Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Das Neue Engelsche Manifest und die Ketchup-Flasche des Staatsministers. 

Der wohl unumstrittenste Parteichef, den die CSV jemals hatte, Frank Engel, hat diese Woche Historisches vollbracht. Nur etwas über 170 Jahre nach dem Original seines Namensvetters Friedrich Engels, legte der Parteiboss diese Woche sein Manifest für Partei, Land und überhaupt alles vor. Der wahre Grund für das 16-seitige Pamphlet: Engel will bleiben, was er ist, Parteipräsident. Dafür muss er allerdings in etwa anderthalb Monaten vom Kongress gewählt werden.

Was für ein großes Ding seine Kandidatur ist, daraus macht der bescheidene Partei-Obere keinen Hehl: „Dat ass keng Saach vun Dosenden. Dat ass eng Saach vun Dausenden.“ Aber wo stehen die Konservativen nach nunmehr sieben Jahren Blau-Rot-Grün? Jedenfalls nicht in der Opposition, denn das geht bei der CSV überhaupt nicht, weiß Engel. Schließlich ist die CSV keine schnöde Oppositionspartei, sondern „eine Partei, die zur Zeit in der Opposition ist.“

Auf Inhaltsentzug

Um kleine, aber feine Unterschiede geht es Engel auch bei der inhaltlichen Ausrichtung der CSV. „Mir positionéieren eis an der Mëtt. Dat ass keng Enthalung, fir riets a lénks ze vermeiden – et ass d’Iwwerwannung dervun.“ Doch wo genau die Mitte ist und was es da zu holen gibt, darauf bleiben auch die 16 Seiten Engels eine Antwort schuldig. Jedoch nicht ohne die Nüchternheit des eigenen Anspruchs noch mal zu unterstreichen: „D’Mëtt ass keng Ersatzdrog fir eng Partei op Inhaltsenzuch.“ Na dann, prost.

Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen, meinte einst Helmut Schmidt. Blöd nur, wenn die alle mit einer Jahrhundertpandemie ausgelastet sind. Dann müssen halt die Parteimitglieder für die Behandlung der eigenen Visionen herhalten. Und bei denen packt Engel das Großkaliber aus. Vorbei die Zeiten, in denen die CSV mit steuerlicher Gießkanne und Indextranchen regierte. Frank „The Rock“ Engel verspricht: „De Lëtzebuerger Dram“. Und wer jetzt an Humpen, Würstchen und „den 13. Mount“ denkt, der kennt Frank Engel nicht: „Dat ass den Dram vun esou ville Bierger, fir sech selwer am Liewen ze etabléieren, sech mat hirer Famill kënnen ze entwéckelen, an an der Gesellschaft ze wuessen.“

Zu viele wollen den Traum leben

Doch „de Lëtzebuerger Dram“ ist kein „American Dream“. Er ist auf keinen Fall für alle gedacht, obwohl es nicht an Kandidaten mangelt. Selbst Brasilianer träumen bekanntlich vom Luxemburger Pass. Das passt Engel wiederum überhaupt nicht: „Mir mussen eis froen, ob et wierklech gutt a richteg a sënnvoll ass, datt all Joer ronn 10.000 Leit eise Pass kréien.“ Somit ist der „Dram“ wohl für alle schnell geplatzt, die nicht die luxemburgische Nationalität haben. Denn wer von einem CSV-Präsident erwartet, dass er Politik für jene macht, die seine Partei nicht wählen können, der ist nun wirklich ein Träumer.

Unklar ist, wie Frank Engels Zukunft aussieht, sollte auf seine Vorauskandidatur ein böses Erwachen folgen. Nach der eigenen Logik wäre er aber dann mit Sicherheit kein trister Arbeitsloser, sondern bloß ein Politiker auf der Suche nach neuen Herausforderungen. „Frank Engel ist ein Typ, der es auch fertig bringt, zwei oder drei andere Dinge zu finden, mit denen er sein Geld verdienen kann“, sagte Engel über Engel bereits 2019.

Der Hoffnung nach einer noch höheren Berufung als die CSV-Präsidentschaft, etwa als EU-Kommissionspräsident, nimmt Partei-Übervater Jean-Claude Juncker im Gespräch mit RTL allerdings den Wind aus den Segeln. Auf die Frage danach, wann der nächste Luxemburger Kommissionspräsident werden könnte, erwidert JCJ: „Je crois qu’il faudra attendre quelques années sinon décennies.“

Ketchup und Catch up

Für Frank Engel heißt es also erst einmal: Abwarten und Tee trinken. Das müssen auch alle Impfwilligen in Luxemburg. Denn für die Allermeisten liegt der Impftermin noch in ebenso weiter Ferne wie das Amt des Premierministers für Frank Engel. Dabei sind wir doch gut dabei, meinten Xavier Bettel und Paulette Lenert bei ihrer Durchhalte-Pressekonferenz am Freitag. Die Gruppe der Über-75-Jährigen könnte schon Ende März durchgeimpft sein, verkündete der Premierminister.

Und überhaupt, besser als wir beim Impfen sind nur: die Griechen, die Deutschen, die Portugiesen, die Rumänen, die Färinger, die Marokkaner, die Briten, die Slowenen, die Malteser, die Dänen, die Norweger, die Isländer, die Spanier, die Türken, die Schweden, die Israelis, die Holländer, die Amerikaner, die Finnen, die Chilenen, die Esten und die Litauer (kein Anspruch auf Vollständigkeit).

Wir Luxemburger sind eben ein zurückhaltendes Volk. Doch was passiert, wenn wir erst einmal loslegen, weiß wohl jedes Finanzamt jenseits der Grenzen. Und auch bei den Impfungen will die Regierung bald so richtig auf die Tube drücken. Und alle einholen, die eventuell einen klitzekleinen Vorsprung haben. Aber der liegt im Dezimalbereich, wie der Premier betont. Apropos „Catch up“: „Ich versuche, mehr Zeit mit Menschen zu verbringen, die mir am Herzen liegen“, sagte Xavier Bettel dem „Wort“.

Sehr bald wird es soweit sein: Xavier Bettel sieht den Monat April schon als Monat der Ketchup-Flasche: „Sou wéi d’Ketchupsfläsch. Um Ufank do dréckt (sic!) een drop, fir dass e bëssi erauskënnt, an op eng Kéier kënnt e bësse méi eppes Grousses.“ Na dann, guten Appetit. Aber bitte nur zu Hause, denn Restaurants und Cafés bleiben bis zum 2. April weiter geschlossen. Wir freuen uns schon auf den kulinarischen Festschmaus im April. Egal, was dann in den Gaststätten hergerichtet wird – mit Ketchup wird alles gut.