Parallel zum politischen Aufstieg der AfD haben in Deutschland rechtsgerichtete Medien deutlich an Lesern gewonnen. Doch die Macher dieser Publikationen wollen nicht als homogene Bewegung verstanden werden. Ein Ausflug an die Grenzen der politischen Korrektheit. 

Mitten im Gespräch mit Dieter Stein klopft es an der Tür. Im Türrahmen erscheint ein Besucher, der mittlerweile zur nationalen Politprominenz in Deutschland gehört: Jörg Meuthen, der Vorsitzende der rechtsnationalen AfD. Er grüßt freundlich, und wird dann von einer Sekretärin in ein Nebenzimmer begleitet. „Wir sind zu einem Gespräch verabredet,“ bemerkt der Chefredakteur der „Jungen Freiheit“ beiläufig und schenkt Kaffee aus.

Steins Wochenzeitung versteht sich als intellektuelles Sprachrohr der politischen Kräfte rechts der CDU. Doch der Chefredakteur hebt die professionelle Distanz hervor: „Wir sind auf gar keinen Fall ein Parteiblatt, aber wir wollen die Entwicklung der AfD kritisch wohlwollend begleiten.“ Dieter Stein ist ein nachdenklicher Mensch, der seine Wörter mit Bedacht wählt, besonders während das Diktiergerät des Interviewers mitschneidet.

„Kritisch wohlwollende Begleitung“ der AfD

Die Redaktion seiner Zeitung war bis vor Kurzem kein Ort an dem man Spitzenpolitikern begegnend wäre. Die „Junge Freiheit“ wurde 1986 vom heutigen Chefredakteur als Schülerzeitung gegründet, und galt dann lange als marginale Publikation, die mit einer geringen Auflage um ihr finanzielles Überleben rang. Doch seit der Gründung der AfD bildet sich eine politische Klasse, die bewusst die Nähe zu Steins Zeitung sucht.

Die geräumige Redaktionsetage mitten im gutbürgerlichen Berliner Stadtteil Wilmersdorf zeugt davon, dass das rechtskonservative Blatt mittlerweile auch wirtschaftlich auf soliden Füßen steht. 45 festangestellte Mitarbeiter produzieren hier jede Woche eine Zeitung, die deutschlandweit fast 30.000 Exemplare verkauft. Die Zahlen der „Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern“ (IVW), zeigen dass die Verkaufszahlen sich in den letzten zehn Jahren annähernd verdoppelt haben.

Unser Zielpublikum sind politisch aktive Meinungsführer, die mit dem klassischen Angebot an Medien in Deutschland unzufrieden sind. Roland Tichy, Journalist „Tichys Einblick“

Die „Junge Freiheit“ ist in dieser Hinsicht kein Einzelfall: Auch andere Publikationen, die den politischen Aufstieg der AfD begrüßen, verzeichnen wachsende Leserzahlen. Der islamfeindliche Blog „PI-News.net“ – „PI“, steht für „politically incorrect“ – verspricht Werbekunden, zum Beispiel, eine Reichweite von „täglich bis zu 120.000 User“. Überprüfte Daten gibt es nicht, da „PI-News“ nicht von der IVW erfasst wird, Angaben des kommerziellen Webdienstes SimilarWeb deuten aber drauf hin, dass die angegebene Reichweite nicht übertrieben ist.

Wer aber erfahren will, ob auch „PI-News“ eine eigene Redaktion betreibt, die Gewinne einfährt, und sich ab und zu mit AfD-Politikern verabredet, stößt schnell an Grenzen. Ein Impressum mit Angaben über die Betreiber der Seite sucht man vergeblich. Die Macher des Blogs können ausschließlich online per Kontaktformular angeschrieben werden. Unsere Anfrage wird von Michael Stürzenberger beantwortet, der sich als „freier Autor für PI“ bezeichnet. Er ist bereit, per Telefon Auskunft zu geben.

Anonyme rechte Blogs im Aufwind

Stürzenberger redet viel und schnell, und schwenkt immer wieder ungefragt auf den Islam, den er als „Gewaltideologie“ bezeichnet, die sich auf der ganzen Welt ausbreite. Wenn man ihn zu seiner Tätigkeit für „PI-News“ befragt, ist seine Geduld jedoch begrenzt. Der Weblog gründe auf „einer ganz simplen Struktur“, so Stürzenberger. Als ehrenamtlicher Autor schicke er seine Beiträge an eine E-Mail-Adresse. Wer die Artikel publiziere, wisse er auch nicht. Auf Nachfragen über andere Autoren und die Finanzierung der Seite will Stürzenberger nicht antworten: „Wenn es Ihnen einfach nur darum geht, wer hier mit wem zusammenarbeitet, dann können wir es gleich lassen.“

Simone Rafael kennt die Verschleierungstaktik von Webseiten wie „PI-News“. Solche Medien würden öfters „aus einer verborgenen Position heraus“ agieren, so die Chefredakteurin von „Belltower.News“. Die Online-Plattform wird betrieben von der Antonio-Amadeu-Stiftung, die sich gegen Rechtsextremismus einsetzt, und versteht sich als Watchdog für rechte Medien.

Rafael beobachtet die Szene seit Jahren. Sie sagt, dass über Autoren und Betreiber von rechten Webportalen oft wenig in Erfahrung zu bringen sei, „weil jenen, die dort Inhalte reinstellen schon klar ist, dass Sie Dinge publizieren, die nicht immer im Einklang mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung sind.“ So wird PI-Autor Michael Stürzenberger vom bayrischen Verfassungschutz als „die zentrale Figur der verfassungsschutzrelevanten islamfeindlichen Szene in Bayern“ beschrieben. Den Weblog „PI-News“ nutze er als „propagandistische Plattform“.

Rechts ist längst nicht gleich rechts

Printmedien, wie die „Junge Freiheit“ oder das Monatsmagazin „Tichys Einblick“, seien dagegen „anders aufgestellt,“ sagt Rafael. Diese Publikationen würden zwar auch ein „ideologisch gefärbtes Weltbild“ verbreiten, sie würden sich allerdings im „journalistischen Rahmen, und vor allem auch im rechtlich meist unantastbaren Rahmen“ bewegen.

Dieser Darstellung würde Dieter Stein wohl nicht grundlegend widersprechen. Sein Blick wandert rüber zum Diktiergerät, wenn man ihn fragt was er von „PI-News“ hält. Er überlegt kurz, und sagt er ärgere sich auch öfters, über „sehr polemische Meinungsbeiträge“, die nur wegen der Überschrift in den sozialen Medien geteilt werden. Dann ergänzt er, was „PI-News“ mache sei „legitim“ und habe nur Erfolg, weil „etablierte Medien Dinge unter den Tisch fallen lassen“. So werde etwa über Ausländerkriminalität oder „bestimmte Demonstrationen“ praktisch überhaupt nicht berichtet.

Auch die „Junge Freiheit“ und „Tichys Einblick“ verstehen sich letztlich als Medien, die Themen aufgreifen, die andere vorgeblich verschweigen. Roland Tichy unterstreicht am Telefon stolz, dass seine Webseite im Februar erstmals 1 Million Besucher erreicht habe, und liege damit vor der „Wirtschaftswoche“ und der „Frankfurter Rundschau“. Seit 2014 betreibt der frühere Chefredakteur der „Wirtschaftswoche“ sein Portal, und gibt mittlerweile auch ein gleichnamiges Monatsmagazin heraus.

„Scharnierfunktion“ des Rechtspopulismus

Für Simone Rafael erfüllen solche Publikationen eine „Scharnierfunktion“, sie würden selbst nicht zu Gewalt und „anti-demokratischem Verhalten“ aufrufen: „Sie geben aber Argumente, Stichworte und Themen vor. Und zwar nicht nur für andere Rechtskonservative oder rechtspopulistische Leserinnen und Leser, sondern durchaus auch für Rechtsextreme.“

Ähnlich wie die Junge Freiheit, strebt „Tichys Einblick“ ein gebildetes Publikum an: „Unser Zielpublikum sind politisch aktive Meinungsführer, die mit dem klassischen Angebot an Medien in Deutschland unzufrieden sind.“ Darunter seien „viele Journalisten“ und auch Leute „aus dem Umkreis von CDU, CSU, FDP und sicherlich auch von der AfD.“ Tichy unterstreicht, er wolle „nicht mit Rechtsradikalen in Verbindung gebracht werden,“ da seine Plattform ein eigenes „liberal-konservatives Profil“ entwickelt habe. Die Frage, welche Medien er als „rechtsradikal“ beschreiben würde, beantwortet Tichy prompt. Zitiert werden will er mit dieser Aussage aber nicht.