Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Diese Woche: Pannen, Plagiate und sonstige dornige Chancen.

Wir müssen gleich mit einer Richtigstellung beginnen. Vergangene Woche ist der Retrospect-Redaktion nämlich ein Fehler unterlaufen. Natürlich steht Sven Clement nicht in Kontakt mit Außerirdischen! Wir bitten um Entschuldigung für diese bodenlose Spekulation und versichern, von nun an nur noch die nüchterne Wahrheit zu berichten – Pfadfinderehrenwort!

Wie kam der Oberpirat also auf den Spruch: „Unsere Regierung wurde so schnell über den Tisch gezogen, dass sie die Reibungshitze als Nestwärme empfunden hat.“ Ein aufmerksamer Leser wies uns darauf hin, dass es sich hierbei um ein Plagiat handelt. Den Spruch hat er schlicht von einem Blechschild in seinem Büro abgelesen. Aber Piraten nehmen das ja bekanntlich mit dem Copyright nicht so ernst. Corinne Cahen bezeichnete Sven Clement schon entsetzt als „#Liggendeputeierten“.

Ob die Plagiatsaffäre um den Besserwisser-in-Chief politische Folgen haben wird, bleibt abzuwarten. Als nebenberufliche Kommunikationsberater hätten wir aber noch ein paar total urheberrechtlich unbedenkliche Sprüche für die nächsten Interviewanfragen parat: Zum Beispiel über seine Partei: „Ich schicke den besten Mann aus meinem Team. Ich komme selbst!“ Eine Beurteilung der Regierungsarbeit gefällig? „Bei Bienen zählen auch nicht die Flugstunden, sondern der Honig, den sie nach Hause bringen.“ Oder wie wäre es mit dem Klassiker des Sven Clement der deutschen Politik: „Probleme sind nur dornige Chancen!“

Immer schön gechillt bleiben!

Apropos dornige Chancen. Davon hatte die Regierung diese Woche genug. Irgendwie ist das mit der Legalisierung von Cannabis dann doch nicht so einfach. Wer hätte das gedacht?! Sven Clement würde wohl sagen, die spitzfindigen Juristen der Koalition haben die Reibungshitze der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit unterschätzt. Leider, leider, wird das mit dem letzten Prestigeprojekt der Regierung wohl doch nichts. Als gute Biobauermüsli-Partei konnten die Grünen aber offenbar zumindest durchsetzen, den Eigenanbau zu erlauben.

Irgendwie sollte das Ganze dann auch noch die Situation im hauptstädtischen Bahnhofsviertel verbessern. Uns liegen jedenfalls exklusiv die ultrageheimen Pläne der Regierung vor: Der Staat verteilt an jeden Haushalt im Viertel eine Cannabis-Pflanze, dadurch sollen die Bewohner endlich mal ihren Stress abbauen können. Private Sicherheitsfirmen sollen zudem beim Anbau behilflich sein und die kostbaren Gewächse bewachen. Einer „Befriedung“ des Viertels steht damit nichts mehr im Weg.

Den zweiten Teil des Plans stellte Polizeiminister Henri Kox diese Woche schon vor. In der Hauptstadt wolle man nun auf „Pop-up“-Polizisten setzen. Polizeieinheiten können demnach im Viertel für kurze Zeit herumlaufen, wenn sie gerade nichts anderes zu tun haben. Doch genau so wie die „Pop-up-Geschäfte“ der Groussgaass, die sich die reguläre Miete für Geschäftsflächen nicht leisten können, sollen auch die Pop-up-Polizisten eher eine Übergangslösung sein. Übrigens dürfen diese Polizisten auch nicht eingreifen, sondern lediglich ihre Kollegen rufen. Wir finden: Eine wahrlich geniale Lösung, bei der nichts mehr schief gehen kann.

Neiwalen herno!

Nicht nur vorübergehend, sondern dauerhaft will Paulette Lenert wohl Ministerin bleiben. Die einzige Sozialistin, die offenbar noch Lust aufs Regieren hat, weiß allerdings noch nicht, ob das mit der Spitzenkandidatur so ganz ihr Ding ist. Oder wie sie es selbst formulierte: „Dat mautscht nach.“ Sie brauche also noch Bedenkzeit. Dabei muss Paulette Nationale jedoch aufpassen. Denn „mautscht“ der Salat zu lange, ist er nicht mehr essbar.

Wenn es nach dem „Luxemburger Wort“ geht, ist die Zeit der blau-rot-grünen Stillsteher ohnehin vorbei. Da die Regierung offenbar kein Programm mehr für die kommenden zwei Jahre habe, sei es Zeit für Neuwahlen, heißt es in einem Leitartikel. Das ist dann doch ziemlich schnell eskaliert. Wir finden: Neuwahlen sind auch keine Lösung. Wo kommen wir denn da hin, wenn jede Regierung, die Wahlversprechen bricht, strukturelle Reformen verschleppt und auch sonst nicht mehr viel auf die Reihe kriegt, zurücktreten müsste?! #Pfff

DP-Staat 2021. (Symbolfoto)

Um sicherheitshalber einer Neuwahl zu entgehen, zündet man lieber die nächste Indextranche und führt erste Sondierungsgespräche für eine große Ostfriesland-Koalition. Anders als in Deutschland trugen Schwarz, Rot und Blau ihre Verhandlungen aber ganz transparent öffentlich aus. Bei der CSV liest man etwa: „Fir d’CSV ass et awer onverständlech, datt dann net och d’Kannergeld mat erhéicht gëtt.“ Währenddessen schrieb Georges Engel: „D’#lsap setzt sech dofir an dass d’Indextranche vum Oktober bei der Reform vum Kannergeld mat abezu gëtt.“ Und Gilles Baum: „Fir d‘@dp_lu soll d’#Indextranche vun dësem Oktober mat consideréiert ginn, wann d‘#Kannergeld ab dem 1.Januar 2022 resindexéiert gëtt.“

Dabei zeugte das Vorgehen nicht gerade von großem Professionalismus. Die Parteien haben sich weder auf einen gemeinsamen Text verständigt, noch ein Selfie gepostet. Aber dem nicht genug: Der DP-Fraktionschef hat nämlich wieder einmal alles falsch verstanden und zuerst die eigentliche Position seiner Partei getwittert, bevor er den neuen Kompromiss vorstellte. Wir wissen: So wird das nichts mit einer „Zukunftskoalition“ für Luxemburg. #Amateure

Screenshot: Twitter.com

Fake-fake-fake News

Doch ohnehin haben auch die Grünen die Pläne der drei Parteien durchschaut und sich nun auch noch angebiedert für eine Zusammenarbeit. Wahlen hin oder her: Die Arbeiten an einer Südafrikakoalition sind also bereits in vollem Gange.

Eine übergroße Koalition gibt es auch beim Thema Verfassungsreform. Das seit Jahren von der ganzen Bevölkerung mit großer Spannung verfolgte Projekt wird schneller als ein deutsches Großbauprojekt vom Parlament verabschiedet. Nachdem die nervige CSV das Projekt ein erstes Mal torpedierte, macht nun die ADR Stimmung gegen das neue Grundgesetz. Das wollen die Großparteien natürlich nicht auf sich sitzen lassen und holen dafür die dickste Bazooka aus ihrem Arsenal: Léon Gloden. Der Abgeordnete will es den Alternativdemokraten mal so richtig zeigen – und schreibt deshalb einen Leserbrief.

Doch warum überhaupt die ganze Aufregung? Weil die ADR nach all den Jahren das agitatorische Potenzial der Verfassungsreform erkannt hat. Oder wie Mars Di Bartolomeo es sagen würde: „Ich will ja nicht von Lügen sprechen, doch eigentlich sind es welche.“ Fun fact: Auch die ADR wirft den Regierungsparteien vor, die Bürger anzulügen. Im großen Fake-News-Battle wirft die Rechtsaußen-Partei der Südafrikakoalition Wortbruch vor. Früher seien alle für ein Referendum gewesen, jetzt hätten die großen Parteien ihre Meinung geändert und wollen das Volk außen vor lassen.

„Weniger Demokratie wagen“: Fernand Etgen bei der Pressekonferenz zur Ankündigung der politischen Stand-up-Comedy-Tour „Informationskampagne zur Verfassungsreform“.

Ein Argument der ADR: Auch wenn die Reform formell keine neue Verfassung ist, decken sich die geplanten Änderungen mit dem früheren Entwurf eines komplett neuen Grundgesetzes. Spoiler alert: Die Alternativdemokraten haben in diesem Punkt ausnahmsweise recht.

Aber für CSV, LSAP, DP und Grüne ist das natürlich absoluter Schwachsinn. Die Co-Berichterstatter bekräftigten diese Woche, dass sie keine Angst vor einem Referendum hätten. Die ganze Struktur der Verfassung sei allerdings total anders als in dem ursprünglichen Text, sagte Simone Beissel, die auch abseits der Politik immer mal für einen guten Scherz zu haben ist. Damit erübrige sich eine weitere Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an der Reform. Eine willkürlich in vier geteilte, komplett überholte Verfassung ist natürlich keine neue Verfassung: Dieser stichhaltigen Logik haben auch wir nichts mehr beizufügen.

Xavier „bei de Leit“

Was macht unterdessen eigentlich Xavier Bettel? Nun, der umtriebigste Premier seit es Großherzogtümer gibt, machte in den vergangenen Tagen gleich mehrere Ausflüge, um dem tristen Alltag im Staatsministerium zu entfliehen. Nach einer kurzen Rede vor den Vereinten Nationen in New York stattete er gemeinsam mit Innenministerin Taina Bofferding den CGDIS-Einheiten in Mersch einen Besuch ab, ließ sich beim Unternehmen Cimalux erklären, wie „ëmweltfrëndlech“ (sic!) die Zementproduktion in Luxemburg abläuft, und bestaunte im Technoport die „innovativsten Start-Ups“, die das Großherzogtum zu bieten hat.

„Da, da ganz hinten liegt es vergraben, das glaubwürdige Klimakonzept der Regierung“: Xavier Bettel zu Besuch beim Klimarettungsunternehmen Cimalux.

Dass Xavier Bettel seine Abstecher in Industrie und Wirtschaft dabei gänzlich ohne den eigentlich dafür zuständigen Ressortminister machte, mag daran liegen, dass Franz Fayot zu dieser Zeit im Hafen von Antwerpen seinem Kindheitstraum als Kapitän zur See ein Stück weit näher zu kommen versuchte. Oder etwa doch daran, dass sich Xavier Bettel bereits als nächster Wirtschaftsminister in Stellung bringt, weil er bereits jetzt weiß, dass er, wenn überhaupt, in einer kommenden Regierung nur als Juniorpartner neben der dann beliebtesten Premierministerin aller Zeiten, Paulette Lenert, mitmachen darf.

Allerdings: Das ist alles wieder nur Spekulation. Wahrscheinlich ist Xavier Bettel einfach nur dort, wo die CSV eigenen Aussagen zufolge hinwill. Nein, nicht in die Regierung – wo denken Sie hin -, sondern: „Bei de Leit“.