Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Luxemburgs galaktische Ambitionen und Life-long-Learning für den Staatschef.
Das mit der Impfkampagne ist wie auf dem Wochenmarkt oder wie an der Supermarktkasse: Sie haben die 600.000-Menschen-Schlange gar nicht bemerkt und kommen gleich dran. Dann sind alle wütend auf Sie, dabei haben Sie doch gar nichts gemacht! Bitte bedauern Sie diese Woche mit uns die Verwaltungsräte der Krankenhausgruppe HRS Jean-Louis Schiltz, Michel Wurth und Claude Seywert.
Sie sind bereits Anfang Januar geimpft worden, wie „Radio 100,7“ berichtete. Jetzt wird ihnen vorgeworfen, sich vorgedrängelt zu haben. Stimmt aber absolut gar nicht! Sie sind nur unglaublich wichtig für den Betrieb des Krankenhauses – quasi systemisch, wie sie in ihrer Managersprache sagen. Wie jeder Undercover-Boss rausfindet: Ohne ihn läuft nichts, gar nichts. Wie sollen Menschenleben ohne einen Ex-Minister, einen Stahlmanager in Rente und einen Ingenieur gerettet werden? Wir können uns das nicht vorstellen.
Man hätte natürlich auch elegantere Ausreden finden können. Etwa dass die drei ganz unglücklich in eine Impfnadel gestürzt sind. Oder dass Prof. Dr. Michel Wurth in Wahrheit nicht nur die Bilanzen der Krankenhausgruppe prüft, sondern täglich per Chefarztvisite die Patienten bei Laune hält.
Um sich vor dem Virus zu schützen, hätten die superwichtigen Manager natürlich auch eine FFP2-Maske der Hausmarke „Santé Services“ tragen können. Oder ihre Sitzungen per Zoom-Meetings abhalten können. Aber warum wäre man dann im Verwaltungsrat eines Krankenhauses? Sicher nicht wegen der läppischen 40.000 Euro im Jahr für ein 14-köpfiges Spitzengremium.
Nur eines sollten sie natürlich auf keinen Fall in Erwägung ziehen: einen Rücktritt. Denn sich der öffentlichen Kritik offen stellen und dann moralische Konsequenzen aus seinem Handeln ziehen: Auf solche Ideen können nun wirklich nur die Streber von jenseits der Mosel kommen… Pfff.
„Wie regiere ich ohne meine Frau“
Luxemburgs Top-Influencer Henri wollte sich dem Vernehmen nach auch impfen lassen. Mit Presse und Insta-Story und allem drum und dran. Aber der böse Xavier verbot es, wie es heißt. Denn Henri ist eben keine Queen Elisabeth, sondern viel jünger, fitter und beliebter.
Überhaupt, der Xavier ist so ultrastreng, wenn es um die Monarchie geht. Und seine Abgesandte am Hof, Marschallin Yuriko Backes, versteht noch weniger Spaß. Henri sei in einem „Lernprozess“, um sich endlich an alle Regeln zu halten, sagte die neue starke Frau am Hof. Der Lehrling macht den Job ja auch erst seit 20 Jahren.
Aber Life-long-Learning gilt eben für alle, auch für Staatschefs. Gerade belegt er den verpflichtenden Onlinekurs: „Regieren ohne Anweisungen meiner Frau“. Die strenge Hofmarschallin will nämlich durchsetzen, dass die beste Großherzogin der Welt nicht mehr regiert. Die findet das aber nicht so toll: Das sei frauenfeindlich!
„We ain’t seen nothing yet“
Die Welt ist aber auch ungerecht. Davon kann auch Pierre Gramegna ein Lied singen. In Interviews will er über „grüne“ Finanzen reden, wird aber immer nur nach Steuertricks gefragt – völlig unverständlich, wie Journalisten darauf kommen.
Aber der „Jong vun Esch“ verzieht sich dann einfach in seinen „Happy place“. Nein, nicht „RuppEsch“, sondern in die imaginären Weinberge der Toskana. In zehn Jahre wolle er Olivenbäume pflanzen und Wein super nachhaltig produzieren, verriet er den Kollegen von „Delano“.
Vom „Level Wine Field“ (sorry) hält er in dem Kontext aber nichts. Ein Gramegna macht nicht nur Wein, sondern „great organic wine“. Aber nicht in Luxemburg, da sei das mit den Oliven etwas schwieriger, so Pierre der Weinbaumeister. Aber hier wird er sowieso blühende, grüne, blitzblanke Investmentlandschaften hinterlassen haben. Denn: „We ain’t seen nothing yet“ teaste Gramegna im „Delano“-Interview seinen „10-Jahres-Plan“ an.
Unsere sechs bis acht Planeten
Diese Woche brachte aber noch andere äußerst überraschende Erkenntnisse: Wenn jeder Erdenbewohner einen Porsche Cayenne fahren, in einem Bungalow wohnen und seine zwei tägliche Mettwürste verdrücken – also wie jeder gute Luxemburger leben würde –, dann bräuchte es nicht einen Planeten, sondern ein ganzes Sonnensystem. So heißt es jedenfalls von den Anhängern des „Overshoot Day“.
Doch wie wir schon vergangene Woche lernten: Als gute Luxemburger akzeptieren wir ausländische Bewertungen nur, wenn sie uns als absolut awesome darstellen. Wenn es kritisch wird, muss ein Missverständnis vorliegen. Oder es muss eine internationale Verschwörung vorliegen (Retrospect berichtete). Und auch in diesem Fall ist die Sache klar: Jeder, der behauptet, Luxemburg sei der größte Klimasünder Europas und würde weltweit nur noch von Qatar getoppt, ist nur neidisch, hat nichts verstanden oder will unserem endgrünen Finanzplatz schaden.
Obwohl: Ganz so schlimm seien die Luxemburger dann doch nicht, meinte der Nachhaltigkeitsrat: „Lëtzebuerg brauch keng 8, ma éischter 6 Planéiten“, so die extrem beruhigende RTL-Schlagzeile. Die Rechnung ist denn auch ganz einfach: Halb Europa tankt in Luxemburg und das spült grob eine Milliarde Euro in die Staatskasse. Aber sonst haben wir ja gar nichts damit zu tun und damit sollten die 1,75 Planeten, die das ausmacht auch nicht für Luxemburg gelten.
Grenzgänger schuften in Luxemburg, zahlen brav Steuern und kaufen auch noch wie wild in den hiesigen Supermärkte ein. Bilanz: 0,13 Planeten, so die aufwändige Studie des Nachhaltigkeitsrates. Auch das ist völlig unfair, den armen Luxemburgern das anzulasten. Wir stehen schließlich mit im Stau. Das muss an Solidarität reichen.
Die Nerds vom Nachhaltigkeitsrat haben aber auch ganz praktische Empfehlungen, wie die Luxemburger ihre galaktischen Ambitionen stutzen könnten. Also nur noch ein halbes Sonnensystem in Anspruch nehmen: Weniger Fleisch essen, den Q7 ab und zu in der Garage lassen, Zoom-Meetings statt Jetsetting und weniger streamen. Puh, damit wäre ja alles verboten, was Spaß macht. Da ist ja selbst die Hofmarschallin nachsichtiger.
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