Ein wenig bekannter Vertrag hängt wie ein Damoklesschwert über der EU-Klimapolitik. Bei einem Webinar zeigte sich Energieminister Claude Turmes überzeugt, dass eine Reform des Abkommens dieses Jahr möglich sein wird. Vertreter von NGOs waren dagegen skeptisch.
Der Energiecharta-Vertrag (ECT) führe dazu, dass Staaten Klimaschutzmaßnahmen verzögern und diese auch teurer werden, warnte Pia Eberhardt vom „Corporate Europe Observatory“ am Donnerstag. Dieses Abkommen ermögliche es Konzernen, vor Schiedsgerichten Staaten auf Millionen oder Milliarden Euro Schadensersatz zu verklagen, so die Expertin anlässlich eines Webinars, organisiert von der NGO Astm. Die Niederlande hätten etwa aus Angst vor Klagen den Kohleausstieg auf 2030 verlegt. Trotzdem klagt nun der deutsche Energiekonzern RWE gegen diese Maßnahme.
„Verträge wie das ECT schützen den Status quo. Dabei erfordert der Ausstieg aus fossilen Energien massive Eingriffe in Eigentumsrechte“, erklärte Pia Eberhardt. Die Entscheidungen würden demokratisch beschlossen, doch die privaten Schiedsgerichte würden weder diese Beschlüsse, noch nationale Verfassungen oder EU-Recht beachten. Sie würden sich alleine auf den ECT-Vertrag basieren.
Energieminister Claude Turmes (Déi Gréng) teilt die Einschätzung der Klimaschützer. „In Kontakten mit NGOs wurde mir Ende 2018 klar, dass der ECT-Vertrag diametral dem Pariser Klimaabkommen entgegensteht“, sagte er anlässlich des Webinars. Er habe das Thema auf die Agenda der EU-Energieminister gebracht. „Dieser Vertrag war unter dem Radar der Öffentlichkeit“, betonte Claude Turmes.
EU-Kompromiss für Reform
In Zusammenarbeit mit „Investigate Europe“ hatte Reporter.lu im Februar über die Problematik des ECT-Vertrags berichtet. Die EU-Staaten hatten sich kurz zuvor auf ein Verhandlungsmandat geeinigt, um das Abkommen grundlegend zu reformieren. Den ECT-Vertrag haben 55 Staaten unterschrieben, doch die EU stemmt zwei Drittel des Budgets des zugehörigen Sekretariats.
Bereits Mitglied? Jetzt einloggen!Weitreichende Änderungen an diesem Vertrag sind völlig unrealistisch.“Pia Eberhardt, Corporate Europe Observatory