Teil des Stabilisierungspakets für Luxemburgs Wirtschaft sind staatliche Garantien in Höhe von 2,5 Milliarden Euro. Das Parlament soll dazu am Freitag ein Gesetz beschließen. Doch viele Fragen bleiben offen. Etwa, warum die Unternehmen einen Teil der Zinsen an den Staat zahlen müssen.

Unternehmen, die unter der Corona-Krise leiden, sollen Zugang zu Krediten bekommen – vor allem um Liquiditätsprobleme zu lindern. Das ist das Ziel des staatlichen Garantieprogramms. Die Kredite selbst werden von sechs Luxemburger Banken an die Unternehmen vermittelt.

Finanzminister Pierre Gramegna (DP) rechnet damit, dass die Zinssätze zwischen zwei und drei Prozent liegen werden, sagte er der Finanz- und Budgetkommission. Was die Regierung aber bisher nicht kommuniziert: Für die staatliche Garantie in Höhe von 85 Prozent der Kreditsumme werden Aufschläge fällig.

Zu den zwei bis drei Prozent Zinsen kommen für kleine und mittelgroße Betriebe nochmals 0,25 Prozent hinzu, für große Unternehmen 0,5 Prozent. Das gilt allerdings nur für Kredite mit einer Laufzeit von einem Jahr. Bei Laufzeiten über einem Jahr steigen die Aufschläge nach und nach auf bis zu zwei Prozent.

Strenge Vorgaben aus Brüssel

Im Klartext heißt das: Wenn alles rund läuft und die Unternehmen das geliehene Geld zurückzahlen, dann macht der Staat mit diesem Garantieprogramm einen Millionengewinn. „Das ist Wahnsinn“, sagt ein Bankenexperte, der namentlich nicht genannt werden möchte.

Dass ein Hilfsprogramm den Unternehmen eine zusätzliche Last auferlegt, ist aus ökonomischer Sicht wenig hilfreich. Der Grund liegt in den Vorgaben der EU-Kommission. Sie muss die aktuellen Rettungspakete genehmigen, weil es dabei um staatliche Beihilfen geht, die den Binnenmarkt verzerren könnten. Im „Befristeten Rahmen“ für staatliche Beihilfen legt die Kommission die „Garantieprämien“ fest, die Luxemburg eins zu eins übernommen hat.

„Vom Prinzip her sind diese Aufschläge komisch“, sagt der CSV-Abgeordnete Claude Wiseler. Allerdings ließen die europäischen Texte keine Möglichkeit zu, um daran vorbeizukommen, schränkt der Oppositionspolitiker ein. „Wir werden alles Mögliche unternehmen, um die Europäer und die europäische Wirtschaft zu stützen“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen allerdings noch Mitte März.

Zahlreiche Unternehmen ausgeschlossen

Zu den Auflagen aus Brüssel gehört auch, dass Unternehmen, die bereits vor der Corona-Krise angeschlagen waren, von den staatlichen Hilfen ausgeschlossen werden müssen. Das trifft hierzulande jene Restaurants und Geschäfte in der Hauptstadt besonders hart, die schon mit deutlichen Umsatzeinbrüchen aufgrund der Tram-Baustelle zu kämpfen haben. Die CSV forderte, diese Unternehmen nicht „doppelt zu bestrafen“. Der Antrag scheiterte aber an der Stimmenmehrheit von Blau-Rot-Grün.

Das gleiche Schicksal erlitt ein weiterer Änderungsantrag der Oppositionspartei. Unternehmen, die nach dem 1. Januar 2019 gegründet wurden, können ebenfalls nicht von der Staatsgarantie profitieren. Die einzige Ausnahme betrifft „innovative“ Start-up-Unternehmen. „Wir wollten, dass auch etwa junge Handwerksbetriebe die Hilfe erhalten könnten“, sagt Claude Wiseler.

Banken übernehmen höheres Risiko

Eine weitere Vorgabe aus Brüssel betrifft die Höhe der staatlichen Garantie. Die Staaten dürfen für maximal 90 Prozent der Kreditsumme bürgen, das restliche Risiko liegt bei den Banken. Luxemburgs Regierung legte die Schwelle bei 85 Prozent fest. Der Finanzminister dankte den Banken ausdrücklich für diesen Beitrag. Doch warum die Grenze von 90 Prozent nicht ausgeschöpft wurde, erklärte er nicht. Wenn die Luxemburger Banken bereit seien, das zusätzliche Risiko zu übernehmen, dann sei die Schwelle von 85 Prozent eine gute Lösung, meint allerdings auch Claude Wiseler.

Das grundsätzliche Problem: Je geringer die staatliche Bürgschaft, desto genauer prüfen die Banken die Kreditanträge und umso länger dauert es, bis das Unternehmen das dringend benötigte Geld hat. Gleichzeitig steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die Bank den Kredit ablehnt.

Die französische Regierung staffelte den Anteil der staatlichen Garantie je nach Größe der Unternehmen: Firmen mit weniger als 5.000 Beschäftigten kommen in den Genuss einer 90-prozentigen Garantie. Auf Nachfrage von REPORTER, warum die Regierung nicht eine ähnliche Staffelung vorgesehen habe, heißt es lapidar aus dem Finanzministerium: Die Wirtschaft Luxemburgs sei nicht mit jener Frankreichs zu vergleichen. Das hielt die Beamten aber nicht davon ab, das französische „Arrêté“ fast eins zu eins zu übernehmen, wie der Staatsrat anmerkt.

Staatsgarantie als vorgeblich letzte Option

Die Regierung scheint außerdem zu hoffen, dass das Garantieprogramm möglichst wenig zum Einsatz kommt. Im „Exposé des motifs“ heißt es: „Diese Garantie versteht sich als ergänzendes Instrument, die angewendet werden kann, wenn andere Instrumente wie jene der SNCI, des Office du Ducroire oder der Europäischen Investitionsbank (EIB) ausgeschöpft oder nicht anwendbar sind.“

Doch die genannten Programme sind äußerst eingeschränkt. Das Office du Ducroire springt bei Unternehmen ein, die exportieren. Das Programm der SNCI ist zwar breiter aufgestellt, aber die Garantie ist auf 60 Prozent der Kreditsumme beschränkt. Es ist also für Banken und Unternehmen erstmal weniger interessant.

Schließlich ist auch der Verweis auf die EIB trügerisch: Die Investitionsbank verfügt aktuell nur über ein Programm mit der ING, das in der gegenwärtigen Krise zum Einsatz kommen kann. Dabei geht es um zehn Millionen Euro, heißt es von der EIB auf Nachfrage von REPORTER. Die SNCI hat aktuell keine Zusammenarbeit mit der EIB, die zum Hilfspaket dienen könnte.

Die Erklärung des Finanzministeriums: Die Banken sollen prüfen, ob die anderen Programme im Einzelfall auch eine Lösung sein könnten. Tatsächlich begrüßt ABBL-Präsident Guy Hoffmann, dass die Banken eine ganze „Toolbox“ zur Verfügung hätten. In den Abkommen zwischen den sechs Banken und dem Staat verpflichten sie sich die anderen Programme in Erwägung zu ziehen, bevor sie auf die staatliche Garantie zurückgreifen. Die Summe von 2,5 Milliarden Euro wird zwischen den sechs Banken je nach ihrem aktuellen Marktanteil aufgeteilt, berichtete „RTL“.

Doch es besteht keine Verpflichtung im Gesetzestext, betont der Staatsrat in seinem Gutachten. Dass die „Loi Garantie“ ein ergänzendes Instrument sein soll, scheint deshalb trügerisch. Allerdings gibt es neben der staatlichen Garantie das Programm der rückzahlbaren Hilfen von bis zu 500.000 Euro. Auf diesen Hilfen zahlen die Unternehmen 0,5 Prozent Zinsen.


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