Ein anderer Wochenrückblick ist möglich: Pünktlich zum Wochenende blickt die REPORTER-Redaktion mit einem Augenzwinkern auf jene Themen zurück, die uns und die Medien insgesamt beschäftigt haben. Dieses Mal: schiefe Metaphern und die überschätzte Demokratie.

Wenn man nicht mehr weiter weiß, dann packt man die Klassiker aus. Xav ist da keine Ausnahme. „Ech sinn net de Premierminister vun engem Land, wou ech gären de Leit eng Couche gi fir drop ze pennen. Ech si gären de Premierminister vun engem Land, wou een en Trampolin kritt fir drop ze sprangen a méi héich ze kommen“, zitierte „RTL“ aus seiner Neujahrsrede vor DP-Mitgliedern. 2018 im „Better Call Bettel“ war das Sofa noch eine Matratze … aber ansonsten beherrscht Xav seine neoliberalen Sprüche noch.

Wir haben dennoch Fragen. Stellen wir uns einen mittelmäßigen Jurastudenten vor, der die neue Copy-Paste-Technologie namens Internet für seine Diplomarbeit nutzt. Wenn sein Professor das Plagiat als „Kompilation“ durchgehen lässt, ist das dann für den betreffenden Studenten ein Trampolin oder eine Matratze? Wir bitten um Aufklärung durch diplomierte Xav-Versteher.

Es wird langsam deutlich, dass Xav im Wahlkampf einen auf Sarkozy machen will: „Travailler plus pour gagner plus“. Weniger arbeiten ist sozialistisches Teufelswerk. Hohe Inflation, astronomische Wohnungspreise: Solche Details stören Liberale nicht. Wer nichts erbt, ist halt selbst schuld.

Xav lernt dazu

„Dir hät jo kënnen e Prêt maachen“ – den Spruch spart sich Xav aber inzwischen. Er habe verstanden, dass sich nicht jeder eine Wohnung leisten könne, erklärte er der verdutzten Caroline Mart. „Ah bah jo, hein!“, könnte die ältere Dame heute sagen, die Xav im Wahlkampf mit seiner Finanzberatung belästigte.

Es war aber total unfair, dass Dan Kersch im sozialistischen Kampfblatt „Wort“ schrieb, Xav habe eine „mangelnde Sachkenntnis“ und sein Interview sei keine „hohe Kunst“ gewesen. Es ist aber der Ex-Links-Sozialist, der es nicht kapiert hat. Luxemburg geht es nämlich so gut, dass wir uns einen Premier leisten können, der eben kein Dossier so richtig beherrscht. Das hat Xav in den diversen Interviews zum Jahreswechsel ganz klar gemacht. Und das ist die Kunst!

Und es wäre ja auch nicht so, dass Xav nie substanzvolle Interviews gibt. Auf die Frage vom „Eldo“, ob „Penne oder Spaghetti?“, antwortete der Staatsmann: „Beides. Und das ist mein Problem. Ich liebe Nudeln – mit Arrabiata und Pesto und Bolognese und Käse – mit viel, viel. Das ist mein Problem. Und ich liebe sie so sehr.“

Die müde CSV

Wenn Xav bullshitet, dann muss die Dauer-Oppostionspartei natürlich auch mitmachen. „D’CSV ass um E-Bike, well mam Trampolin a mat der Couche bléiwe mir op der Stad… op der Plaz stoen a mir wëllen no fir goen“, sagte die CSV-Co-Präsidentin Elisabeth Margue als Reaktion auf Xavs Spruch. Mit verschränkten Armen vor dem roten Mikro und auswendig gelernten Phrasen versprühte sie dabei eine unglaubliche Energie.

Kein Wunder, dass die CSV das E-Bike wählt, denn aus eigener Kraft kommt sie nicht voran (und alle: Höhö). Und eigentlich will sie mit dem E-Bike vorangehen, was natürlich eine recht zutreffende Zustandsbeschreibung der ehemaligen Volkspartei ist. Aber Claude Wiseler konnte es nicht bei der einen schiefen Metapher belassen: „En huet de Leit en Trampolin versprach. Ech soen, ier een de Leit en Trampolin versprécht, soll ee mol selwer aus der Hängematt opstoen an dat maachen, wat an dësem Land ze maachen ass.“

Die Antwort ist so gradlinig wie die Rückkehr zur Macht der CSV. Wir lernen: Auch schiefe Metaphern sagen etwas aus. Manchmal sagt die Wahl eines Zitats oder einer Metapher mehr über die Sprecherin aus als über das Thema.

Beef und Battles

Niemand kann aber so geschickt Streit anfangen wie Xav. Ganz unsubtil kritisierte er den besten Minister aller Zeiten und sein Mietgesetz: Henri Kox. Die jungen Hitzköpfe der LSAP legten gleich noch nach. Sie warfen dem grünen Koalitionspartner Betrug und den Abgeordneten von Blau-Rot-Grün Arbeitsverweigerung vor. Das triggerte die nette Josée Lorsché hart: „Erpressungsversuche“, nannte sie das.

„Chill deng Nippelen“, war die Reaktion von Sam Tanson. Ach nee, Fehler im Skript. Die grüne Hoffnung mit der Chanel-Brille zitierte im „Radio 100,7“ natürlich den berühmtesten Opportunisten der europäischen Geschichte: Talleyrand. „Tout ce qui est excessif est insignifiant.“ Der koalitionsinterne Streit habe nur das Ziel, den Anstiftern „fënnef Minutte Gloire“ zu bringen. Die Justizministerin teilt aber nicht aus, sondern will einfach nur in Ruhe arbeiten. Demokratie ist so überbewertet.

Der gar nicht autoritäre Staatsrat

A propos Tanson und Talleyrand: Die Justizministerin hat auch Beef mit dem Staatsrat. Diese progressivste Institution des Landes noch vor der Großherzogin ghostet Sam einfach und ignoriert ihre Gesetzestexte. Dabei war sie selbst mal Mitglied in dem Club. Und wir wissen: Solange der Staatsrat nicht jedes Komma dreimal korrigiert hat, kann das Parlament nicht mal das PDF öffnen.

Könnten die Abgeordneten schon, wollten sie denn. Das stellte der Präsident des Staatsrates im „Radio 100,7“ klar. Christophe Schiltz versteht die Kritik an ihm und seinen Kollegen nicht. Ja, wer seine Miete nicht zahlen kann, kann jetzt auch im tiefsten Winter auf die Straße gesetzt werden. Der Staatsrat kippte damit ein Gesetz, das sowohl die Regierung als auch das Parlament wollten. Aber dann muss man sich halt einen Anwalt nehmen. Ist doch nicht so schwer. Und Vermieter haben auch Rechte, also Super-Grundrechte.

Was der Normalsterbliche nicht versteht: Der Staatsrat wurde zwar von der autoritären und demokratiefeindlichen Verfassung von 1856 eingeführt. Aber das heißt gar nichts, meint der heutige Präsident. Gut, die Mitglieder des Staatsrates sind nicht nur nicht gewählt. Es sind vor allem viele im Staatsrat, die die Bürger ganz bewusst nicht im Parlament haben wollen. Christophe Schiltz zum Beispiel landete auf den LSAP-Wahllisten maximal im Mittelfeld. Aber wie gesagt: Demokratie ist überbewertet.


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