Rund 1,5 Milliarden Euro: Diese Summe sieht der Corona-Wiederaufbaufonds für den Kultur- und Kreativsektor in den nächsten sieben Jahren vor. Das ist deutlich weniger als ursprünglich vorgesehen. Der Kulturausschuss des EU-Parlaments spricht von einer „schrecklichen Botschaft“.

Es ist das größte Haushalts- und Finanzpaket in der Geschichte der Europäischen Union. Auf einen 1.074,3 Milliarden Euro schweren EU-Haushaltsplan (2021-2027) konnten sich die Staats- und Regierungschefs nach Mammut-Sitzungen in Brüssel am 21. Juli einigen. Doch weder im Corona-Aufbauprogramm noch im mehrjährigen EU-Haushalt findet die Kultur angemessene Beachtung. Diese Meinung vertritt der Kulturausschuss des Europäischen Parlaments in mehreren Stellungnahmen und fordert Nachbesserungen.

„Das veranschlagte Geld reicht unter dem Eindruck der Covid 19-Krise und der Beeinträchtigung des Sektors durch die Pandemie bei weitem nicht aus, um diesen Wirtschaftszweig wieder auf Vordermann zu bringen“, sagte die Vorsitzende des Kulturausschusses, Sabine Verheyen (EVP-ED) in einem Interview im deutschen Südwestrundfunk. Diese Branche stehe für sieben Millionen Arbeitsplätze und mache 3,8 Prozent des Bruttosozialproduktes in Europa aus. „Ich habe den Eindruck, dass diese wirtschaftliche Bedeutung gerade von Finanz- und Wirtschaftspolitikern nicht wirklich gesehen wird“, so die EU-Parlamentarierin.

Mehrere Programme werden gekürzt

Im Vergleich zum ursprünglichen Haushaltsvorschlag der Kommission aus dem Jahr 2018, sieht der Plan nun eine Kürzung des Europäischen Solidaritätsfonds um 20 Prozent, eine Kürzung von 13 Prozent für das EU-Programm Creative Europe und eine Kürzung von sieben Prozent für Erasmus+ vor. Sabine Verheyen spricht von „schlechten Nachrichten vor allem für junge Menschen in ganz Europa“.

Creative Europe ist dabei das einzige EU-Programm, das den Kultur- und Kreativsektor direkt unterstützt. Das Europäische Parlament debattierte vor der Sommerpause verstärkt über die Ausweitung der Mittel für das Förderprogramm. Die französische Abgeordnete der Grünen, Salima Yenbou, betonte, dass Kultur beim wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas keine Nebensache werden dürfe. Sie erinnerte an die vielen Kulturschaffenden, die die Ausgangssperren mit ihrer Arbeit aufgelockert hätten. Man dürfe sie jetzt nicht vergessen.

In den nach der Sommerpause anstehenden Verhandlungen zwischen Parlament und Rat über den mehrjährigen EU-Haushalt wird es deshalb auch um die Forderung des Parlaments gehen, das aktuelle Budget von 2014-2020 auf rund 2,8 Milliarden Euro für das Programm Kreatives Europa zu verdoppeln. EU-Kommissar Margaritis Schinas machte bei den Debatten allerdings keine große Hoffnung auf eine substantielle Erhöhung des Förderprogramms.

Große Versprechen und Realpolitik

Im März 2019 hatte das EU-Parlament bekräftigt, zudem die Mittel für das Programm Erasmus+ verdreifachen zu wollen. Erasmus+ ist das EU-Programm, das verschiedene Förderungen im Bereich Bildung, Jugend und Sport vereint, bekanntestes Beispiel sind die studentischen Austauschprogramme. Aber auch im Bereich der Schulbildung könnte Erasmus+ den digitalen Übergang beim Lernen unterstützen, wenn man dem Fonds genügend Geld gegeben hätte, beklagt die Abgeordnete Sabine Verheyen. Gerade die Krise habe doch gezeigt, wie wichtig das Investieren in digitale Lernprogramme sei.

Vor ihrer Wahl hat die jetzige Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in ihren politischen Leitlinien „Meine Agenda für Europa“ noch Folgendes festgehalten: „Ich unterstütze den Vorschlag des Europäischen Parlaments, das Erasmus+-Budget im Rahmen des nächsten langfristigen Haushalts zu verdreifachen“. Ob das Versprechen bei den Verhandlungen im Herbst noch einzuhalten ist, ist bereits heute mehr als fraglich. Gleiches gilt für die generelle Förderung des europäischen Kultursektors.