Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Campari Claude und andere spannende Anekdoten.
Für einen kurzen Moment war die Welt wieder in Ordnung. Am Montagabend konnten unsere Boomerfreunde plötzlich keine lustigen Memes, Dadjokes und Verschwörungsnachrichten mehr teilen. Facebook hatte sich selbst ausgesperrt, dumm gelaufen. Doch dann kam der Retter in der Not höchstpersönlich mit einem Hilfsangebot: Ex-Kabinettschef des Premiers und neuer Datenzenterfreak mit solider linguistischer Vorbildung, Paul Konsbruck.
Wenn sich die Situation beruhigt habe, könne Facebook sich doch in Luxemburg einnisten. Voll gute Idee! Nach all den bösen Attacken aus dem Ausland gegen das blitzblanke Finanzzentrum im Herzen Europas wird es endlich mal Zeit für eine neue Nische. Mit Facebook könnte das Land sich rühmen, nicht nur die besten Finanzdienstleistungen, sondern auch die besten Plattformen für Wahlmanipulationen zu liefern. #JustHelping
Zu schade, dass Mark Zuckerberg auf Konsbrucks Hilfsangebot nicht weiter einging. Dabei hatte das Wirtschaftsministerium bereits einen Vertrag für den Verkauf einer Fläche für einen neues Datenzentrum vorgelegt. Wie bei Google läuft das mit der Einnistung großer Konzerne im Ländchen bekanntlich wie geschmiert, ohne jegliche Diskussionen und vor allem: überaus schnell. Wer da nicht zugreift, ist selber schuld.
Campari Claude haut einen raus
Gleiches Motto gilt für das „Journal“, das diese Woche mit einem bahnbrechenden Exklusivinterview mit Claude Meisch aufwartete. Getroffen hat man sich ganz gemütlich in seiner Heimatstadt. „Wenn Esch die Metropole des Südens und Düdelingen die hippste aller Südgemeinden ist, dann ist Differdingen das ungeliebte Stiefkind“, schrieb der Journalist des diskreten publizistischen Stiefkindes des DP-Staates. Der beliebteste Bildungsminister, seit es Dreierkoalitionen gibt, hat den Reportern für den weiten Weg dafür erstklassiges Newsmaterial geliefert.
Zum Beispiel soll Claude Meisch in Trier mit seiner Vermieterin gemeinsam Columbo geschaut und einen Campari-Orange geschlürft haben. Wow, was für eine atemberaubende Anekdote! Und vor allem: Wow, was für ein spannendes Studentenleben!

Dabei muss man Meisch aber zugute halten: Der Bildungsminister hat sich die Masche wohl bei seinen Untergebenen, also den Lehrern abgeschaut. Wer sonst kann stets die gleiche öde Story erzählen, aber so spannend verpackt, dass man jedes Mal denkt, es wäre das erste Mal. Denn die Campari-Geschichte verriet der Journalistenflüsterer bereits vor sieben Jahren dem „Luxemburger Wort“. Aber: Pssst!
Frank Engels neuer Freundeskreis
Aber wem machen wir denn etwas vor? Auch Frank Engel(s) hat es wahrlich nicht leicht. Zwar hatte er dem Vernehmen nach eine etwas exzessivere Studienzeit als Claude Meisch. Doch seit seinem Abschluss macht er eine schwierige Phase durch. Zuerst musste er in Straßburg versauern, dann haben seine „Freunde“ in der CSV ihn zum Vorsitzenden gewählt, nur um ihn bald schon wie einst Judas den Gottessohn zu verraten. Und dann hat das mit der politischen Wiederauferstehung auch nicht so recht geklappt. Eine Partei hat der frühere christlich-soziale Sonderbeauftragte für kreative Finanzbuchhaltung noch immer nicht gegründet. Woran das wohl liegen mag…
Dafür hat er aber wie jeder großartig gescheiterte Ex-Politiker, der etwas auf sich hält, den Weg in die Privatwirtschaft gefunden. Statt heißer Luft produziert Frank Engel(s) jetzt hochwertigen Wasserstoff, und das Ganze natürlich voll klimafreundlich. Dafür hat er denn auch einen neuen Freundeskreis gefunden. In Kürze muss Frank Engel(s) aber auch diesen wieder verlassen, denn bald muss er sich vor einem Luxemburger Gericht verantworten. Dann bleibt keine Zeit mehr für Brüsseler Lobbyarbeit – vorerst.

Ganz so schlimm ist das allerdings nicht. Die neue Freundschaft ist wohl eh nicht so gefestigt. Da hat der CEO von Hydrogen Europe, ein gewisser Jorgo Chatzimarkakis, den Nachnamen des Ex-Parteichefs der größten Partei Luxemburgs (ja, das waren noch Zeiten…) doch glatt mit einem der Autoren des Kommunistischen Manifests verwechselt. Dabei ist Chatzimarkakis eigentlich sehr gut im Abschreiben und im Metier der „speziellen Zitierweise“. Fast so gut wie Frank Engel(s) im Aufsetzen von wasserdichten Arbeitsverträgen.
LSAP? Ja, nein, vielleicht!
Aber nun zu den wirklichen Scherzkeksen. Wir wissen es, Sie wissen es: Die LSAP ist immer für eine Überraschung gut. Vor einer Woche kündigte die Fraktion eine Pressekonferenz für vergangenen Freitagmorgen an. Ein paar Minuten vor Beginn der Konferenz sagten die Sozialisten die Pressekonferenz allerdings wieder ab. Im Gegenzug verschickte die Partei eine Pressemitteilung, die sich gewaschen hatte.
„Angesichts der neuen Entwicklungen in Folge unserer Beiträge und Forderungen in Sachen innere Sicherheit haben wir beschlossen, unsere Pressekonferenz vom 8. Oktober 2021 um 10.30 Uhr abzusagen“, so die kurze und total verständliche Aussage. Was diese neuen Entwicklungen, Beiträge oder Forderungen sind, ließ die Partei genau so offen wie Dan Kersch den Zeitpunkt für seinen Rücktritt.
Bei dieser Sternstunde der politischen Kommunikation muss man der LSAP immerhin zugestehen, dass sie es fertig gebracht hat, dass keiner ihrer Minister in der Pressemitteilung zufällig sein Karriereende erklärte. Das ist auch eine Leistung, die mal gelobt werden muss.
Vive die Luxemburgismen!
Apropos loben und einwandfrei kommunizieren: Xavier Bettel macht vor, wie es geht. Wie wir wissen, parliert unser Premier fließend in acht bis drei Sprachen, und lässt das bei Gelegenheit auch gerne mal bei den internationalen Medien raushängen. So auch beim jüngsten EU-Gipfel in Slowenien.
„Heute werden wir mit den Balkanländern reden. Ich glaube, wir dürfen sie nicht enttäuschen. Wir dürfen aber auch kein eideles Versprechen machen“, sagte der mehrsprachigste Klassenclown des Europäischen Rats, seit es Luxemburger Langzeitpremiers gibt. Wir – und damit ist nicht zuletzt Jean Asselborn gemeint – wissen: Eidele Versprechen helfen in der Weltpolitik ebenso wenig, wie wenn man zu kräftig mit dem Bengel umrührt oder eine Drippe da drin macht.
Oder um es wiederum mit Finanzminister Pierre Gramegna zu sagen: Es hilft alles nichts, man muss „mit dem Problem eins werden“. Oder nur so tun als ob. Aber pssst!
Darauf einen Campari und ein schönes Wochenende!
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