Dan Kersch droht mit seinem Rücktritt, falls sich Luxemburgs Regierung an einem Krieg gegen den Iran beteiligen sollte. Der Vorstoß des Arbeitsministers ist ein durchsichtiger politischer PR-Stunt, der außer ein wenig medialer Aufmerksamkeit nichts bewirken wird. Ein Kommentar.
„NEE, NEE an nach eng Kéier NEE zu engem Krich géint den Iran!“ Es ist sicher nicht das erste Mal, dass sich Dan Kersch auf Facebook echauffiert. In der Regel bleiben seine oft polemischen Gedanken aber dem überschaubaren Kreis seiner Follower in den sozialen Medien vorbehalten. Dieses Mal war es anders. Der Vorstoß des Ministers wurde prompt von mehreren Medien aufgegriffen. Ein erstes Ziel hat Kersch damit schon erreicht. Dabei wird es jedoch bleiben.
Dass sich Luxemburgs Arbeitsminister zu aktuellen politischen Themen äußert, ist kein Problem. Die Art und Weise, wie Kersch dabei vorgeht, aber schon. Das beginnt schon bei den ersten beiden Sätzen des Facebook-Post. „Bitte teilen! Facebook verweigert eine breitere Vermittlung wegen ‚politischem Inhalt'“, schreibt der LSAP-Politiker. Diese Einleitung kennt man sonst eher von fragwürdigen Polit-Aktivisten und Verschwörungstheoretikern. Dieser Ton zieht sich weiter durch den Post, in dem Kersch undifferenziert von einer vermeintlichen „Medienkampagne“ für einen Krieg im Iran schreibt.
Zwischen Hypothesen und Verschwörungen
Um was geht es überhaupt? Dan Kersch nimmt die aktuellen Spannungen zwischen den USA und dem Iran zum Anlass, um seine Opposition gegen jegliches militärisches Eingreifen zu untermauern. Das ist sein gutes Recht. Auch Minister dürfen eine eigene Meinung haben und diese zugespitzt nach außen tragen. Diese sollte dann aber stichhaltig und wohl begründet sein und nicht nur dem Zweck des persönlichen Marketing dienen.
Wenn es Dan Kersch mit seiner Friedenspolitik ernst wäre, dann hätte er schon heute genug Anlass, um zurückzutreten.“
Dabei ist bereits die Annahme, dass ein Krieg im Iran unmittelbar bevorstehe, ein rein hypothetischer Fall. Ähnliche Spannungen und Kriegsdrohungen gab es zwischen den USA und dem Iran in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder. Dan Kersch will unmissverständlich klar stellen, dass er gegen einen drohenden militärischen Konflikt ist. Letztlich trägt er mit seiner Stellungnahme aber selbst dazu bei, dass in der Bevölkerung Angst vor einem neuen Krieg im Nahen und Mittleren Osten geschürt wird.
Nicht nur hypothetisch, sondern geradezu höchst unwahrscheinlich ist dagegen die Prämisse, dass sich Luxemburg an einem solchen Krieg aktiv beteiligen könnte. Er wäge seine Worte gut ab, aber wenn die luxemburgische Regierung mehrheitlich eine andere Position einnehmen würde als er, würde dies für ihn „automatisch bedeuten, dass ich meine Funktionen niederlege“.
Was sich für manche Leser vielleicht wie ein starkes Statement aus persönlicher Überzeugung anhört, ist jedoch nur ein allzu durchsichtiger politischer Stunt. Was Kersch nämlich nicht sagt: Niemand innerhalb der Regierung steht auch nur ansatzweise im Verdacht, sich an einer militärischen Intervention im Iran (oder sonstwo) beteiligen zu wollen. Nicht Premierminister Xavier Bettel und auch nicht Außenminister Jean Asselborn oder Verteidigungsminister François Bausch, die in dieser Frage nebenbei bemerkt auch kompetenter sind als der in seiner Rolle wohl unterforderte Minister für Arbeit, Beschäftigung und Sport.
Dan Kersch könnte heute schon zurücktreten
Zudem erweckt der Minister den Eindruck, als ob es in der Sache nicht um Krieg und Frieden (und das Schicksal von Millionen Menschen) gehe, sondern vor allem um ihn persönlich. Den USA, dem Iran und der ganzen Welt wird es schließlich egal sein, ob Luxemburgs Arbeitsminister zurücktritt oder nicht. Von einem ernst- und gewissenhaften Politiker darf man erwarten, dass er alles in seiner Macht stehende versucht, um Konflikte zu verhindern und geopolitische Spannungen abzubauen. Kersch geht es dagegen vor allem um sein eigenes Image als anti-imperialistischer (Links-)Sozialist. Sein Vorstoß hilft letztlich niemandem weiter, der sich tatsächlich gegen einen Krieg im Iran oder sonstwo einsetzt.
Man darf davon ausgehen, dass dem erfahrenen LSAP-Politiker bekannt ist, dass Luxemburg in Sachen ‚logistische Hilfe‘ für globale militärische Operationen keine allzu weiße Weste hat.“
An anderer Stelle macht sich Kersch noch angreifbarer. „Das ist nicht unser Krieg (wie alle anderen auch), wir bezahlen nicht dafür und Luxemburg leistet auch in keiner Form logistische Hilfe“, schreibt der Minister. Man darf davon ausgehen, dass dem erfahrenen LSAP-Politiker bekannt ist, dass Luxemburg in Sachen „logistische Hilfe“ für globale militärische Operationen keine allzu weiße Weste hat. Durch das Satellitenprogramm der SES spielt Luxemburg etwa seit Jahren eine aktive Rolle im Drohnenkrieg der USA und der NATO. Die SES, an der der luxemburgische Staat ein Drittel der Anteile hält, streitet nicht ab, dass ihre Technologien etwa für gezielte Tötungen verwendet werden können.
Wenn es der Arbeitsminister also ernst meinen sollte mit seiner moralisch bedingten Anti-Krieg-Rhetorik, so braucht er sich nicht erst auf bewaffnete Konflikte zu beziehen, die es noch gar nicht gibt. Wenn er ein Exempel gegen Luxemburgs Beteiligung an militärischen Interventionen statuieren will, kann er das bereits heute tun. Wenn es Dan Kersch mit seiner Friedenspolitik ernst wäre, dann hätte er schon heute genug Anlass, um zurückzutreten.
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