Fehlender Zugang zu Informationen, politische Einflüsse, mangelnde soziale Inklusion: Der neueste „Media Pluralism Monitor“ spart nicht mit Kritik an Luxemburgs Presselandschaft. Am problematischsten scheint den Forschern die Konzentration der Medienmacht im Land.
Schon in den einleitenden Paragrafen der Studie wird deutlich, wo der Schuh drückt: „Die scheinbare Vielfalt der Medienlandschaft in Luxemburg darf nicht über eine starke Machtkonzentration hinwegtäuschen, die den Medienpluralismus in Gefahr bringt“, schreiben die Verfasser des „Media Pluralism Monitor“ 2021 in ihrem Länderbericht.
Luxemburgs Medienlandschaft sei mit fünf Tageszeitungen, einigen Wochen- und Monatszeitungen sowie diversen Magazin- und Onlineformaten im Hinblick auf die geringe Größe des Landes zwar „überraschend reich“, so die Analyse. Dennoch sei der Medienpluralismus gefährdet, da der Großteil der nationalen Presse weiterhin in den Händen zweier Verlagshäuser (Editpress und Saint-Paul Luxembourg, heute Mediahuis Luxembourg) liege.
Diese Machtkonzentration lasse sich nicht nur in der geschriebenen Presse, sondern auch im Radio und im Fernsehen beobachten: „Der audiovisuelle Sektor wird von der CLT-UFA (RTL) beherrscht“, heißt es in der Studie.
Pressefreiheit und Pluralismus
In ihrer Einleitung gehen die Verfasser des Länderberichtes, die Wissenschaftler Raphael Kies und Mohamed Hamdi von der Universität Luxemburg, auf zwei Reformen ein, die in ihren Augen zu einer grundlegenden Veränderung der Medienlandschaft führen könnten. Zum einen handelt es sich hierbei um das neue Gesetz über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Zum anderen sollen die staatlichen Beihilfen mit dem neuen Pressegesetz angepasst werden, womit dem Wandel der Medienlandschaft besser Rechnung getragen werde.
Anhand von vier Themenbereichen werden in dem Bericht Risiken für den Medienpluralismus in den 27 EU-Ländern, sowie in der Türkei, Großbritannien und Albanien untersucht. Das Augenmerk liegt dabei auf dem grundrechtlichen Schutz, der Pluralität auf dem Markt, der politischen Unabhängigkeit und der sozialen Inklusion. Die Ergebnisse für die einzelnen Themenbereiche werden auf einer Skala von null bis 100 dargestellt, die zwischen niedrigem, mittlerem und hohem Risiko differenziert.
Im ersten Teil zum grundlegenden Schutz der Presse- und Medienfreiheit in Luxemburg weist die Studie auf vier potentielle Risikobereiche hin. Die generelle Ausübung der Pressefreiheit findet dabei kaum Grund zur Beanstandung. Das Recht auf und der Zugang zu Informationen für Journalisten und Journalistinnen, für den sich auch die Journalistenvereinigung ALJP verstärkt einsetzt, stellt mit 45 Prozent ein „medium risk“ dar.
Alarmierend hohes Risiko
Die Berechnung in Bezug auf die Pluralität des Medienmarktes befindet sich mit 66 Prozent allerdings an der Schwelle zwischen mittlerem und hohem Risiko. Dabei wird vor allem das Risiko durch die Konzentration der Eigentümerschaft von Nachrichtenmedien mit 96 Prozent als alarmierend hoch eingestuft. Hintergrund ist die erdrückende Dominanz der RTL-Gruppe im Radiosektor sowie das faktische Monopol des gleichen Medienkonzerns im kommerziellen Fernsehen.
Auch im Hinblick auf die staatliche Einflussnahme und somit auf die politische Unabhängigkeit stellt die Studie der Luxemburger Medienlandschaft ein durchwachsenes Zeugnis aus und gibt mit 66 Prozent ein mittleres Risiko an. In ihrer Erklärung gehen die Verfasser auf den geschichtlichen Hintergrund der Presse in Luxemburg ein und betonen, dass besonders die gedruckte Presse in der Vergangenheit eng mit politischen Parteien oder Interessenverbänden verbunden war.
Auch wenn die Presse sich im Allgemeinen mehr und mehr von parteipolitischen Einflüssen emanzipiere, bestünden diese Verbindungen weiter, so die Verfasser. Als rezentes Beispiel wird etwa die versuchte indirekte Pressehilfe für das „Lëtzebuerger Journal“ durch die Veröffentlichung des „Chamberbliedchens“ auf ihrer Webseite als Beispiel angeführt, über das Reporter.lu Anfang des Jahres exklusiv berichtet hatte.
Mangelnde soziale Inklusion
Im Bereich der sozialen Inklusion bemängeln die Verfasser der Studie, dass es zwar mehrere kommerzielle Medien gebe, die sich gezielt an sprachliche Minderheiten im Land richteten (etwa Radio Latina für die portugiesisch-sprachige Gemeinschaft). Doch die wichtigsten, staatlichen bzw. staatlich beauftragten Radiosender, RTL und 100,7, berichten nahezu ausschließlich auf Luxemburgisch. Großes Manko der Luxemburger Medienlandschaft sei auch die geringe Repräsentation von Frauen in Verwaltungsräten und Führungsgremien, so die Studie.
Das Kapitel, das gezielt dem Online-Journalismus gewidmet ist, bleibt dagegen weitgehend vage. Die Verfasser begründen dies mit einer desaströsen Datenlage: „Es existieren nahezu keine Studien über den Online-Nachrichten-Konsum der Bevölkerung, über die Werbekonzentration im Internet oder auch über die Rolle der sozialen Netzwerke.“
Aus diesem Grund sprechen die Verfasser neben der Verbesserung des Informationsrechtes, dem Ausbau von Schutzmaßnahmen gegen kommerziellen Druck, der Förderung von Frauen in Schlüsselpositionen und der Verbesserung des Angebots für Minderheiten vor allem auch die Empfehlung aus, mehr Statistiken und medienwissenschaftliche Studien in Auftrag zu geben.


