Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Die Verdummung der CSV und liberaler Vakzinationshumor.
Was macht eigentlich… Frank Engel? Schon lange nichts mehr gehört von ihm, schon lange kein Interview mehr gegeben, schon ewig nicht mehr irgendeine lachhafte Summe aus den Parteikassen aufgetaucht, über deren Zweckmäßigkeit man debattieren oder die Staatsanwaltschaft informieren könnte.
Wir haben allerdings diese Woche gelernt: Frank Engel ist zwar kein Parteichef, kein Mitglied eines Freundeskreises und mittlerweile gar kein CSV-Mitglied mehr – doch eines bleibt ihm noch – seine übermäßige „Intelligenz“. Diese Eigenschaft wurde dem erfolgreichsten Parteivorsitzenden des Universums jedenfalls gleich von mehreren Partei-… sorry, Ex-Parteikollegen bescheinigt. Allen voran von Jean-Claude „Mir hunn d’Walen nach ëmmer net verluer“ Juncker. Frank Engel sei höchst intelligent, weltgewandt, spreche viele Sprachen, nur… „er steht sich immer selbst im Weg“, so die gewohnt treffsichere Problemdiagnose des Ex-Premiers.
So lässt sich denn auch schon besser verstehen, warum das aus der CSV und dem hellen Köpfchen mit den schicken karierten Anzügen aus den Achtzigern leider nichts wurde. Nein, es lag nicht daran, dass er sich auf höchst intelligente Art und Weise aus den Kassen des CSV-Freundeskreises bedient hatte. Nein, es lag auch nicht daran, dass Engel von Beginn an einen Rückhalt in der Partei hatte, der gegen Null tendierte. Nein, es waren auch nicht die bösen Intrigen seiner zahlreichen Gegner in der Fraktion, die lieber Anzeige erstatteten als einfach gegen den hochbegabten Präsidenten anzutreten. Das wahre Problem war offensichtlich: Alle anderen Mitglieder der CSV, die bekanntlich ausnahmslos hohlköpfige Bezirkstrottel sind, waren neidisch auf Engels unermessliche Intelligenz. Deshalb musste er gehen. #Sad
Der Erste wird der Erste sein
Weitaus weniger ingeniös als das gescheiterte CSV-Genie, dafür aber etwas cleverer in seinem unbedingten Streben zur Macht, ist bekanntlich Xavier Bettel. Genauso wie beim Premierwerden verhält es sich denn auch bei der Impfkampagne: Die Ersten werden die Ersten sein, befand der Regierungschef diese Woche. Alle anderen hatten leider Pech. Und auch wenn man einen Impfstoff nicht einwandfrei und mit absolut reinem Gewissen jedem empfehlen kann, ist das noch lange kein Grund, ihn nicht freiwillig zur Verfügung zu stellen. #Smart
Endlich mehr Eigenverantwortung beim Impfen: Es ist die lang ersehnte Erfüllung des Traums jedes guten Liberalen. Noch während der Pressekonferenz am vergangenen Mittwoch überschwemmte dann eine himmlische Sturmflut die Server von „impfen.lu“. Es konnte ja nun wirklich niemand ahnen, dass es noch so viele Menschen im besten Alter gibt, die trotz andauernder schlechter Presse über „AstraZeneca“ den Impfstoff, und damit das kleine Fünkchen Hoffnung auf eine eventuelle Rückkehr in die „Normalität“, immer noch haben wollen. Man könnte fast meinen, man wäre immer noch in einer Pandemie.
Die Ankündigung stieß besonders bei einer Bevölkerungsgruppe, die bis jetzt wohl am meisten leidet, auf große Begeisterung. Konzertbesucher konnten ihre langjährige Erfahrung im Online-Ticketkauf („F5, F5, F5, F5, F5…“), die in wenigen Minuten ausgebucht sind, in vollen Zügen ausnutzen. Wundern Sie sich also nicht, wenn bei den nächsten Stippvisiten von Xav und Paulette Nationale in den Impfzentren besonders viele Rammstein-T-Shirts auf den Fotos zu sehen sind.
Hyperlokale Herdenimmunität
Dass der enddigitale Luxemburger Staat den Ansturm auf die Vakzine nur schleppend verkraftete, ist dabei kein Grund zur Sorge oder zur Häme. Wie wir nämlich auf Twitter lernten, gibt es im Land genügend Programmierer, Piratenpolitiker und andere Nerds, die das Problem im Handumdrehen hätten lösen können. Allen voran der anerkannte Tausendsassa der Luxemburger Politik, Sven Clement, der sich gewohnt bescheiden mit seinem universalen Fachwissen rühmte. Für all jene unter Ihnen, die auch schon immer ihren Overlay im HTML per Webinspector löschen wollten, weil das JS geblockt wurde, sei Ihnen hiermit jedenfalls der Twitter-Account des Oberpiraten wärmstens ans Herz gelegt.
In der Wundertüte der Regierung gab es diese Woche aber nicht nur Spiel, Spaß und Spannung beim Einschreiben auf eine Warteliste, sondern auch noch etwas für die liberale Stammwählerschaft, die nicht viel mit HTML, JS oder Sven Clement anfangen kann. In maximal 15 bis 20 Minuten muss man bei einem Impfzentrum sein, um künftig eine Restdosis zu ergattern, so die brillante Idee des DP-Staates. Das Konzept ist fast so genial, dass es von der Intelligenzbestie Frank Engel stammen könnte. Dank Xavier Bettel können sich die Limpertsberger jedenfalls bald auf eine hyperlokale Herdenimmunität freuen. Und das Kreuzchen bei der Premierpartei für 2023 ist längst gemacht.
All inclusive, pandemic edition
Für alle, die nicht in Limpertsberg oder sonst zufällig in der Nachbarschaft eines Impfzentrums wohnen, gibt es aber noch Hoffnung. Denn auf den Reisebetreiber Sales-Lentz ist Verlass. Der neueste Hit der Pauschalreisen: Urlaub mit Impfung inklusive! Mit dem Bus nach Bulgarien, mit dem Flieger nach Dubai: Für jeden Geschmack und jedes Portemonnaie soll etwas dabei sein.
Ob das jetzt moralisch vertretbar ist oder sogar rechtlich auf wackligen Füßen steht, ist natürlich zweitrangig. Selbst Gilles Feith, der Direktor der besten Luxemburger Personenfracht-Fluggesellschaft aller Zeiten, ist skeptisch. Im Lockdown nach Stockholm fliegen, seinen halben Arbeitstag auf Twitter verbringen, kein Problem. Aber bei All-Inclusive-Impfreisen hört selbst für den lässigen Luxair-CEO der Spaß auf.
Die astreine Theorie des J.C.H.
Apropos Spaß: Eine Lehrstunde in Sexualunterricht lieferte diese Woche das „Journal“. Und genau wie früher in der Schule war es auch dort voll peinlich. Da wollte der Oberlehrer Jean-Claude Hollerich doch tatsächlich den Zuhörern erklären, dass zu viele Partner die Liebe töten. „Wenn ich eine sexuelle Partnerin habe und kurz danach eine andere, und kurz danach eine andere, und dann wieder eine andere, dann ist es sehr schwierig, wieder die Liebe zu entdecken. Dann wird es zu einem Konsumverhalten“, so der Sexualberater aka Kardinal Hollerich.
Allerdings spricht Jean-Claude Hollerich hier nicht unbedingt aus Erfahrung. Wenn es um „sexuelle Partner“ und den guten alten Geschlechtsverkehr geht, ist der Erzbischof eher ein reiner Theorie-Täter, ein Fan des Kopfkinos, ja gewissermaßen des erotischen Hörensagens.
Dass sein Gegenüber sich nur bedingt mit dem auskennt, über das er hier lässig daherphilosophiert, das ist denn auch dem Interviewer aufgefallen. „Sie haben vollkommen Recht, ich bin kein Experte im Bereich der Sexualität. Das habe ich auch noch nie für mich beansprucht. Aber ich bin ein Mensch und mache die Erfahrung von jedem Menschen und kann darüber nachdenken“, so der Kardinal, der mit dem Papst per Du ist. Und in der Tat: Er macht Erfahrungen wie jeder Mensch – nur halt diese nicht.
Wir verabschieden uns damit auch schon wieder zur kritischen Reflexion über die vergangene Woche und wünschen ein geruhsames Wochenende voller Gründe zum Nachdenken. Bleiben Sie gesund und – egal ob Impfstoff oder sonstige Güter – konsumieren Sie in Maßen!
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