Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Dieses Mal: sozialistische Glückskekse und Scheitern als Erfolgsrezept.
Sie hat Ja gesagt! Paulette Lenert gab dem Werben der LSAP nach. Obwohl sie – eigentlich – kein Machtmensch ist und – eigentlich – auch keine Politikerin. Das „ech si prett“ war aber ungefähr so spontan wie eine arrangierte Ehe zwischen royalen Sprösslingen. Das Verlobungsvideo wurde bereits vor dem Ja aufgezeichnet.
Und damit jeder weiß, wie er sich zu fühlen hat, lagen beim „Patt“ in Schengen Glückskekse mit der Aufschrift „#zesumme glécklech“ aus. Passend dazu hielt Paulette eine Rede mit jeder Menge sozialistischer Glückskekssprüche. Hier ein paar (echte) Auszüge: „Schengen steht für Offenheit.“ „Junge Menschen sind wirklich wichtig.“ „Wachstum allein wird nicht alles richten.“
„Wir wurden gelehrt, schlimmer geht immer“, sagte die einzige Hoffnung der LSAP in ihrer Rede. Das gilt nicht nur für die Krisenjahre, sondern auch für Plattitüden. Aber eigentlich ist die Rede ohnehin zweitrangig. Viel mehr kommt es auf den Auftritt an. Und da haben die Sozen es den anderen Parteien mal so richtig gezeigt. Zu den Klängen von Coldplays „Talk“ stieg der neue Polit-Superstar die Treppen der Bühne hinauf. Mehr Boomer geht nicht. Aber wir wissen ja jetzt: „Schlimmer geht immer.“
Luxemburg sucht Spitzenkandidaten
Die Idee des einen, nationalen Spitzenkandidaten verbreitete sich wie ein Virus in den Parteien. Selbst der Möchtegern-Premier von 2018 sprang auf den Zug auf. François Bausch krönte seine Protegée Sam Tanson auf der „RTL“-Antenne live zur Spitzenkandidatin – also im persönlichen Namen. „Das wird jetzt ganz demokratisch in der Partei diskutiert“ , sagte er. Klar, es ist ja auf keinen Fall so, dass Fränz bei Déi Gréng der absolute Alleinherrscher ist, der mit Daumen-hoch oder Daumen-runter die Geschicke wie ein Patriarch leitet.
Aber ist halt nicht einfach mit den Spitzen: Paulette wollte erst nicht, nun doch. Sam weiß es noch nicht. Und dann machen die Kandidaten auch noch, was sie wollen. Paulette will noch immer den Index deckeln, auch wenn sonst niemand das will. Sam will die ganze Bevölkerung überwachen und macht insgesamt eine Politik, die auch ein Laurent Mosar gut findet (Retrospect berichtete). Aber letztlich wird Sam wie Fränz sowieso nicht Premier.
Dafür können wir uns auf spannende Debatten mit Sam, Luc, Paulette und Xav freuen. Sam referiert und zitiert, ohne dass das Publikum ein Wort versteht. Luc versucht, jeder Frage über seine Vergangenheit auszuweichen, frei nach den Spice Girls „Wollt ihr meine Zukunft, vergesst meine Vergangenheit“ und Paulette will sich bei keiner Frage festlegen. Xav kann dann in aller Ruhe für die gute liberale Stimmung sorgen.
Wie man sich hochversagt
Aber zurück zu Luc Frieden. Reporter.lu schrieb bereits 2019 seine Bewerbung: „Seine Bilanz ist bescheiden, die Liste der Interessenkonflikte lang.“ Aber immerhin vervierfachte er sein Gehalt als Präsident von Saint-Paul – Selbstbedienung ist eine wichtige Kompetenz. Das hat Luc Frieden in seiner Funktion als „Vice Chairman“ der Deutschen Bank (was als „er hat seine Kontakte zu Finanzministern versilbert“ übersetzt werden kann) gelernt.
Luc Frieden ist eine Art umgekehrter König Midas: Alles, was er berührt, scheitert. Also der perfekte Sündenbock für eine weitere verlorene Wahl der einstigen Volkspartei. Eines muss man Luc Frieden aber lassen: Auf Twitter hat er mit sofortiger Wirkung Laurent Mosar als beliebtester Bösewicht ersetzt. Er hat sogar die Lebensgeister von Franz Fayot wiedererweckt. Dieser hatte 2013 ein „Hit Job“ mit dem Titel „The Talented Mr. Frieden“ veröffentlicht. Dann aber gelöscht, wie das „Lëtzebuerger Land“ berichtete.
Die CSV bereitet schon ein perfekt auf Frieden zugeschnittenes Wahlprogramm vor: Die Essenszulage der Beamten und die Gratiskinderbetreuung werden abgeschafft, um Steuersenkungen für Banken zu finanzieren. Das großherzogliche Palais wird an einen katarischen Fonds verscherbelt. Um Luxemburg herum wird ein Zaun errichtet, um minderjährige Migranten abzuhalten. Wer über 500.000 Euro verdient, zahlt überhaupt keine Steuern. Luxemburg kauft eine alte Ölplattform in internationalen Gewässern, nennt sie „Luxembourg II“ und führt dort wieder das Bankgeheimnis ein. Der kostenlose öffentliche Transport wird selbstverständlich abgeschafft, im Gegenzug wird der Gratis-Führerschein eingeführt. Zusätzlich ist der erste Porsche-Kauf steuerfrei.
Fränk is back
Ebenfalls zurück aus dem Purgatorium ist Fränk. Nein, nicht Frank Engel. Der Fokus-Präsident-Vordenker-Spitzenkandidat-Gründer wird noch immer „totgeschwiegen“! Also totgeschwiegen im Sinne von einer Doppelseite in der größten Tageszeitung des Landes. Oder Pressekonferenzen mit einer ganzen Riege von Mikrofonen vor der Nase.

Gemeint ist Fränk Arndt. Gut, den Wiltzer Bürgermeister müssen Sie nicht kennen. Spannender ist, dass die Justiz gegen den LSAP-Spitzenkandidaten in Wiltz ermittelt. Fränky besteht also offenbar auf dem Privileg, als erster Bürgermeister im Amt angeklagt zu werden. Vorausgesetzt, die Ermittler können den Verdacht der Korruption erhärten. Oder wie man das in der LSAP offenbar nennt: kleine Gefallen unter Freunden. Und Roberto Traversini denkt sich, dass er beim falschen Verein war.
Das sind bestimmt diese „Werte“ der LSAP, von denen Paulette sprach. Obwohl bei den Sozialisten ist man da nie sicher. Sind es die „Werte“ von Etienne Schneider (also keine), die von Jean Asselborn (Hauptsache ein Mikro) oder die von Paulette (à définir)? Nur doof, dass die Bürger im Norden die Umtriebe von Fränky Arndt und seinem Bestie Claude Haagen vielleicht nicht so toll finden. Und am Ende fehlt Paulette ein Sitz, um Premier zu werden. Alles Pauletti!
What happens in Davos …
Xav schwebt derweil über den Niederungen und Problemen von Spitzenkandidaten. Er muss nicht gekrönt oder gekürt werden. Er ist der natürliche Leader. Größer noch als Gaston Thorn. Entsprechend wollten alle ein Foto mit ihm in Davos. Ein netter Lobbyist für pakistanische Mangos – im Nebenjob Außenminister – und ein Fan des indischen Premiers Narendra Modi beglückte Xav mit einem gemeinsamen Selfie. Er mag sie einfach alle – auch den autoritären Nationalisten Modi. Damit war Xav auch groß in der indischen Presse, wie das „Lëtzebuerger Land“ kritisch anmerkte.
Aber wie Xav beim Neujahrsempfang der Presse betonte: Er freut sich über jede Kritik! Denn das heißt, dass wir in einem freien Land leben. Mit der kleinen Einschränkung: Wir Journalisten sollten aber auch nicht übertreiben. Der Premier stellte klar: „Ich bin nicht maso!“
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