Die „Autorité luxembourgeoise indépendante de l’audiovisuel“ (ALIA) hat ihr Gutachten zur Reform des „Radio 100,7“ veröffentlicht. Darin fordert die Kontrollinstanz eine Reihe von Anpassungen, die zur Unabhängigkeit und besseren Governance des Senders beitragen sollen.
Das „Radio 100,7“ soll eine neue gesetzliche Grundlage erhalten. Die Reform, die die Regierung Anfang des Jahres ins Parlament einbrachte, definiert die Mission und die Entscheidungsstrukturen des öffentlich-rechtlichen Radiosenders neu (Reporter.lu berichtete). Laut Premier- und Medienminister Xavier Bettel (DP) soll das neue Gesetz jedoch auch die redaktionelle Unabhängigkeit und die langfristige Finanzierung des Senders garantieren.
In ihrem Gutachten zum Gesetzentwurf über das „Média de service public 100,7“ identifiziert die „Autorité luxembourgeoise indépendante de l’audiovisuel“ (ALIA) allerdings einige Schwachpunkte, die einer Klärung bedürfen. Dazu gehört zuallererst eine klarere Definition der „Ligne éditoriale“ des Senders. Laut dem Reformtext sollen die Direktion und die Redaktion die Details der redaktionellen Leitlinien selbst ausformulieren. Die ALIA spricht sich jedoch dafür aus, eine unmissverständliche Formulierung im Gesetz zu verankern.
Unklare Rollenverteilung
Ein zweiter Kritikpunkt betrifft die Funktionsweise des Radiosenders. Im Gesetzentwurf wird das Vorschlagsrecht von neuen Mitgliedern des Verwaltungsrats von „Radio 100,7“ dem Aufsichtsgremium selbst zugesprochen. Die designierten Kandidaten müssen dann von der Regierung bestätigt werden. Laut der ALIA sollte man jedoch überlegen, das Vorschlagsrecht auf verschiedene Institutionen zu übertragen, etwa die Regierung, das Parlament und die ALIA selbst.
Noch kritischer sieht die ALIA die im neuen Gesetz enthaltene Kompetenzbeschreibung der höchsten Posten innerhalb des Senders. Vor allem die Tatsache, dass die Funktion des Chefredakteurs im Gesetzentwurf nicht weiter ausgeführt wird, stößt im Gutachten der ALIA auf Unverständnis. An dieser Stelle solle der Gesetzgeber nachbessern, denn ansonsten würden der Chefredakteur (und übrigens auch der Programmchef) zum reinen Verwaltungsjob degradiert.
Dieser Punkt erscheint der ALIA umso wichtiger, weil mit der Reform die Position des Generaldirektors formal gestärkt wird. Der Direktor des „Radio 100,7“ wird demnach als Geschäftsführer und Garant der Unabhängigkeit sowie der Erfüllung der öffentlich-rechtlichen Missionen definiert. In dieser Logik werde dem Generaldirektor letztlich eine nahezu uneingeschränkte Autonomie gegenüber der Redaktion, aber auch gegenüber dem Verwaltungsrat eingeräumt.
Andauernde interne Konflikte
Spätestens an dieser Stelle wird die Brisanz des Gesetzentwurfs deutlich. Die von der Regierung eingebrachte Reform kommt nämlich in einer Phase, in der innerhalb des Radiosenders immer noch ein Machtkampf ausgetragen wird. Der aktuelle Generaldirektor Marc Gerges wurde intern immer wieder für seinen Führungsstil kritisiert. In einem Beschwerdebrief eines Teils des Personals vom Dezember ging etwa die Rede von „strukturellen Problemen in der Kommunikation“, einem „Mangel an Visionen“ und sogar „Einschüchterungsversuchen“ des Direktors gegenüber einem Redaktionsmitglied.
Während sowohl der Direktor als auch die Chefredaktion nach außen auf Deeskalation setzen, gab es in den letzten Wochen vonseiten des Verwaltungsrats keine klare Rückendeckung für Marc Gerges. Auf die Frage, ob der aktuelle Direktor noch das volle Vertrauen des Verwaltungsrats besitze, antwortete Präsidentin Véronique Faber im Januar im Interview mit Reporter.lu: „Ich kann mich nicht direkt dazu äußern. Ich kann aber sagen: Er ist noch da und wir unterstützen ihn bestmöglich in seiner Arbeit.“
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