Das Umweltministerium hat einen Entwurf seines Luftqualitätsplans veröffentlicht. Die zulässige Frist, in der der Plan an die Europäische Kommission weitergereicht werden musste, war schon lange verstrichen. Und auch inhaltlich gibt es Kritik an den Luxemburger Projektionen.

Der Gefahren von Luftverschmutzung für den Menschen scheint man sich im Umweltministerium durchaus bewusst zu sein. Schließlich zitiert das Ministerium im Entwurf zum nationalen Luftqualitätsplan eindrucksvolle Zahlen der europäischen Umweltagentur (EEA). Ihnen zufolge sind allein für das Jahr 2018 54.000 frühzeitige Todesfälle durch zu hohe Stickstoff-Dioxid-Belastung zu erklären.

Auch deshalb sind alle 27 Mitgliedstaaten der EU aufgerufen, der Europäischen Kommission nationale Luftqualitätspläne vorzulegen. Diese Pläne sollen konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität und der Einhaltung der Schadstoffgrenzwerte enthalten.

Doch bei der konkreten Umsetzung dieses Plans scheint es Luxemburg an der nötigen Überzeugung zu fehlen. Denn der Stichtag für das Einreichen bei der Europäischen Kommission war bereits der 1. April 2019. Die einzigen EU-Mitgliedstaaten, die bisher noch keinen Plan eingereicht haben, sind Griechenland, Rumänien und Luxemburg.

Letzte Etappe vor Brüssel

Nun hat die Umweltverwaltung den ersten Entwurf des Plans zumindest öffentlich zugänglich gemacht – die letzte Etappe, bevor er der EU-Kommission vorgelegt wird. Ab dem 13. Januar und bis zum 13. März können interessierte Bürger den nationalen Plan einsehen und Anmerkungen dazu einreichen.

Dem Entwurf zugrunde liegen Luftschadstoff-Messungen zwischen 2015 und 2019. Bei den ebenfalls von der EU geforderten Werten zu Schwefeldioxid, Feinstaub sowie Blei und Kohlenmonoxid seien keine Grenzüberschreitungen festgestellt worden, hält die Umweltverwaltung fest. Deshalb gehe der Plan auch ausschließlich auf die Stickstoff-Dioxid-Werte (NO2) ein.

Stickstoff-Dioxid entsteht bei der Verbrennung von Treibstoffen, vorrangig bei Dieselmotoren. Das Gas kann zu Lungen- und Herz-Kreislauf-Schädigungen führen, weshalb in der EU ein Jahresgrenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (40 ug/m3) im Jahresmittel festgelegt wurde.

Weiterhin zu hohe Werte

Luxemburgs Umweltverwaltung misst die Stickstoff-Belastung in der Luft mit acht stationären Messstationen. Zusätzlich wurden 2018 und 2019 in Zusammenarbeit mit den Gemeinden Messungen mit Messröhrchen an 86 Standorten durchgeführt.

Das Fazit der Messungen: Auch wenn die Stickstoff-Werte im langjährigen Mittel sinken, konnten weiterhin Grenzwertüberschreitungen festgestellt werden. Besonders an verkehrsbelasteten Messpunkten kam es zu überhöhten Werten. So zum Beispiel an mobilen Messpunkten in Hesperingen, Esch-Alzette, Luxemburg-Stadt und Echternach. Die Umweltverwaltung geht davon aus, dass in den vergangenen Jahren rund 3.600 Anwohner zu hohen Stickstoff-Dioxid-Werten ausgesetzt waren.

Bei der Ursache für die Überschreitung wird der Entwurf der Umweltverwaltung deutlich: „Der Straßenverkehr ist mit Abstand die größte Emissionsquelle von Stickstoff-Dioxid.“ Und hier seien es wiederum Diesel-Fahrzeuge, die besonders hervorzuheben seien, so die Verwaltung weiter.

Politisch heikle Maßnahmen

Optimistisch ist der Luftqualitätsplan beim Blick in die Zukunft. Spätestens 2024 würden die Grenzwerte an allen Messstationen eingehalten werden, heißt es im Entwurf. Dabei verweist die Umweltverwaltung sowohl auf den steigenden Anteil an Fahrzeugen mit besserer Schadstoffbilanz als auch auf die bereits umgesetzten Maßnahmen der blau-rot-grünen Koalition zur nachhaltigen Mobilität („Modu 2.0“). Letztere beinhalten nicht zuletzt eine Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Transports.

Als mögliche zusätzliche Maßnahmen sieht der Luftqualitätsplan einen Umstieg von Euro-4-Diesel-Fahrzeugen auf Elektro-Autos, Umweltzonen mit Fahrverboten für ältere Fahrzeuge, die Stärkung des Home-Office sowie eine Ortsumgehung für Hesperingen vor.

Die konkrete politische Umsetzung dieser Maßnahmen bleibt der Plan jedoch schuldig. Einzig bei den Fahrverboten werden Zweifel an einer schnellen Umsetzbarkeit deutlich: „Toutefois, au vu des efforts à déployer sur les plans organisationnels et administratifs, cette mesure semble être difficilement réalisable à court terme.“

EU übt Kritik an Projektionen

Fraglich ist zudem, wie die Europäische Kommission den Entwurf im Detail bewerten wird. Bereits Ende 2019 ließ ein von der Kommission in Auftrag gegebener Bericht Zweifel an den von Luxemburg vorgelegten Projektionen aufkommen. Diese seien laut Bericht „intransparent“ und es fehle ihnen sowohl an Vergleichbarkeit, Vollständigkeit und Genauigkeit. Zudem habe Luxemburg das europäische Kontrollteam nur ungenügend in seiner Arbeit unterstützt.

Unklar ist auch, wie die EU-Kommission den Zeitverzug bei dem Einreichen des Luxemburger Plans bewerten wird. Da die Frist vertraglich geregelt ist, könnte auf das Großherzogtum im schlimmsten Fall ein Vertragsverletzungsverfahren zukommen. Bereits 2018 hatte die Kommission ein solches Verfahren gegen Deutschland und weitere Mitgliedstaaten eingeleitet, da die zulässigen Stickstoff-Dioxid-Werte wiederholt überschritten wurden.


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