Die Pandemie hat auch die Kunst- und Kulturszene schwer getroffen. Doch Not macht bekanntlich erfinderisch. Durch Austausch und Unterstützung konnte über den Sommer eine neue Dynamik entstehen. Das Kulturministerium legt nun eine Zwischenbilanz vor.
„Nirgendwo sonst können entscheidende gesellschaftliche Fragen besser verhandelt werden als auf der Bühne.“ Solche Worte sind Balsam für die Seele von Kunst- und Kulturschaffenden. Besonders wenn sie aus dem Mund der für ihr Ressort zuständigen Ministerin kommen. Und wenn den Worten dann auch noch Taten folgen.
Sam Tanson genießt ein Ansehen in der Kulturszene, wie es es seit der Ära Erna Hennicot-Schoepges (CSV) wohl nicht mehr gab. Sie höre zu und wisse, wovon sie spreche, lautet der allgemeine Tenor aus der Branche. Gerade in den letzten, schwierigen Monaten der Pandemie fühlten sich die Künstler verstanden und unterstützt. Geld floss ohne großen administrativen Aufwand, viele alternative Projekte konnten entstehen.
Ob „Bock op…“ in der Abtei Neumünster, der „TheaterContainer“ in Mamer oder auch die „KuFa Summer Bar“ in Esch/Alzette: sie alle waren unmittelbare Reaktionen auf die Krise und das Ergebnis gegenseitiger Unterstützung.
Besucherzahlen auf relativ hohem Niveau
Dass die Besucherzahlen auf Sommerfestivals und anderen Kulturveranstaltungen in Zeiten einer Pandemie niedriger sind, als in einem üblichen Sommer ohne Restriktionen, versteht sich von selbst. Doch die Zahlen, die das Kulturministerium diese Woche veröffentlichte, deuten dennoch auch im Corona-Sommer auf eine rege Nachfrage hin.
Insgesamt 18.000 Zuschauer zog es über den Sommer in die Kulturinstitutionen des Landes, zu Konzerten, Theaterstücken und Filmaufführungen. Die Museen zählten im Juli und August fast 42.000 Besucher, davon alleine 29.000 in den Museen der Hauptstadt. Das Musée d’art moderne Grand-Duc Jean (Mudam) verbuchte mit 10.280 Besuchern immerhin halb so viele Besucher wie im gleichen Zeitraum der beiden Jahren zuvor.
Das Musikfestival „Congés annulés“ in den Rotunden zog für die diesjährige Ausgabe immerhin 7.720 Besucher an – im Gegensatz zu jeweils knapp über 10.000 in den zwei Jahren zuvor. Erklären lässt sich der Unterschied damit, dass Menschenmengen auf dem Hof zwischen den Rotunden in diesem Jahr nicht erlaubt waren. Trotz der sanitär bedingten Restriktionen fühlten sich die Organisatoren dennoch frei. „Das Ministerium ließ uns freie Hand“, heißt es aus der Kommunikationsabteilung des Bonneweger Kulturzentrums. „Kein offizieller Besuch, keine politische Rede“, dafür „konkrete Unterstützung und reger Austausch“.
Die Kulturfabrik in Esch-sur-Alzette hatte seit 1998 jeden Sommer geschlossen. „Um Überstunden abzubauen“, wie ihr Direktor René Penning erklärt. Doch in diesem Sommer war alles anders: Das Team entwickelte während des Lockdowns ein Konzept für die „Summerbar“, mit Konzerten von in- und ausländischen Künstlern. Zwischen Juni und August zog dies rund 5.000 Menschen an, die zu den Konzerten oder Filmabenden kamen.
Einer noch laufenden Besucherumfrage zufolge kamen davon 42 Prozent aus Esch, 39 Prozent aus dem restlichen Luxemburg und 19 Prozent aus dem Ausland. „Das Konzept lief so hervorragend, dass wir wohl auch in den nächsten Jahren geöffnet bleiben“, sagt René Penning.
Innovative Konzepte und Kooperation
Das Musikfestival „Bock op…“ in der Abtei Neumünster lief zwar deutlich intimer ab als die großen Konzerte, die in den vergangenen Jahren den gesamten Innenhof der Abtei mit Menschen ausfüllten. Auf den insgesamt 19 Konzerten konnten jedoch immerhin knapp 3.000 Besucher empfangen werden. „Wir mussten unser Sommerprogramm sehr schnell auf die Beine stellen“, sagt Ainhoa Achutegui. Das Ministerium habe sie immer „mit offenen Armen“ empfangen und sie vor allem auch durch schnelle Entscheidungen sehr bei der Umsetzung unterstützt. „Ich schätze den Austausch mit dem Kulturministerium sehr“, sagt Ainhoa Achutegui. Die Ministerin und ihr erster Regierungsrat seien sehr reaktiv und hätten ein „ehrliches Verständnis für die Belange der Szene“.
„Seit Beginn der Krise läuft die Zusammenarbeit zwischen dem Sektor und dem Kulturministerium hervorragend“, sagt auch Bernard Baumgarten, Leiter des Centre de Création Chorégraphique Luxembourgeois (Trois C-L). „Während des Lockdowns waren wir anfangs täglich, mittlerweile wöchentlich in Kontakt mit dem Ministerium.“
Er habe sich viele Szenarien für die Entwicklung des Tanzes in Luxemburg erträumt, so Baumgarten, eine Pandemie jedoch sei nicht dabei gewesen. Absagen von internationalen Tourneen und professionellen Tanzplattformen bis Ende 2021 würden den Künstlern auch weiterhin schwer zu schaffen machen. „Die Krise wird die Entwicklung des Sektors für mindestens zwei Jahre bremsen“, schätzt der Leiter des Tanzzentrums. „Doch wir werden die Krise überwinden“, sagt er. „Durch eine rege Zusammenarbeit und eine transparente Kommunikation relevanter Informationen weiterhin. Ich bin zuversichtlich.“
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