Die CSV beschäftigt sich mit sich selbst und bestätigt damit ihre Kritiker. In der aktuellen Verfassung wird es für die CSV schwer werden, ihr verhasstes Schicksal als Oppositionspartei in den kommenden Jahren hinter sich zu lassen. Ein Kommentar.

Eigentlich könnte man die offene Austragung von Konflikten ja als Ausdruck der innerparteilichen Demokratie begrüßen. Besonders im Fall der CSV ist es auch nicht allzu überraschend, dass gerade jetzt ein Machtkampf ausbricht. Doch was die größte Partei des Landes derzeit aufführt, hat wenig mit einer offenen, produktiven Debattenkultur zu tun. Dafür stehen zu sehr persönliche Eitelkeiten und Ambitionen einzelner Akteure im Mittelpunkt.

Seit der unerwarteten Wahl von Frank Engel zum Parteichef rumort es in der CSV. Als sei der Frust über die erneute Wahlniederlage im Oktober nicht schon genug, brechen einige Christsoziale jetzt einen parteiinternen Kleinkrieg vom Zaun. In einem Interview mit „RTL Radio“ suchte Serge Wilmes jetzt die offene Konfrontation. Mehrmals ging der Politiker, der Engel bei der Wahl zum Vorsitzenden unterlegen war, seinen parteiinternen Konkurrenten frontal an.

Eitelkeiten vor Inhalten

Was dabei auffällt: Es geht nicht, noch nicht einmal ansatzweise um Inhalte oder die künftige politische Ausrichtung der Partei. Wilmes sprach in dem Interview zwar immer wieder davon, dass er die CSV gerne neu aufstellen und für breite Wählerschichten attraktiver gemacht hätte. Aber wie? Dazu gab er nicht den Hauch einer Antwort. Stattdessen trat er gegen den frisch gewählten Parteivorsitzenden nach, dem er im Stil eines schlechten Verlierers die Fähigkeit zu einer „intelligenten“ Oppositionspolitik absprach.

Diese CSV will sich zwar anscheinend erneuern, aber sie wirkt noch immer wie die ratlose, verkrampfte bis arrogante Partei, die 2013 von der Konkurrenz in die machtpolitische Wüste geschickt wurde.“

Dabei ist es nicht so, dass Frank Engel keine Angriffsfläche böte. Der auf dem Kongress Ende Januar nur knapp gewählte Parteichef ist in den eigenen Reihen durchaus umstritten. Der Europapolitiker polarisiert und hat sich mit seiner unsouveränen Reaktion auf die Enthüllung seines Nebenjobs gleich zu Beginn seiner Amtszeit einen ersten Bock geleistet. Und doch sollte man ihm eine Chance lassen. Ihm jetzt schon, einen Monat nach seiner Wahl, vorzuwerfen, dass „kein Projekt“ erkennbar sei, ist nur allzu wohlfeil.

Auch der Auftritt von Serge Wilmes bei RTL war nicht souverän. Man hätte erwarten können, dass er sich jetzt in den Dienst der Sache stellt und sich auf seine Arbeit als Abgeordneter und Schöffe in der Hauptstadt konzentriert. Ob bewusst oder nicht: Wilmes bestätigte das Vorurteil, das in seiner Partei über ihn herrscht, wonach er zwar gerne die eigenen Reihen kritisiert, selbst aber noch keine politisch-inhaltliche Bilanz vorzuweisen hat. Mit seinen persönlichen Attacken zu bester Sendezeit dürfte er seinen Konkurrenten längerfristig sogar noch gestärkt haben.

Neue Führung, alte Reflexe

Ein Parteichef, der schleunigst aus einem Verwaltungsrat austritt, obwohl er sich „nichts vorzuwerfen“ hat und eine Verschwörung gegen seine Person wittert. Ein unterlegener Kandidat auf den Parteivorsitz, der nicht den Ball, sondern den Mann spielt. Ein CSV-Generalsekretär, der sich bei erst bester Gelegenheit in Presseschelte übt: Diese CSV will sich zwar anscheinend erneuern, aber sie wirkt noch immer wie die ratlose, verkrampfte bis arrogante Partei, die 2013 von der Konkurrenz in die machtpolitische Wüste geschickt wurde.

Mit Martine Hansen ist aktuell nur eine Erwachsene an der Parteispitze zugegen, die sich auf ihre eigentliche Arbeit konzentriert und sich nicht in sinnlosen Personaldiskussionen aufreibt.“

Dabei betonen alle Beteiligten, dass es ihnen natürlich darum gehe, die CSV inhaltlich neu aufzustellen und mit einer dezidierten Oppositionspolitik wieder erfolgsfähig zu machen. Die Frage darf erlaubt sein: Worauf warten sie denn? Mit Fraktionschefin Martine Hansen ist aktuell indes nur eine Erwachsene an der Parteispitze zugegen, die sich auf ihre eigentliche Arbeit konzentriert und sich nicht in infantil anmutenden Personaldiskussionen aufreibt.

Oppositionspartei gesucht

Frank Engel sagte jüngst, dass sein Ziel sei, die CSV aus der Opposition zu führen und gegen die „neue Normalität“ einer Mehrheit ohne die CSV anzukämpfen. Bisher hat die CSV unter ihrem neuen Vorsitzenden allerdings wenig dafür getan, dass sie als Alternative zur Regierung an Attraktivität gewinnt. Im Gegenteil: In der aktuellen Verfassung wird sie den Eindruck, dass das Land auch ohne die einstige „ewige Regierungspartei“ in guten Händen ist, nur noch weiter verstärken.

Dabei braucht das Land die CSV, und sei es nur als starke, wirkliche Oppositionspartei. In den vergangenen fünf Jahren wurden die Christsozialen ihrer Verantwortung als Kontrollorgan der Regierung nur selten gerecht. Damit hat sie nicht nur sich selbst, sondern auch der Qualität der demokratischen Debatte geschadet. Das gilt es zu ändern. Sonst dürfen sich Engel, Eischen, Wilmes und Co. nicht wundern, dass die aktuelle Regierungsmehrheit angesichts der anhaltenden Schwäche der CSV heimlich auch schon über die Wahlen 2023 hinaus planen kann.


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