Wie viel Geld verlor der Luxemburger Staat durch dubiose Aktiendeals? Auf diese Frage erhielten die Abgeordneten am Freitag keine Antwort. Die Justiz führe Ermittlungen in mehreren Fällen, sagt der Finanzminister. Die CSV klagt über mangelnde Transparenz der Regierung.
Belgien verlor durch Cum-Ex-Geschäfte 208 Millionen Euro, Deutschland 32 Milliarden, Frankreich mindestens 17 Milliarden und Dänemark 1,7 Milliarden. Doch was Luxemburg angeht, steht nur ein großes Fragezeichen.
„Wenn die Steuerverwaltung Cum-Ex-Operationen entdeckt, dann meldet sie diese systematisch an die Staatsanwaltschaft“, erklärte Finanzminister Pierre Gramegna (DP). Das sei in mehreren Fällen passiert, denn es gehe dabei um Steuerhinterziehung oder Steuerbetrug. Jetzt sei es an der Justiz, ihre Arbeit zu machen.
Es gibt also mehr als einen Fall. Der einzige Anhaltspunkt bisher: Laut Recherchen von REPORTER ergatterte der Brite Sanjay Shah 10 Millionen Euro vom Luxemburger Staat mittels drei hierzulande angesiedelten Briefkastenfirmen.
„Um das Volumen des Betrugs zu kennen, muss man warten, bis die Gerichtsprozesse stattfinden und alle Beweismittel vorliegen“, so der Minister am Rande einer Sitzung der Finanz- und Budgetkommission des Parlaments. Sowohl das Steuergeheimnis als auch die Geheimhaltung bei Ermittlungen würden es ihm nicht erlauben, mehr zu sagen.
Existenz von Rulings muss aufgeklärt werden
Doch dieses Argument lässt die Opposition nicht gelten. „Der Finanzminister versteckt sich hinter der Geheimhaltung und dem Steuergeheimnis“, kritisierte der CSV-Abgeordnete Laurent Mosar. Er fühle sich an das Dossier der „versteckten“ Datenbanken von Polizei und Justiz erinnert. Die Regierung verweigere Aufklärung.
Denn es gehe auch um den schwerwiegenden Vorwurf, dass die Steuerverwaltung Cum-Ex-Geschäfte mit einem Ruling abgesegnet habe. Darauf gebe es keine Antwort.
Wer Geld erhält, das ihm nicht zusteht, dann muss er es zurückzahlen.“Laurent Mosar (CSV)
Tatsächlich sagen sowohl Sanjay Shah als auch die an den Luxemburger Geschäften beteiligte Bank Macquarie, dass eine Vorabentscheidung der Steuerverwaltung vorgelegen habe und die Deals deshalb legal gewesen seien. REPORTER hatte über diesen Sachverhalt im Januar exklusiv berichtet. Insider bestätigten, dass bei ähnlichen Transaktionen, die Steuervermeidung zum Zweck haben, Rulings durchaus üblich waren.
„Steuerverwaltung arbeitet zu langsam“
Zudem zeige das Finanzministerium keine Bemühungen sich die verlorenen Steuergelder zurückzuholen, kritisiert Laurent Mosar. „Die Steuerverwaltung arbeitet zu langsam“, sagt er. Die Steuerdirektorin Pascale Toussing konnte oder wollte den Abgeordneten nicht sagen, welche Schritte eingeleitet wurden, um an die Gelder zu kommen.
Der CSV-Abgeordnete verwies auf die Anstrengungen der dänischen Regierung, um auf zivilrechtlichem Weg gegen die Betrüger vorzugehen. „Wer Geld erhält, das ihm nicht zusteht, dann muss er es zurückzahlen“, betont der Oppositionspolitiker.
Ich wünsche mir eine bessere internationale Zusammenarbeit, damit wir Informationen zwischen Staaten austauschen können.“Finanzminister Pierre Gramegna
Genau das passiert im Ausland. Im Mai schloss die dänische Steuerverwaltung eine Übereinkunft mit einem Teil der Beschuldigten ab. Dadurch erhält Dänemark über 200 Millionen Euro zurück, verzichtet allerdings zum Teil auf strafrechtliche Verfolgung. Dieser geheime Deal wurde vergangene Woche durch eine Recherche von dänischen, deutschen und belgischen Medien aufgedeckt. Eine der beteiligten Banken wird außerdem verkauft und die Erlöse gehen an Dänemark und Deutschland, berichtete die „Süddeutsche Zeitung“.
Finanzminister fordert mehr Informationsaustausch
Das Problem sei, dass es sich um internationale Transaktionen handele und es der Steuerverwaltung schwerfalle, Cum-Ex-Deals zu entdecken, sagte der LSAP-Abgeordnete Franz Fayot. Er kritisierte dagegen die CSV, die in ihrer Regierungszeit der Verwaltung nie die nötigen Mittel gegeben habe, solche Betrugsfälle zu bearbeiten. Erst unter der Dreierkoalition habe sich dies geändert.
„Ich wünsche mir eine bessere internationale Zusammenarbeit, damit wir Informationen zwischen Staaten austauschen können. Bisher gibt es dafür keine rechtliche Basis“, betonte Finanzminister Pierre Gramegna. Die EU-Kommission arbeite bereits an einem entsprechenden Vorschlag.
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