Konfrontation als Fraktionschefin verhindern.
Ein Parteichef von Wolters Gnaden
Als feststand, dass es bei der Wahl zum Parteichef zum Duell kommen würde, verstärkte Michel Wolter seine Aktivität. In der Partei war es kein Geheimnis, dass er eine klare Präferenz für Frank Engel bzw. gegen Serge Wilmes hatte. In seiner Zeit als Fraktionsvorsitzender der CSV hatte Wolter von 2004 bis 2009 vertrauensvoll mit Engel, damals Fraktionssekretär, zusammengearbeitet. Beide Politiker kennen sich schon lange. Sie teilen zwar nicht alle Positionen in der Sache, doch sie schätzen sich gegenseitig und pflegen zudem einen ähnlichen politischen Stil.
Michel Wolter und mich verbindet eine lange, enge Freundschaft.“Frank Engel, CSV-Parteivorsitzender
„Ohne Wolters Unterstützung im Hintergrund wäre Frank Engel heute niemals Parteichef“, sagt ein ehemaliges Mitglied der CSV-Exekutive. Wolter soll im Hintergrund vor allem bei den zahlreichen Delegierten aus dem Südbezirk die Werbetrommel für Engel gerührt haben. Das Votum auf dem Parteitag am 26. Januar ging mit 54 zu 46 Prozent zugunsten von Frank Engel relativ knapp aus. In absoluten Zahlen trennten Engel und Wilmes am Ende lediglich 42 Stimmen der insgesamt 533 CSV-Delegierten.

Frank Engel macht aus seiner Verbundenheit zu Michel Wolter keinen Hehl. „Michel Wolter und mich verbindet eine lange, enge Freundschaft“, sagt Engel im Gespräch mit REPORTER. Man teile viele Grundpositionen und tausche sich regelmäßig über etliche politische Fragen aus. Das werde sich in der neuen Konstellation auch nicht ändern. Es sei demnach auch nicht verwunderlich, dass manche in der CSV ihn stärker unterstützt hätten als andere, so der neue Parteichef.
Vom Außenseiter zum Hoffnungsträger
Außer Frage steht aber, dass Engel seinen politischen Aufstieg auch selbst befördert hat. Selbst seine schärfsten Kritiker in der Partei räumen ein, dass der Europapolitiker sich zum richtigen Zeitpunkt getraut und mit seinen Reden in den Bezirk-Hearings und schließlich beim Kongress bei der Parteibasis den richtigen Ton getroffen habe. Während Serge Wilmes vor allem den Zusammenhalt und die parteiinterne Erneuerung betont habe, sei Engel bereits als rhetorisch begabter Oppositionsführer aufgetreten, so die Einschätzung vieler CSV-Mitglieder.
Letztlich war es auch eine Frage des Timings. Engel stieß in ein großes Machtvakuum vor. Und er verstand es offensichtlich, einer durch die wiederholte Wahlniederlage frustrierten und gedemütigten Partei wieder Hoffnung auf bessere Zeiten zu machen. „Ich wusste, dass das kein Spaziergang wird“, formuliert es Frank Engel. Er sei wohl kein „Mainstream-Politiker“, aber die CSV befinde sich eben gerade auch nicht in einer „Mainstream-Situation“. Ihn und jene Mitglieder, die für ihn gestimmt haben, vereine letztlich die Überzeugung: „So wie bisher können wir nicht weitermachen.“
Frank Engel ist die Projektionsfläche einer ratlosen, in ihrem Selbstverständnis gekränkten Partei. Ihm kam dabei auch die Tatsache zugute, dass sein Gegenkandidat in der gesamten Partei auch schwer konsensfähig war. Serge Wilmes war ebenso wie Frank Engel kein auserkorener Idealtypus für den CSV-Vorsitz. Der Abgeordnete und Erste Schöffe der Hauptstadt war in der Vergangenheit vor allem als parteiinterner Kritiker in Erscheinung getreten und zudem schon zwei Mal bei Wahlen zum Generalsekretär gescheitert.
Frank Engel ist in den eigenen Reihen aber mindestens genauso umstritten. Ähnlich wie Wolter gilt der 43-Jährige als politisch und rhetorisch äußerst versiert, aber auch als impulsiv, mitunter herablassend und inhaltlich unberechenbar. „Er mag politisch zur Brillanz fähig sein, aber der menschliche Umgang gehört nicht zu seinen Stärken“, drückt es ein langjähriger Weggefährte aus. Demnach sind seine Kritiker auch besonders hellhörig, wenn Engel ankündigt, dass er die Parteiorganisation von Grund auf umkrempeln möchte.
Parteichef sucht festen Lebensunterhalt
Einen ersten Vorgeschmack liefert die Frage, wie der scheidende EU-Abgeordnete künftig seinen Lebensunterhalt verdienen will. Der Parteivorsitz ist traditionell ein politisches Ehrenamt. In der Regel üben es denn auch Personen aus, die sich durch ihre politische Tätigkeit – sei es als Abgeordneter oder als Regierungsmitglied – keine Sorgen über ein ausreichendes Einkommen machen müssen.
Nicht so bei Frank Engel. Aus dem EU-Parlament wird er bald freiwillig ausscheiden. Faktisch wäre der Parteichef der CSV damit arbeitslos. Dabei hatte Engel im Duell mit Wilmes, der seit 2017 ein Doppelmandat ausfüllt und zudem als junger Familienvater sein drittes Kind erwartet, ausdrücklich die Karte eines „Vollzeit“-Präsidenten ausgespielt. Im Vorfeld seiner Kür zum Parteichef, die für Engel selbst auch überraschend kam, hat er sich aber wohl nicht ausreichend Gedanken über die letzte Konsequenz seiner persönlichen Situation gemacht.
Es gibt Leute in der Partei, die gegen Frank Engel sind. Und dann gibt es Leute, die nicht allzu sehr für ihn sind.“ Ein Engel-Kritiker aus der CSV-Fraktion
Engel soll demnach bereits vorgefühlt haben, ob sich die Regelung des ehrenamtlichen Parteichefs für ihn ändern könnte. Laut „Tageblatt“ habe das bereits zu ersten „Friktionen“ geführt. „Damit Engel bei der Finanzierung nicht auf die Idee komme, sein Gehalt über das Budget der CSV-Fraktion zu beziehen, hat die Fraktion den Großteil der ‚Frais de fonctionnement‘ für Personal wie auch für Material bereits verplant. Ein bewusstes Manöver gegen Engel“, so das „Tageblatt“.
Auf Nachfrage von REPORTER widerspricht die Fraktionschefin Martine Hansen dieser Darstellung. Eine solche Entscheidung habe es nicht gegeben. Bereits die Idee, dass ein Parteiamt über die Fraktion finanziert werden könnte, entbehre jeder faktischen Grundlage. „Selbst wenn das jemand wollen würde, würde das nicht gehen“, so Hansen. Sie verweist dabei auf die strikten Regelungen der Parteienfinanzierung, die eine Querfinanzierung zwischen Partei und Fraktion ausschließe.
Übergangsgehalt von 8.600 Euro pro Monat
Allerdings soll es in der Tat gewisse Gedankenspiele seitens des CSV-Generalsekretariats geben, wie man finanzielle Spielräume schaffen könnte, um Engel ein regelmäßiges Gehalt zu verschaffen. Dass er sich solche Gedanken gemacht habe, gibt Engel auf Nachfrage von REPORTER auch zu. Allerdings sei er schnell zum Schluss gekommen, dass „die finanzielle Situation der Partei einen solchen Schritt zu diesem Zeitpunkt nicht zulässt“.
So richtig Sorgen braucht man sich um die finanzielle Situation des neuen Parteichefs aber nicht zu machen. Ab dem Moment, in dem er nicht mehr Abgeordneter des Europäischen Parlaments ist, steht ihm nämlich ein sogenanntes Übergangsgeld zu. Diese Vergütung beträgt laut EU-Regeln die Höhe eines Monatsgehalts pro Jahr des absolvierten Mandats. Im Fall von Frank Engel, der seit 2009 Mitglied des EU-Parlaments ist, wären dies zehn Monate lang ein Brutto-Gehalt von rund 8.600 Euro.

Sollte der Parteivorsitzende parallel sein Glück in Verwaltungsräten von privaten Unternehmen suchen, dürfte jedoch die Frage des Interessenkonflikts nahe liegen. Engels Tätigkeit im Aufsichtsgremium von „Global Strategies Group Holding S.A.“ führte jedenfalls auch innerhalb der CSV zu Unverständnis und Missmut.
Andererseits schienen selbst führende CSV-Politiker lange nicht zu wissen, welchen Nebentätigkeiten ihr neuer Chef genau nachging . „Das war auch für uns überraschend“, räumt Martine Hansen auf Nachfrage ein. Jetzt seien aber „alle froh“, dass Engel seinen Verwaltungsratsposten aufgeben wolle.
Frank Engel betont auf Nachfrage von REPORTER, dass er mittlerweile offiziell aus dem besagten Verwaltungsrat von „Global Strategies“ zurückgetreten sei. Zudem werde die betreffende Holding komplett abgewickelt. In der Tat hat Engel laut Handelsregister-Auszug zum 13. Februar 2019 sein Mandat im Verwaltungsrat der betreffenden Firma aufgegeben.
Er werde sich bei seinen nächsten Schritten sicherlich in Erinnerung rufen, dass die Öffentlichkeit bei ihm jetzt wohl genau hinschauen wird, ob seine Tätigkeiten im Einklang mit seinem Amt seien, sagt Engel. Ihm schwebe dabei ein Engagement in „nachhaltigen Investmentfonds“ vor, sagt er. Sein Engagement in der Entwicklungspolitik in Afrika könne er so mit seinen Kontakten in Luxemburgs Finanzwelt kombinieren. Entschieden sei aber noch nichts.
Personalie Frank Engel vertieft die Spaltungen
Fest steht, dass Engels Wahl zum Parteivorsitzenden zu einer gewissen Lagerbildung bei den Christsozialen geführt hat. Die Fronten verlaufen jedoch nicht ganz linear, denn nur die Wenigsten gehören zu seinen ausdrücklichen Unterstützern. Frank Engel gilt als Unsicherheitsfaktor, als „tickende Zeitbombe“, wie es einer seiner Kritiker formuliert. „Es gibt Leute in der Partei, die gegen Frank Engel sind. Und dann gibt es Leute, die nicht allzu sehr für ihn sind.“
Die Spaltung der CSV lässt sich letztlich an der Frage ablesen, wie man die künftige Rolle in der Opposition sieht. Die Vertreter einer harten, mitunter konservativeren Oppositionspolitik, darunter Michel Wolter, Françoise Hetto, Jean-Marie Halsdorf oder auch Aly Kaes, gelten dabei eher als Unterstützer von Frank Engel. Die große Mehrheit der CSV-Parlamentarier stützt bisher aber den in der Sache nicht weniger harten, aber im Stil dann doch pragmatischeren Kurs der Fraktionschefin.
In der CSV-Fraktion sind die Machtverhältnisse vorerst geklärt. Ein Zeichen dafür ist die Tatsache, dass Wolter bei der Wahl der Fraktionsmitglieder für den Parteivorstand durchgefallen ist. Ebenso ging der Plan des Engel-Verbündeten, Präsident des CSV-Südbezirks zu werden, nicht auf. Wolter kann zwar noch immer Mehrheiten bei Parteikongressen organisieren. Über die Jahre hat er sich aber besonders in der Fraktion nicht nur Freunde gemacht.
Martine Hansen gilt unter den Abgeordneten dagegen als jene, die die unterschiedlichen Lager am ehesten miteinander versöhnen kann. Als Seiteneinsteigerin in die Parteispitze fehlt ihr bisher aber auch noch der Rückhalt in den Unterorganisationen der CSV. Das dürfte auch ein Grund sein, warum sie es nach den Wahlen von Beginn an nicht auf den Partei-, sondern auf den Fraktionsvorsitz abgesehen hatte.
Machtpolitik und menschliche Enttäuschungen
Durch die wiederholte Wahlniederlage wurden die Karten in der CSV kräftig neu gemischt. Die früheren Flügelkämpfe (Liberale vs. Konservative, Stadt vs. Land, Zentrum vs. Süden) geraten in den Hintergrund. Andere Fronten lassen sich eher an der Uneinigkeit festmachen, wie weit die Erneuerung der Oppositionspartei gehen soll. Frank Engel gilt dabei paradoxerweise sowohl als Hoffnungsträger für einen neuen Kurs als auch als Sprecher der in die Jahre gekommen Ex-Ministerriege, die am liebsten die Zeit vor die Wahlen von 2013 zurückdrehen will.
Die Intentionen von Letzteren lassen sich am ehesten als eine Mischung aus Machtpolitik und menschlichen Enttäuschungen begreifen: Manchen geht es um eine späte Rache an dem als zu konziliant und farblos geltenden Ex-Spitzenkandidat Claude Wiseler. „Es gibt in unseren Reihen viel Frust und enttäuschte Lebensplanungen“, sagt ein langjähriger CSV-Abgeordneter. Manch einer habe sich schon längst wieder als „Passagier in einer bequemen Ministerkarosse“ gesehen. Das müsse man erst einmal verkraften.
Anderen geht es dagegen eher um die Hoffnung auf eine klarere inhaltliche Ausrichtung als Alternative zur Dreierkoalition. Und wiederum Andere sehen in Frank Engel ausdrücklich ein Gegengewicht zu der neuen starken Frau in der Fraktion, Martine Hansen. Allen Flügeln der CSV ist indes eines gemein: Sie scheinen bis auf Weiteres zu frustriert vom andauernden Machtverlust, um eine glaubwürdige inhaltliche Erneuerung zu wagen.
Arbeitsteilung zwischen Partei und Fraktion
Die Konkurrenz zwischen dem Parteichef und der Fraktionschefin ist dabei schon jetzt offensichtlich. Über ihr Verhältnis mit dem Parteichef sagt Hansen, dass sie Frank Engel eigentlich noch nicht lange persönlich kenne. Nach seiner Wahl habe sie sich mit ihm getroffen, um sich darüber auszutauschen, wie beide für sich und gemeinsam im Dienst der Partei am besten zusammenarbeiten können. „Wir haben beide das gleiche Ziel, nämlich, dass die CSV die Opposition zur wirklichen Profilierung und Erneuerung nutzt“, so Hansen.

Frank Engel schwebt dabei eine klare Arbeitsteilung vor. Die CSV müsse eine „resolute Oppositionspolitik in der Sache“ betreiben, die naturgemäß eher im Parlament stattfinde. Die Parteizentrale wolle er dagegen zu einer Art „Ideenfabrik“ umgestalten. Es gelte, „neue Positionen zu den dringendsten Themen unserer Zeit“ zu formulieren. Hier sieht der neue Vorsitzende aktuell das größte Defizit seiner Partei. Welche Positionen? An dieser Stelle bleibt Engel jedoch erst noch im Ungefähren. Er sieht die CSV als „Partei, die die Sorgen der einfachen Leute“ erkennen und ernst nehmen müsse.
Hansen vs. Engel: Der Machtkampf ist eröffnet
Die Frage, wer bei der Neuaufstellung der CSV die Führungsrolle übernimmt, wird sich früher oder später stellen. Die Idee, als Spitzenkandidat bei den nächsten Wahlen anzutreten, sei ihm „nicht komplett fremd“, sagte Frank Engel schon einen Tag nach seiner Wahl bei „Radio 100,7“. Auf Nachfrage von REPORTER betont er aber, dass sich diese Frage zum jetzigen Zeitpunkt natürlich nicht stelle. Allerdings sei er durchaus ein Verfechter einer Urwahl zur Bestimmung des kommenden Spitzenkandidaten, so Frank Engel. Es gebe eben einen großen Unterschied zwischen der Meinung der CSV-Amtsträger und den Präferenzen der christlich-sozialen Basis.
Jeder sollte jetzt erst einmal seine Arbeit machen.“ Martine Hansen, CSV-Fraktionschefin
Es sei nicht seriös, fast fünf Jahre vor den kommenden Wahlen über Kandidaten zu sprechen, sagt auch Martine Hansen im Gespräch mit REPORTER. „Jeder sollte jetzt erst einmal seine Arbeit machen“, so die Fraktionsvorsitzende. Sie könne zudem keine wirklichen, andauernden Lager in der Partei erkennen. Dass es unterschiedliche Positionen, Konkurrenz und mitunter Streit um den richtigen Kurs gibt, sei in einer großen Volkspartei wie der CSV auch nicht ungewöhnlich.
Ein erster Test für die Machtverhältnisse in der CSV dürfte indes die Aufstellung der Liste für die Europawahlen sein. So ziemlich jeder aktuelle Amtsträger sei schon gefragt worden, ob er antreten wolle, heißt es aus Fraktionskreisen. Bisher soll der neue Parteichef, der bei dieser Mission federführend ist, aber nur Absagen erhalten haben. Allein Viviane Reding könnte noch als bekanntes Gesicht auf einer ansonsten voraussichtlich sehr jungen Kandidatenliste als elektorales „Zugpferd“ gewonnen werden.
Zur Sicherheit hat Frank Engel aber schon einmal die Erwartungen an den Ausgang der Europawahlen gedämpft. Mit zwei Sitzen könne die CSV bei der aktuellen Ausgangslage auch schon zufrieden sein, soll er in internen Sitzungen die Zielsetzung ausgegeben haben. Dahinter verbirgt sich aber wohl weniger eine politische Einschätzung als die Vorsorge, dass Frank Engel nicht schon bei seiner ersten Wahl als Vorsitzender parteiintern weitere Federn lassen muss.
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