Die CSV will ihre Führung komplett erneuern und die jüngsten internen Kontroversen am liebsten hinter sich lassen. Doch das Gebaren ihres Ex-Vorsitzenden Frank Engel und der fahrlässige Umgang mit den Parteifinanzen wird die Christsozialen noch eine Weile beschäftigen.

Ruhe reinbringen, Geschlossenheit zeigen, lautet die offizielle Devise. Der designierte neue Parteivorsitzende Claude Wiseler tritt am kommenden Wochenende auf dem CSV-Kongress mit einem erneuerten Führungsteam an. Der Ex-Fraktionschef und Ex-Spitzenkandidat will aber vor allem eines: die Episode Frank Engel best- und schnellstmöglich vergessen machen.

Doch dafür ist es noch zu früh. Wenn die CSV-Delegierten am Samstag « virtuell » zusammenkommen, wird der Kern der sogenannten « Frëndeskrees-Affäre » nämlich noch nicht bewältigt sein. Die wegen der Vorfälle eingeleitete Voruntersuchung der Staatsanwaltschaft ist noch nicht abgeschlossen. Mehr noch: Das der Affäre zugrunde liegende Kernproblem – die Intransparenz und unkontrollierte Handhabung der Parteifinanzen – ist noch nicht behoben.

Da wäre etwa der Fakt, dass sich die Affäre um Frank Engel von der « CSV Frëndeskrees asbl » längst auf die Parteizentrale ausgeweitet hat. Wie « RTL » Anfang April berichtete, hat sich Engel nämlich nicht nur ein Gehalt von dem an die Partei angegliederten Verein ausbezahlt, sondern auch als Privatperson seine Sozialbeiträge aus der Parteikasse finanzieren lassen. Kurzum: Der scheidende Vorsitzende hat Parteigelder für private Zwecke genutzt, wie es auch der Rechnungshof in seinem jüngsten Bericht zur Parteienfinanzierung formal feststellte.

« Frëndeskrees »-Affäre noch nicht ausgestanden

Doch auch in Sachen « Freundeskreis » ist die Angelegenheit noch nicht ausgestanden. Wie Frank Engel selbst öffentlich erklärte, habe er sein Gehalt von rund 40.000 Euro mittlerweile zurückbezahlt. Für den geschassten Parteichef ist die Angelegenheit damit vielleicht erledigt. Doch in der CSV wird die Rückzahlung einerseits als Schuldeingeständnis angesehen. « Warum sollte er den Betrag zurückzahlen, wenn er doch angeblich nichts falsch gemacht hat », so die rhetorische Frage eines führenden CSV-Politikers, der anonym bleiben möchte.

Andererseits stellen sich durch diese Transaktion neue juristische Fragen. Denn im Falle der Vergütung des Parteichefs als « Chargé de mission » des « CSV Frëndeskrees » geht es nicht nur um das Netto-Gehalt, sondern auch um die Zahlung von Lohnsteuern und Sozialbeiträgen. Letztere wurden vom Verein – wie bei jedem regulären Arbeitsverhältnis – von Engels Gehalt zurückbehalten und an den Staat bzw. die Sozialversicherung bezahlt. Der ganze Brutto-Betrag lässt sich demnach nicht einfach so begleichen.

Es geht hier um Geld der Partei und damit von jedem einzelnen Mitglied und den Steuerzahlern. Das darf man nicht vergessen. »
Christophe Hansen, designierter CSV-Generalsekretär

Bisher standen bei der CSV-Freundeskreis-Affäre die Tatbestände Scheinbeschäftigung und Dokumentenfälschung im Raum. Deshalb haben Mitglieder des Vereins und der CSV-Fraktion die Angelegenheit bei der Staatsanwaltschaft angezeigt. Doch mit der Rückzahlung der im Arbeitsvertrag festgehaltenen Vergütung stellt sich laut Parteikreisen auch die Frage, ob damit womöglich gegen die geltende Sozialgesetzgebung verstoßen wurde.

Laut Artikel 451 des « Code de la sécurité sociale » drohen nämlich jeder Person, die « auf betrügerische Weise » Sozialleistungen bezieht, die ihr nicht zustehen, eine Geldstrafe in Höhe von 250 bis 15.000 Euro bzw. ein Monat bis fünf Jahre Haft. Die Argumentation von Teilen der Partei lautet: Spätestens mit der Rückzahlung seines Gehalts hat Frank Engel auch keinen Anspruch auf die dadurch bezogenen Sozialleistungen. Allein die Klärung dieser Situation dürfte die Gremien der Parteiführung noch eine Weile beschäftigen.

Strukturelle Intransparenz bei Parteifinanzen

Gleiches gilt für das Grundproblem, das durch die Affäre um Frank Engel offenlegt wurde: Die Intransparenz der Parteifinanzen der CSV. Der « CSV Frëndeskrees » ist selbst für viele Parteimitglieder ein Buch mit sieben Siegeln. Laut dem Handelsregister wurde die ASBL 1985 gegründet. Seit 1996 hat sie keine Geschäftsbilanzen mehr veröffentlicht. Die finanziellen Mittel des Vereins stammen aus Zahlungen, die die CSV dem „Frëndeskrees“ für die rund 3.000 Euro hohe Monatsmiete eines Büros in der Rue de l’eau in der Hauptstadt überweist.

Durch das Vorgehen von Frank Engel wurde deutlich: Ein kleiner Kreis kann über die im Verein gehorteten Gelder bestimmen. Das Phänomen trifft auch auf andere Parteien zu. Auch die LSAP unterhält einen « Freundeskreis », der sich um die Verwaltung der Immobilien der Partei kümmert. Und auch die DP hat mit dem « Centre d’Etudes Eugène Schaus », das etwa die Mehrheit der Anteile am « Lëtzebuerger Journal » hält, eine parteinahe Organisation, die außerhalb der üblichen Finanzkontrolle der Parteien funktioniert. Während die « Frëndeskrees vun der LSAP asbl » immerhin ihre Jahresabschlüsse beim Handelsregister veröffentlicht, ist über die Finanzen des « Centre d’Etudes Eugène Schaus » ebenso wenig bekannt wie im Fall des « CSV Frëndeskrees ».

Ein Unterschied ist jedoch: Die vom Rechnungshof dokumentierte Erstattung von Beiträgen, die Frank Engel als Privatperson in die Sozialversicherung einzahlte, verdeutlicht, dass sich das Problem bei der CSV bis in die Parteizentrale verlagert hat. Die intransparente und weitgehend unkontrollierte Verwendung von Parteigeldern, die nahezu ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen und Steuergeldern bestehen, war in den vergangenen zwei Jahren offenbar auch im CSV-Generalsekretariat üblich. Neben Frank Engel trägt dafür auch die erweiterte Partei- und Fraktionsführung der CSV einen Teil der Verantwortung.

Diversifizierung der politischen Verantwortung

Denn zur strukturellen Intransparenz gesellte sich in den vergangenen Monaten auch eine gehörige Portion Amateurismus. « Mangelnden Professionalismus » im Umgang mit den Parteifinanzen räumt etwa Christophe Hansen offen ein. « Frank Engel hat die Partei in eine unglückliche Situation gebracht, weil er unglückliche Entscheidungen getroffen hat », sagt der designierte neue Generalsekretär der CSV im Gespräch mit Reporter.lu. Hinzu komme aber ein gewisses « Vakuum » in der erweiterten Führung der Partei, das die jüngste Affäre überhaupt erst möglich gemacht habe. Konkret geht es etwa um die Rolle des « unerfahrenen » amtierenden Schatzmeisters der Partei, André Martins Dias.

Auch andere Stimmen in der Partei bemerken, dass sich zumindest zu wenige Personen für das Gebaren des Parteipräsidenten interessiert hätten. Allen voran sind dabei der frühere Generalsekretär Felix Eischen, der amtierende Schatzmeister André Martins Dias sowie die Vize-Präsidentinnen Elisabeth Margue und Stéphanie Weydert gemeint. Neben Frank Engel selbst saßen alle genannten Politiker und Politikerinnen im Vorstand des « CSV Frëndeskrees » und können sich einer gewissen Verantwortung für die Vorkommnisse demnach kaum entziehen. Außer dem Vereinsvorstand sind zudem eine Reihe von aktuellen CSV-Mandatsträgern Mitglieder des „CSV Frëndeskrees“, darunter Diane Adehm, Paul Galles, Léon Gloden, Martine Hansen, Octavie Modert und Gilles Roth.

Es gibt Prozeduren, an die sich in der Vergangenheit nicht immer gehalten wurde. Das darf nicht länger so sein. »
Stéphanie Weydert, Vize-Präsidentin der CSV

Stéphanie Weydert, die auch der neuen Parteiführung um den Vorsitzenden Claude Wiseler angehören soll, will sich zum Kern der CSV-Freundeskreis-Affäre auf Nachfrage nicht äußern. Die designierte Co-Generalsekretärin verweist dabei auf die laufende Voruntersuchung der Staatsanwaltschaft. Die Anwältin (Arendt&Medernach) und Erste Schöffin der Gemeinde Rosport-Mompach schließt sich jedoch der Forderung nach einer « Professionalisierung » der Parteiexekutive an.

« Es gibt Prozeduren, an die sich in der Vergangenheit nicht immer gehalten wurde. Das darf nicht länger so sein », sagt Stéphanie Weydert. Die neue Parteiführung stehe für « Transparenz und Integrität ». « Politik darf nicht den Eindruck erwecken, als ginge es um die Interessen eines Einzelnen. » Es gehe stets « um das Gemeinwohl », dafür müssten die CSV und alle ihre Vertreter künftig wieder einstehen.

« Frëndeskrees » bleibt bei Finanzaudit außen vor

Ein erster Schritt sei die Herstellung von mehr Transparenz im Umgang mit den eigenen Finanzen, ergänzt Christophe Hansen. « Es geht hier um Geld der Partei und damit von jedem einzelnen Mitglied und den Steuerzahlern. Das darf man nicht vergessen. » Ein erster Schritt ist ein externes Audit, das vom Parteivorstand in Auftrag gegeben wurde. Erste « vorläufige Ergebnisse » sollen bereits beim Parteikongress am kommenden Samstag den Delegierten vorgestellt werden, sagen sowohl Hansen als auch Weydert.

Allerdings betrifft dieses Audit nur die Finanzen des CSV-Generalsekretariats. Eine unabhängige Untersuchung der Buchführung des „CSV Frëndeskrees“ sei bisher nicht geplant, bestätigt Stéphanie Weydert im Gespräch mit Reporter.lu. Gleichzeitig betont sie, dass sich die CSV künftig verstärkt für eine Reform der Parteienfinanzierung einsetzen wolle, damit die Begleitvereine wie der „CSV Frëndeskrees“ irgendwann der Vergangenheit angehören sollen.

Gemeint ist damit also ebenjener Auftrag, für den Frank Engel vom „CSV Frëndeskrees“ als « Chargé de mission » eingestellt worden war. Angesichts all jener Fragen, die durch die rezente Affäre aufgeworfen wurden, dürfte es jedoch nicht das einzige parteiinterne Paradox sein, das die christlich-soziale Familie in den kommenden Tagen und Wochen noch beschäftigen wird.


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