Der Schweizer Versicherer Swiss Life muss in den USA eine Strafe von 77 Millionen US-Dollar zahlen. Die Tochtergesellschaften in Luxemburg, Liechtenstein und Singapur halfen US-Kunden, insgesamt 1,45 Milliarden US-Dollar vor den Behörden zu verstecken.
Offshore-Bankkonten verpackt in Lebensversicherungen und damit für die Steuerbehörde unsichtbar: Das sind sogenannte „insurance wrappers“. Dieses Produkt vertrieb der Schweizer Versicherungskonzern „Swiss Life“ an Tausende US-Bürger. Die Manager wussten oder hätten wissen müssen, dass ihre Kunden diese Vermögenswerte nicht gegenüber der Steuerbehörde IRS deklarierten, wirft das US-Justizministerium dem Unternehmen vor. Swiss Life gestand in einer Einigung die Vorwürfe und verpflichtete sich zur Zahlung von 77,3 Millionen US-Dollar. Swiss Life Luxembourg SA gehört zu den Tochtergesellschaften, die Gegenstand des Verfahrens waren.
Mithilfe von über 1.600 Lebensversicherungsverträgen (Private Placement Life Insurance, PPLI) seien 1,45 Milliarden US-Dollar vor der Steuerbehörde versteckt worden, heißt es weiter. „Swiss wird verantwortlich gemacht für die Schaffung und Vermarktung von speziellen Versicherungspolicen an US-Steuerhinterzieher, die nach neuen Möglichkeiten suchten, ihr Offshore-Vermögen zu verstecken“, sagte ein hoher Beamter des US-Justizministeriums am vergangenen Freitag. Es geht um den Zeitraum von 2005 bis 2014.
„Neue Marktlücke“
Die US-Behörden werfen Swiss Life vor, bewusst die Vermarktung dieser Produkte forciert zu haben, als Schweizer Banken ihre Beziehung zu US-Kunden wegen des Risikos der Steuerhinterziehung neu bewertet hätten. Als Beleg zitiert der zuständige US-Staatsanwalt aus einem Sitzungsprotokoll des Managements von Swiss Life Luxembourg von Juli 2008: US-Bürger seien eine „neue Marktlücke“. Das Problem sei aber, Depotbanken zu finden, die solche Konten akzeptieren würden. Das Konto würde im Namen von Swiss Life Luxembourg laufen, aber wirtschaftlicher Berechtigter („beneficial owner“) sei der US-Kunde, zitiert der Staatsanwalt aus dem Protokoll.
2008 setzte die US-Justiz die Schweizer Bank UBS massiv unter Druck und verhaftete mehrere Manager. 2009 erzwangen die USA die Preisgabe der Namen von zehntausenden UBS-Kunden – es war faktisch das Ende des Schweizer Bankgeheimnisses. Diesen Umbruch nutzte Swiss Life aktiv zum eigenen Nutzen aus, so der Vorwurf. 2009 erreichte das Geschäft mit den „insurance wrappers“ den Höhepunkt.
CSSF warnt vor „insurance wrappers“
Swiss Life Luxembourg bot dieses Produkt nicht direkt an, verkaufte aber die Angebote von Swiss Life Liechtenstein und Swiss Life Singapur, so die US-Behörden weiter. Bei den in den Lebensversicherungen „eingepackten“ Vermögenswerten ging es auch um Konten bei Luxemburger Banken, ließ der US-Staatsanwalt verlauten. Details dazu nannte er nicht.
Die Praxis, Kontoinhaber hinter Lebensversicherungen zu verstecken, besteht aber hierzulande weiter. Die Finanzaufsicht CSSF warnte im Dezember 2019 in ihrer Risikoanalyse zum „Private banking“, dass „insurance wrappers“ ein besonderes Geldwäscherisiko darstellen würden – unter anderem wegen der Möglichkeit zur Steuerhinterziehung. Privatbanken hätten durch diese Gestaltung keine volle Sicht auf den wahren Eigentümer eines Kontos, so die Einschätzung der Kontrollbehörde des Finanzsektors. Auch die nationale Risikoanalyse zu Geldwäsche des Justizministeriums sieht „insurance wrappers“ als Produkte mit „höherem Risiko“.
Die Ermittlungen gegen Swiss Life waren seit 2017 bekannt. Allerdings nutzte das US-Justizministerium erst jetzt die Gelegenheit, um eine Warnung auszusprechen: „Finanzakteure in den USA und im Ausland – und die Steuerzahler die ihre Dienste in Anspruch nehmen – sollen wissen, dass wir weiter solche Schemata identifizieren und demaskieren werden.“