Luxemburg diskutiert über neue Arbeitszeitmodelle. Einige Parteien versprechen in ihren Wahlprogrammen sogar eine Verkürzung der gesetzlichen Wochenarbeitszeit. Doch ein Blick auf die Nachbarländer zeigt: So einfach ist das nicht umsetzbar.
Erhöhung des Netto-Mindestlohns, eine Woche mehr Urlaub, 38-Stunden-Woche: Eines hat die LSAP bereits geschafft. Die Forderungen aus ihrem Wahlprogramm sind in aller Munde. Vor allem bei der von den Sozialisten gewünschten Verkürzung der Arbeitszeit stellt sich jedoch die Frage der Machbarkeit.
Ob es nur bei einem Wahlversprechen bleibt, wird sich nämlich erst zeigen. Als „rote Linie“ gilt die 38-Stunden-Woche bei der LSAP nämlich nicht. Da haben sich die Sozialisten drei andere Schwerpunkte ausgesucht. „Finger weg vom Index, niemand soll die Renten antasten und wir wollen den Mindestlohn zum 1. Januar 2019 um 100 Euro netto erhöhen“, sagte Vizepremier Etienne Schneider im Interview mit REPORTER. Und die Arbeitszeiten? „Verhandlungssache.“
LSAP schon jetzt kompromissbereit
Das Thema sei nicht so einfach, so Schneider weiter. Einerseits müsse mit anderen Parteien darüber gesprochen werden, andererseits mit dem Patronat. Einen Kompromissvorschlag liefert Schneider für mögliche Koalitionsverhandlungen auch gleich mit. „Wenn wir uns einigen können, dass wir die Arbeitszeit reduzieren, gleichzeitig aber Betriebe, die damit Schwierigkeiten haben, steuerlich entlasten. Dann hätten wir beide einen Teil von dem durchgesetzt, das wir erreichen wollten“, so Schneider.
Mit „wir beide“ meint Schneider übrigens LSAP und DP. Auf Nachfrage hin betont der Vizepremier aber, noch nicht mit der DP über diesen Vorschlag gesprochen zu haben. Ein ähnlicher Kompromiss könnte freilich auch für die CSV gelten, denn auch sie will die Betriebe steuerlich entlasten.
Wachstum als Allheilmittel
Warum überhaupt die Arbeitszeit verkürzen, wenn sie keine rote Linie ist? Die zunehmende Digitalisierung, Robotisierung und künstliche Intelligenz machen eine Verkürzung in Schneiders Augen möglich. Dadurch würde die Produktivität in den Betrieben weiter steigen und die Arbeitgeber könnten ihren Angestellten mehr Freizeit zugestehen, argumentiert Schneider.
Finanziert würden die neu geregelten Arbeitszeiten durch das weitere Wachstum: „Wachstum hat schließlich keinen Selbstzweck. Es soll die Lebensqualität und die Arbeitsbedingungen verbessern.“ Yves Cruchten von der LSAP sagt seinerseits im Gespräch mit REPORTER, dass es zwei Index-Tranchen benötige, um die 38-Stunden-Arbeitswochen finanzieren zu können. Die Arbeitszeitverkürzung der Sozialisten könnte man demnach auch als Lohnerhöhung durch die Hintertür auffassen.
Anpassung an neue Realitäten
Das Argument der Sozialisten: Eigentlich könnte sich Luxemburg eine solche Maßnahme leisten, ist doch das Großherzogtum laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) das produktivste Land der Welt. Deshalb sollen nun auch die Arbeitnehmer etwas von dieser Produktivität zurückbekommen, so das Credo.
Bis 1964 galt im Großherzogtum noch die 48-Stunden-Woche. Und es gab knapp halb so viele Urlaubstage für die Arbeitnehmer. Heute hat jeder Anspruch auf mindestens 25 Werktage bezahlten Urlaub. Die bis heute gültige Arbeitswoche von 40 Stunden wurde dann in zwei Schritten für Staatsbeamten (im Jahr 1971) und dann für alle Beschäftigten (1975) eingeführt.
Sind diese festgelegten Arbeitszeiten aber überhaupt noch zeitgemäß? Das Gesetz stammt aus einer Zeit, als es noch keine Handys oder Smartphones gab und die Entwicklung von Computern noch in den Kinderschuhen steckte. Es stammt aus einer Zeit, in der Arbeiten bedeutete, an einem bestimmten Ort anwesend zu sein. Die Flexibilität, wie wir sie heute kennen, war damals inexistent.
Arbeitgeber stellen sich taub
Genau dieser Realität wollen die Parteien Rechnung tragen. Am „wie“ scheiden sich aber noch die politischen Geister. Linke Parteien sind traditionell für eine Reduzierung der Arbeitsstunden, Mitte-rechts-Parteien sind dagegen, fordern dafür aber eine nicht weiter ausgeführte „Flexibilisierung“.

Die Debatte rund um die Arbeitszeitverkürzung wurde von den Sozialisten eingeleitet. Beim Neujahrsempfang der LSAP im Jahr 2017 hatte Vizepremier Etienne Schneider den Genossen angekündigt, man wolle die gesetzlich festgelegte „40-Stunden-Woche überdenken“. Schneider freute sich 2017 schon auf „flott an interessant Diskussiounen“ mit den Sozialpartnern.
Die waren damals von diesem Vorschlag aber alles andere als begeistert. Jean-Jacques Rommes, ehemaliger Generaldirektor der Union des Entreprises Luxembourgeoises (UEL) sagte, die Regierung dürfe „nicht das geringste Entgegenkommen“ erwarten. Die Diskussion flachte ab.
Déi Lénk, KPL und Piraten mit im Boot
Jetzt im Wahlkampf flammt sie wieder auf. Und zwar so intensiv wie lange nicht mehr. Von den vier großen Parteien ist es aber alleine die LSAP, die sich unmissverständlich für eine Verkürzung stark machen will.
Sie plädiert in ihrem Wahlprogramm klar für „eine Verkürzung der Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich, auf ein gesetzlich festgelegtes Maximum von 38 Stunden pro Woche“. Zusätzlich dazu verspricht sie, die Urlaubstage im Privatsektor an die des öffentlichen Dienstes anzupassen. Der Jahresurlaub soll „während einer Fünf-Jahresperiode jährlich um einen Tag verlängert werden“.
Die LSAP ist mit ihrem Wahlversprechen allerdings nicht alleine. Auch die kleineren Parteien vom linken Rand haben sich zur Arbeitszeitreduzierung positioniert.
Wie die LSAP wollen Déi Lénk eine sechste Urlaubswoche einführen. Und sie gehen noch weiter. Sie fordern außerdem eine schrittweise Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden bis 2030. Auch die KPL will eine „schrittweise Einführung der 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich“, die Piraten „eine Diskussion anstoßen“, um in den nächsten Jahren „die Arbeitszeiten pro Arbeitnehmer bei gleichbleibendem Gehalt schrittweise zu reduzieren“.
„Arbeitszeitvolumen bleibt unverändert“
Anders sieht es bei den restlichen Parteien aus. Eine Flexibilisierung? Ja. Eine Verkürzung? Nein. So die Devise von CSV, DP und ADR.
Die Parteien versprechen in ihren Wahlprogrammen durch flexiblere Arbeitszeiten mehr Zeit für Familie. Aber: „Wir wollen dabei keineswegs die traditionelle 40-Stunden-Woche abschaffen, sondern denjenigen Menschen mehr Flexibilität ermöglichen, die nicht an einem 9-bis-17-Uhr-Job interessiert sind.“ (DP) Und: „Das Arbeitszeitvolumen bleibt in seiner Gesamtheit unverändert.“ (CSV). Auch die ADR will nicht an der „40-Stunden-Woche rütteln“. Dafür will sie mehr Urlaubstage und einen gesetzlich festgelegten Rahmen für „Telearbeit“ bieten.
Der beste Vorschlag bringt nichts, wenn die Betriebe ihn nicht umsetzen können.“Christophe Knebeler, LCGB
Auffallend ist auch, dass nur die Grünen sich einer Debatte entziehen: Sie wollen laut Wahlprogramm lediglich „eine gesellschaftliche Diskussion anstoßen über eine allgemeine Verkürzung der Wochenarbeitszeit“. Auch wollen sie „die Arbeitszeit an die jeweiligen Lebens- und Familienumstände anpassen“. Wie das konkret aussehen und um wie viel Stunden die Arbeitszeit tatsächlich verkürzt werden soll, geht nicht aus dem Text hervor.
„Wir warten erst einmal den Koalitionsvertrag ab“
Weniger Arbeitsstunden bei gleichem Gehalt: Für den Arbeitnehmer hört sich das gut an. Doch nicht alle Akteure finden die Vorschläge einer Arbeitszeitreduzierung „flott“, um es mit Etienne Schneiders Worten auszudrücken.
Christophe Knebeler von der Gewerkschaft LCGB gibt sich eher zurückhaltend. „Der beste Vorschlag bringt nichts, wenn die Betriebe ihn nicht umsetzen können“, sagt er. „Wird die Arbeitszeit reduziert, muss trotzdem garantiert sein, dass der Betrieb funktionieren kann.“ Wie das funktionieren soll, müsse mit den unterschiedlichen Unternehmen und der Politik erst einmal geklärt werden.
Doch Knebeler sieht keine Eile für Gespräche. „Wir warten erst einmal den Koalitionsvertrag ab. Und auf Basis dessen, was darin festgehalten wird, gehen wir in die Diskussionsrunden.“
Ganz durchdacht ist die Idee der Arbeitszeitreduzierung für Knebeler nicht. „Im Spitalwesen stehen bereits jetzt die 38 Arbeitsstunden im Kollektivvertrag. Werden die dann auf 36 Stunden reduziert? Davon spricht bisher niemand.“
Claude Tremont, Fraktionssekretär der LSAP, sagt REPORTER, dass sich für den Spitalsektor wohl nichts ändern werde, weil die 38 Stunden bereits im Kollektivvertrag verankert seien. Die versprochene Steigerung der Urlaubstage werde laut Tremont vor allem diejenigen betreffen, die beim gesetzlichen Minimum liegen – und nicht die breite Masse.
Wachstum braucht Arbeitskräfte
Ähnlich wie Knebeler sieht es Jean-Paul Olinger, Direktor der UEL. Eine Flexibilisierung der Arbeitszeiten sei sinnvoll, „weil sich die Art, wie heute gearbeitet wird in bestimmten Bereichen geändert hat“.
Bei einer Arbeitszeitverkürzung erkennt er aber gleich mehrere Probleme. „Schon jetzt fehlt es in Luxemburg an qualifiziertem Personal. Werden die Stunden von 40 auf 38 verkürzt, muss zusätzliches Personal eingestellt werden. Und diese Arbeitskräfte sind schwer zu finden“, so Olinger. „Soll das Gehalt trotz weniger Arbeitsstunden auch noch gleichbleiben, steigen bei den Betrieben die Verkaufspreise und die Wettbewerbsfähigkeit wird dadurch natürlich zurückgehen.“
Olinger kritisiert auch, dass Parteien eine Arbeitszeitreduzierung aufgrund der Digitalisierung versprechen, obwohl die „sich erst noch durchsetzen muss“. Weniger arbeiten geht seiner Meinung nach ganz klar in die falsche Richtung. Man dürfe den Menschen die Wahl nicht nehmen, es gebe auch Arbeitnehmer, die sicherlich gerne mehr arbeiten würden, je nachdem in welcher Lage sie sich befänden.
Es besteht Klärungsbedarf zwischen den Akteuren. Doch vielleicht sorgt ein Blick auf die Nachbarn für mehr Klarheit. Die Diskussion wird nämlich beileibe nicht nur im Großherzogtum geführt. In manchen EU-Staaten wurde die Frage schon vor Jahren zum Thema, in anderen ist sie gerade Thema: EU-weit ist von Reduzierung und Flexibilisierung die Rede. Belgien etwa, will die gesetzliche Arbeitszeit von 38 auf 35 Wochenstunden reduzieren.
Luxemburg ist Mittelmaß
Auf europäischer Ebene gibt es klare Richtlinien dafür, wie viele Stunden pro Woche gearbeitet werden. Nicht mehr als 48 Wochenstunden dürfen es sein – inklusive Überstunden. Auch Ruhezeiten und Mindesturlaub legt die EU-Arbeitszeitrichtlinie fest. Sieht man sich die geleisteten Arbeitsstunden im europäischen Vergleich an, liegt Luxemburg im Mittelmaß. In Luxemburg wurden 2017 laut dem EU-Statistikamt Eurostat durchschnittlich 40,5 Wochenstunden geleistet. Damit liegt Luxemburg im EU Vergleich an 13. Stelle, und leicht über dem EU-Durchschnitt von 40.2 Stunden.

Dabei fällt auf, dass diese Zahlen nicht unbedingt die jeweiligen Gesetzgebungen widerspiegeln. Dänemark etwa führt die Tabelle mit 37,8 Stunden an. Dort gibt es aber kein generelles Gesetz, welches die Arbeitszeit regelt. Die Wochenstunden werden zumeist über Tarifverträge oder individuelle Arbeitsverträge festgelegt. Eine 37-Wochenstunde gilt gemeinhin als Richtwert.
In anderen Mitgliedsstaaten hingegen legt die Gesetzgebung bereits jetzt eine Wochenarbeitszeit von weniger als den gemeinhin akzeptierten 40 Stunden fest. Ein Beispiel ist der Nachbarstaat Frankreich, bei dem die Arbeitszeit bereits vor 20 Jahren per Gesetz verkürzt wurde.
Das Beispiel Frankreich
Dort war die hohe Arbeitslosenquote Anlass für eine Gesetzesanpassung. Mit den Aubry-Gesetzen von 1998 und 2000 wurde die Wochenarbeitszeit in Frankreich 1998 auf 35 Stunden die Woche herabgesetzt. Gleichzeitig wurden die Sozialabgaben verringert. „Das Ziel war es, den Arbeitsmarkt anzukurbeln, ohne die Wirtschaft zu belasten“, erinnert sich Frédéric Lerais, Direktor des französischen Instituts für Wirtschaft- und Sozialforschung IRES. Durch die Reduzierung der Sozialabgaben kann man den Arbeitgebern finanziell entgegenkommen. Die Löhne sollten nicht nach unten angepasst werden. Die Kosten für die Umstellung lagen demnach beim Staat.
Tatsächlich hat die Regelung, die seitdem mehrmals überarbeitet wurde, in einer ersten Phase für eine Dynamisierung des Arbeitsmarktes gesorgt, bestätigt der Ökonom im Gespräch mit REPORTER. Sieht man sich die Zahlen von Eurostat an, so lag die Arbeitslosenrate 1998 bei 10,8 Prozent. Drei Jahre später ging die Zahl auf rund 8,5 Prozent zurück. In der gleichen Zeit entstanden 320,000 neue Arbeitsplätze, wie aus einem Bericht von 2014 der französischen Abgeordneten Barbara Romagnan über die Auswirkung der 35-Stundenregelung hervorgeht.
Zweifel an der Wettbewerbsfähigkeit
Dennoch steht das französische Modell immer wieder in der Kritik. Der französische Präsident Nicolas Sarkozy etwa nannte die Aubry-Gesetzgebung eine der schlimmsten Entscheidungen für Frankreichs Wirtschaft. Das Argument: Die Gesetze würden die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit stark einschränken und Frankreich für ausländische Investoren unattraktiv machen.
Frédéric Lerais teilt diese Einschätzung nicht. Die Arbeitskosten seien die gleichen geblieben, die Produktivität habe ebenfalls nicht gelitten, so der Wirtschaftswissenschaftler. „Wieso sollte die Regelung also Investoren abschrecken?“, fragt der Ökonom. Er ergänzt, dass die Investments in einer ersten Phase sogar angestiegen seien, wie auch der Romagnan-Bericht bestätigt.
Durch die Intensivierung vergrößert sich eher das Risiko einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen.“Frédéric Lerais, IRES
Sieht man sich die Eurostat-Zahlen ein, scheint die 35-Stundenwoche jedoch eher eine Formalität zu sein. Im Schnitt arbeiteten die Franzosen 2017 39,1 Stunden die Woche – also faktisch nur 1,4 Stunden weniger als die Luxemburger.
Verfolge man die Debatten in Frankreich, so sei die 35-Stundenregelung vor allem dann ein Problem, wenn Unternehmen nicht bereit sind, zusätzliche Arbeitsstunden adäquat zu bezahlen, erklärt Lerais. „Es geht ums Finanzielle. Ist es preiswerter mehr Sozialabgaben zu zahlen als Überstunden, wünschen sich Unternehmen eine andere Regelung.“
Nur bei hoher Arbeitslosenrate sinnvoll
Auch die Produktivität habe unter den Aubry-Gesetzen nicht gelitten, betont Lerais. Die Arbeit habe sich vielmehr intensiviert. Die Arbeitnehmer müssen also in der verminderten Arbeitszeit mehr leisten. Daher ist eine Verringerung der Arbeitszeit für eine bessere „Work-Life Balance“ nicht unbedingt zielführend. „Durch die Intensivierung vergrößert sich eher das Risiko einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen“, so Lerais.
Für den Wirtschaftswissenschaftler ist die Regelung nur dann sinnvoll, wenn es um die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit geht. Ein Problem, das in Luxemburg weit weniger akut scheint als in anderen EU-Staaten.
Nur dann nämlich geht die Kosten-Nutzenrechnung auf, erklärt Lerais. In Frankreich hat die Reduzierung der Arbeitszeit einen Kostenpunkt von rund 12 Milliarden Euro im Jahr. Doch das ist nicht die ganze Rechnung, unterstreicht der Ökonom. Idee der Aubry-Gesetze war es nämlich, dass die anfallenden Ausgleichskosten des Staates durch das Wirtschaftswachstum und die geschaffenen Arbeitsplätze aufgefangen würden. Die Rechnung ging zum Teil auf, erklärt der Direktor des IRES. Mit den geschaffenen Arbeitsplätzen ging die Zahl der Arbeitslosengeld-Bezieher zurück, während die Zahl der Beitragszahlungen anstieg. So komme man eher auf eine Zahl von einer Milliarde Euro im Jahr, schätzt Lerais.
Die große Frage, was Luxemburg eigentlich will
Was passieren kann, wenn eine Reduzierung nicht an eine verstärkte Rekrutierung von Arbeitskräften gekoppelt ist, sieht man laut Frédéric Lerais in den französischen Krankenhäusern. „Hier musste das Personal auf einmal viel mehr leisten. Chronische Unterbesetzung und eine dramatische Verschlechterung der Arbeitsbedingungen sind die Folge.“
Die Reduzierung der Arbeitszeit berge demnach klare Risiken, unterstreicht der Wirtschaftsexperte „Geht es nicht um die Arbeitslosigkeit, so führt die Reduzierung in der Regel zu niedrigeren Löhnen oder zu einer Entschleunigung der Produktivität.“ Doch, warnt der ISER-Direktor, sei auch das letztlich Spekulation.
Das Modell Frankreich zeigt, dass sich Politiker, Sozialpartner und Unternehmerverbände in Luxemburg noch einige Fragen stellen müssen. Bevor sie eine Arbeitszeitverkürzung überhaupt planen können, müssen sie erst einmal gemeinsam klären, was Luxemburg eigentlich will. Mehr Wachstum? Mehr Produktivität? Oder doch mehr Freizeit?
Nicht zuletzt stellt sich aber die Frage, wie ernst der Vorschlag einer Arbeitszeitverkürzung überhaupt gemeint ist. Bedenkt man, wie viele „rote Linien“ Politiker bereits in der Vergangenheit überschritten haben, so sollte man bei der nicht einmal als solche bezeichneten LSAP-Forderung wohl nicht zu viel erwarten.