Es ist eines der ambitioniertesten und gleichzeitig umstrittensten Vorhaben dieser Legislaturperiode: das Reformpaket zur Abfallvermeidung und Kreislaufwirtschaft, mit dem durch gleich fünf Gesetzestexte die Abfallgesetzgebung abgeändert wird. Am Ende einer langen Debatte wurden die Texte am Mittwoch im Parlament mit unterschiedlichen Mehrheiten angenommen.
Die Debatte fand dabei ohne jene Umweltministerin statt, unter deren Verantwortung die Gesetzestexte ausgearbeitet wurden: Carole Dieschbourg. Diese ist bekanntlich zurückgetreten und soll kommende Woche durch Joëlle Welfring ersetzt werden, wie Déi Gréng am Mittwoch bekannt gaben. Bis dahin hat Energieminister Claude Turmes das Umweltressort inne, der denn auch im Parlament sprach.
Das Reformpaket ist sehr umfassend und wird etappenweise umgesetzt. Hauptziele sind: Ressourcenverschwendung verhindern, unnütze Verpackungen und Plastikmüll vermeiden und Einweg- durch Mehrwegsysteme ersetzen. Ab Januar 2023 sind so etwa auf öffentlichen Veranstaltungen Einwegprodukte aus Kunststoff verboten und in der Gastronomie darf vor Ort nur noch wiederverwendbares Besteck und Geschirr genutzt werden. Das bedeutet vor allem für Fastfood-Restaurants ein Umdenken – auch weil diese Regelung ab 2025 ebenfalls für Take-away gilt.
Ab Juli 2023 müssen derweil im Handel Obst und Gemüse bis zu einem Gewicht von 1,5 Kilo nur noch ohne Verpackung angeboten werden. Ab 2024 sind Supermärkte mit einer Größe von mehr als 1.500 Quadratmetern denn auch dazu verpflichtet, eigene „Ressourcenzentren“ einzurichten, in denen Kunden unabhängig von ihrem Wohnort ihren getrennten Haushaltsmüll entsorgen können – 45 Zentren sollen so entstehen. Auch soll ein neues Pfandsystem eingeführt und die Strafen für illegale Müllentsorgung verschärft werden.
Ebenfalls ab 2024 ist die Verteilung von kommerziellen Werbedrucken ohne ausdrückliche Zustimmung der Empfänger auf den Briefkästen untersagt. Ab 2025 dürfen derweil in den Geschäften keinerlei Einwegprodukte aus Kunststoff kostenlos ausgegeben werden. Änderungen gibt es letztlich auch beim Bauschutt: Ab 2030 soll das Material nicht mehr deponiert, sondern getrennt und wiederverwendet werden.
Die Maßnahmen stoßen nicht überall auf Gegenliebe. Vertreter aus Handel, Lebensmittelbranche und Druckereiwesen etwa kritisieren, dass die Reform zu weit gehe – nämlich weiter als die Vorgaben der EU-Richtlinien – , der luxemburgische Markt dafür zu klein sei und die Maßnahmen somit letztlich ineffizient bleiben würden. Bereits während der Ausarbeitung der Texte hatte es viel Kritik aufgrund von Unklarheiten gegeben. Auch der Staatsrat hatte ein sehr kritisches Gutachten verfasst.
Die federführenden Grünen wiederum sprechen von einem Paradigmenwechsel, weil die Verantwortung für Abfallvermeidung von der Einzelperson auf eine systemische Ebene verschoben werde und anspruchsvolle Verpflichtungen für Staat, Gemeinden, Wirtschaft sowie die Akteure der Abfallwirtschaft eingeführt würden. (GS)


