Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Piraten wollen die Weltherrschaft und endlich Hoffnung in Sicht.

Was ein bedeutungsloser Ex-CSV-Minister kann, kann ein bedeutungsloser Ex-DP-Minister schon lange: Das dachte sich wohl Henri Grethen, als er vor ein paar Wochen unglücklich auf einer Impfnadel ausrutschte.

Obwohl: „Sorry, aus Versehen“ trifft es auch in diesem Fall nicht wirklich. Wie der Grand Homme der Liberalen nämlich im Interview mit dem „Tageblatt“ klarmachte, gibt es keinen Grund zu künstlicher medialer Aufregung. Lieber er, als irgendwelche „Clowns“ sollten geimpft werden, echauffierte sich der wohltätige Ex-Wirtschaftsminister. „Da frage ich mich: Was ist denn jetzt wichtiger, den Clown zu spielen oder Präsident der ,Hospices civils‘ zu sein?“

Für alle, die dieser Witz über die gemeinnützige Initiative „Ile aux clowns“ noch nicht vom Hocker gerissen hat, wartete der Tausendsassa der DP mit extrem stichhaltigen Argumenten auf: Er brauche die Impfung, um regelmäßig präsent zu sein und Dokumente zu unterschreiben, hieß es vom Präsidenten der „Hospices Civils“ der Hauptstadt bei „Radio 100,7“.

Und in der Tat: Um Briefe zu unterschreiben, gibt es im Jahr 2021 wirklich keinerlei andere Lösung, als in einem Pflegeheim physisch präsent zu sein. Das anschließende Statement der „Hospices Civils“, in dem man sich dann doch irgendwie für die Affäre Grethen entschuldigte, wurde den Medien des Landes übrigens, wie es sich gehört, per Postkutsche zugestellt.

Loulou hat noch lange nicht fertig

Mit etwas Verspätung schwenkte Grethen am Samstag dann doch noch auf „Sorry, war nicht so gemeint“ um. Puh, das war knapp… Dass man sich für das Vordrängeln beim Impfen entschuldigen soll, kann Jean-Louis Schiltz dagegen noch immer nicht nachvollziehen. Da opfert man doch lieber seinen Generaldirektor. Der habe ihn zum Impfen gedrängt, verteidigte er sich laut dem „Luxemburger Wort“ jüngst im Verwaltungsrat. War diese Woche nicht der Tag der missverstandenen, doch überaus genialen Männer?

Schiltz hatte aber bereits den perfekten Plan, um sich vom Buhmann zum Liebling der Nation zu machen: 100.000 Pfizer-Impfdosen kaufen und all seine Kumpels aus diversen Verwaltungsräten (und deren Frauen) durchimpfen. Für den Mann, der 2018 immerhin Platz 5 der „Paperjam 100“ erreichte, ist das ein Klacks. Paulette Lenert wunderte sich: „Geht das überhaupt auf legalem Weg?“ Wir finden: Nun habt euch nicht so!

Nach dem Motto: Legal, illegal, scheißegal. Schnell „buy vaccine Pfizer at any price“ googeln, kurz mit dem netten Vertreter der super-seriösen chinesischen Firma plaudern, das Geld überweisen und das Ding ist geritzt. Das hatte ja bereits mit den FFP2-Masken super geklappt. Zur Not kann man einfach wieder eine ultra-professionelle Pressekonferenz einberufen, auf der man all den Nichtsnutzen mal wieder erklärt, warum de Papp der geilste ist. #Can’tWait

Sputnik V for the win!

Außer bei systemrelevanten Has-Beens der politischen Szene läuft die Impfkampagne aber immer noch sehr gemächlich. Wenn es nach der Regierung geht, liegt das aber einzig und allein an den Lieferengpässen – und damit, na klar, an der EU. Auch wir wissen: Ursula wars. Sonst niemand. Xavier und Paulette machen bekanntlich keine Fehler. Mit mangelnder Vorbereitung und konstanter Überforderung der einheimischen Verwaltungen hat es definitiv nichts zu tun. Da hilft nur abwarten und Desinfektionsmittel trinken.

Die wahre Hoffnung liegt aber wie so oft etwas weiter weg, als man bisher dachte. Wie das „Tageblatt“ diese Woche berichtete, hat Xavier Bettel mit Russlands Präsident Wladimir Putin telefoniert und sich über die Verfügbarkeit des besten Impfstoffes jenseits des Urals, „Sputnik V“, erkundigt.

From Russia with love

Wir können unsere Begeisterung kaum noch bremsen. Und stellen uns schon vor, wie die russischen Vakzinationsbomber per Luftbrücke am Findel eintreffen und am Runway von Mittelsmann Etienne Schneider begrüßt werden. Sogar die Militärmusik könnte sich kurz von ihren kräftezehrenden Einsätzen beim Contact Tracing und in den Impfzentren freimachen und ein kleines Dankeschön-Ständchen an die Helfer in der Not anstimmen. #Bol’shoyeSpasibo

Für alle, die sich jetzt fragen, was unser Premier denn genau mit dem besten und demokratischsten Präsidenten aller Zeiten zu besprechen hatte, gibt es eine gute Nachricht. Es ging weder um das Wegsperren von Dissidenten, Pressefreiheit oder die Rechte von Homosexuellen. Zur absoluten Transparenz verpflichtet, publizieren wir an dieser Stelle exklusive Auszüge aus dem streng geheimen Gesprächsprotokoll, für Insider des Deep-State auch als „Aktenzeichen XAV/VLAD/00“ bekannt:

X.B.: „Sdorówo, Wladi. Wéi ass et?“

W.P.: „Hello, who is this?“

X.B.: „It’s Xavier, your friend from Luxembourg…“

W.P.: „Ah, Jeannot! Wéi ass et?“

X.B.: „No, not Jeannot. Xavier Bettel here. I am the Prime minister of the Grand-Duchy of Luxembourg. You remember?“

W.P.: „Ok, whatever…“

X.B.: „We need your help! We are really in a mess here… Even Paulette nationale totally lost control of our world class Impfcampaign, you know. We could use some Sputnik V, asap, money is not a problem …“

Der Rest ist leider strictly classified, also „TRES CONFIDENTIEL LUX“. Bis zur nächsten Ausgabe sollte das mit unserer Security clearance aber klappen. Das geht ja neuerdings ganz fix und ohne Stress von unserem bald komplett nutzlosen Geheimdienst. Also: Prodolzheniye sleduyet…

Die neue Ein-Mann-Opposition

Aber es gibt zumindest einen, der von der chaotischen Krisenpolitik gerade profitiert. Die parlamentarische Opposition, aka. Sven Clement. Oder auch noch bekannt als „energeschen, quirreleschen jonken Borscht“, ist er der Held, nach dem sich niemand gesehnt hat. Nach seinem unerwarteten Erfolg gegen den Staat in Sachen RTL-Konzessionsvertrag, kann der Chefpirat vor medial angefeuertem Selbstbewusstsein kaum noch laufen.

Sei es bei den Impfdränglern oder bei der SuperGeldKëscht: Sven Clement ist als neuer Moralapostel quasi omnipräsent. Eins muss man dem smarten Süßwasserpirat aber lassen: Er hat offenbar verstanden, wie Opposition geht. So schwer ist das auch gar nicht, wie der Erklärbär der Lila-Partei beweist. Regierung kritisieren, maximale Transparenz fordern und halbwegs unfallfrei in die RTL-Kamera sprechen, und schon klappts auch mit den politikverdrossensten Wählern.

Anders als viele seiner Klassenkameraden in der Chamber versucht Clement zumindest den Eindruck zu erwecken, dass er sich in Dossiers eingearbeitet hat. Und Skandale sind eben dazu da, um politisch ausgeschlachtet zu werden. Konstruktive Opposition ist halt nur was für Leute, die denken, das Parlament würde tatsächlich unabhängig vom Willen der Regierung Gesetze prüfen und verabschieden. Pfff, wie naiv kann man nur sein. #MirHunnEPlang

Pinky and the Brain wollen hoch hinaus

Bei der ganzen Sven-Mania der letzten Wochen könnte man fast vergessen, dass er nicht der einzige Pirat im Parlament ist. Marc Goergen hat es aber wirklich nicht leicht. Da tanzt sein Parteifreund der Regierung auf der Nase herum und wird deshalb von den Medien geradezu angehimmelt. Und wer interessiert sich da noch für die plumpe Agitation des besten und gewissenhaftesten Social-Media-Experten seit es bedrohte Mufflons gibt? Genau. Niemand. #NotFair

Doch die Piraten verfolgen offenbar einen ausgeklügelten Plan. So wie „Pinky and the Brain“ teilen sich auch Clement und Goergen die Oppositionsarbeit auf. Sven „The Brain“ Clement strebt mit taktischen Manövern schrittweise nach der Weltherrschaft. Marc „Pinky“ Goergen ist dagegen das einfache Gemüt, der seinem Partner etwas unbeholfen assistiert und eigentlich schon froh ist, überhaupt dabei zu sein.

Brains Traum von der Weltherrschaft aka. Ministermandat bedeutet Pinky herzlich wenig. Er wäre schon zufrieden, wenn sein BFF Dan „GiveUsABrain“ Frères mit ein paar geretteten Straßenkötern nach den nächsten Wahlen neben ihm auf der Oppositionsbank Platz nehmen würden. Gemeinsam könnten sie dann gegen das Grundübel dieser Welt, aka. die Grünen pöbeln. Beruhigend zu wissen ist aber: So verschieden Pinky und der Brain auch sind, am Ende werden sie beide scheitern. Die Weltherrschaft bleibt in weiter Ferne. Denn wie schon Frank Engel wusste: Der „Lëtzebuerger Dram“ geht eben nicht für alle in Erfüllung.


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