In unmittelbarer Nähe zu Luxemburg hat der Untergang der Kohle- und Stahl-Industrie in Lothringen zahllose Industriebrachen zurückgelassen. Die verantwortlichen Unternehmen gehen damit zum Teil fahrlässig um. Die Probleme für die Umwelt und die Gesundheit der Anwohner sind vielfältig.
Die Affäre um den Großbrand auf dem Gelände der Chemiefabrik Lubrizol im nordfranzösischen Rouen hat die Debatte um die Sicherheit französischer Industrieanlagen neu entfacht. In Frankreich gehört Grand-Est zu den Regionen mit der höchsten Dichte an sogenannten Seveso-Anlagen.
Rund die Hälfte der ostfranzösischen Betriebe der höchsten Gefährdungsstufe befinden sich im grenznahen Departement Moselle. Auch die Zahl der verseuchten Böden ist hier überproportional groß, genau wie die Zahl illegaler Mülldeponien. In der Serie „Schmutzige Nachbarschaft“ wird sich REPORTER dieser Problematik in den kommenden Wochen verstärkt widmen.
Von der einst stolzen Industrie-Region Lothringen sind nur einige wenige Großkonzerne geblieben, die wiederholt geltendes Umweltrecht missachten und teils fahrlässig die Gesundheit ihrer Mitarbeiter aufs Spiel setzen. Insbesondere der Konzern ArcelorMittal, der in Florange die traditionsreichen Stahl-Hochöfen weiter betreibt, fiel zuletzt immer wieder durch Umweltvergehen und schwere Unfälle auf.
Andauernde Verstöße gegen Umweltauflagen
Auch die Chemieplattform in St. Avold unter Führung von „Total Petrochemicals France“ gerät regelmäßig in die Kritik. 2009 starben dort zwei Mitarbeiter der Firma Total bei einer Explosion. Jahre später wurden die Verantwortlichen wegen „unentschuldbaren Fehlverhalten“ zu Haft- und Geldstrafen verurteilt. Recherchen von REPORTER zeigen: Noch heute verstoßen manche Unternehmen der Chemie-Plattform teils massiv gegen Umwelt- und Sicherheitsauflagen.
Ähnliche Probleme gibt es auch in Straßburg, der ostfranzösischen Großstadt mit den meisten Anlagen, denen ein erhöhtes Risiko für Industrieunfälle attestiert wird. Zuletzt gab es dort immer wieder Explosionen und Brände, teils mit vielen Verletzten.
Vor allem die Unternehmen des „Port autonome de Strasbourg“ gerieten dabei in die Schlagzeilen. Kürzlich kam heraus, dass Kontrolleure vergebens vor Unfall-Risiken auf dem Rheinhafen-Gelände gewarnt hatten. Wenige Tage nach dem Lubrizol-Brand verlangte der Straßburger Bürgermeister Roland Ries nun ein klärendes Gespräch mit den Betreibern und den staatlichen Akteuren. Viele Bürger sorgten sich um die Sicherheit der Anlagen, so Ries in einem offenen Brief.
Doch auch das industrielle Erbe Ostfrankreichs bereitet weiter Sorgen. Dutzende verwaiste Industriebrachen prägen die Landschaft. Einige von ihnen liegen mitten in Wohnsiedlungen. In einem bisher unbekannten Fall lösten übermütige Jugendliche auf einem solchen Gelände einen toxischen Brand aus, in zwei anderen gab es Havarien in nahe Bachläufe, einer davon mit Fließrichtung Luxemburg. Hier lesen Sie mehr dazu: Die schlummernden Gefahren der Grenzregion.
Mehr Stories aus unserem Dossier „Schmutzige Nachbarschaft“ folgen in Kürze.
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