Die Regierung setzt beim Thema Wasserstoff auf die Kooperation mit dem Ausland. Dass Luxemburg in Zukunft selbst zum Wasserstoff-Produzenten wird, ist hingegen eher unwahrscheinlich. Genutzt werden soll die Technologie vor allem in Wirtschaft und Industrie – nicht aber im Individualverkehr.

Es war wohl auch als Seitenhieb auf die CSV gemünzt, dass Energieminister Claude Turmes (Déi Gréng) die Präsentation der nationalen Wasserstoff-Strategie mit einem Exkurs zu Elektro-Autos begann. Denn während sich unter anderem der CSV-Abgeordnete Paul Galles für „Technologieoffenheit“ beim Thema individuelle Mobilität und Wasserstoff einsetzt, erteilt Claude Turmes dem Brennstoffzellen-Auto eine klare Abfuhr: „Es gibt Wunschdenken und es gibt Physik.“

Der Effizienzgrad bei der Elektrolyse von Wasserstoff sei einfach zu schlecht, um eine sinnvolle Alternative beim Auto darzustellen, so der Minister. Sinnvoller sei es, den Strom aus erneuerbaren Energien direkt in einer Fahrzeugbatterie zu speichern und elektrisch zu fahren, begründet Claude Turmes die Position des Energieministeriums.

Primäres Ziel der Klimastrategie der Regierung bleibt demnach die Elektrifizierung. Grüner Wasserstoff soll nur dort zum Einsatz kommen, wo Strom keine Alternative ist. Etwa in der Luftfahrt, dem Schwertransport oder in der Industrie. Das Energieministerium geht in seinen Berechnungen davon aus, dass 10 bis 15 Prozent des nationalen Energiebudgets in Zukunft durch Wasserstoff sichergestellt werden können.

Von fossilem zu grünem Wasserstoff

Eine erste konkrete Maßnahme der nationalen Wasserstoff-Strategie betrifft jene luxemburgischen Unternehmen, die bereits heute Wasserstoff in ihrer Produktion nutzen. Als Beispiele nennt Claude Turmes den Autoglas-Produzenten Guardian, den Hersteller von Zerspanungswerkzeugen Ceratizit sowie dessen Tochterunternehmen Ceratungsten. Diese Unternehmen würden heute auf fossilen Wasserstoff zurückgreifen, so der Minister. Der wird aus Erdgas gewonnen und weist einen CO2-Rucksack von 10 bis 15 Tonnen CO2 pro Tonne Wasserstoff auf.

Aktuell liegt der Verbrauch von fossilem Wasserstoff in Luxemburg bei rund 15 Gigawatt-Stunden im Jahr. Bis 2030 soll dieser durch klimaneutralen, grünen Wasserstoff ersetzt werden, der durch Elektrolyse aus Wasser gewonnen wird. Dabei wird ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energien genutzt. Da weder bei der Produktion noch bei der anschließenden Nutzung CO2 freigesetzt wird, ist grüner Wasserstoff klimaneutral.

Da grüner Wasserstoff derzeit noch deutlich teurer ist als fossiler Wasserstoff, will sich Claude Turmes auf EU-Ebene für sogenannte „Operational Aides“ einsetzen. Diese Produktionshilfen würden es dem Staat erlauben, den Preisunterschied zu fossilem Wasserstoff auszugleichen und somit grünen Wasserstoff konkurrenzfähig machen. Dafür braucht es allerdings die Zustimmung der EU-Kommission und vor allem der europäischen Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager.

Luxemburg setzt auf Kooperation

Dass Luxemburg in Zukunft seinen eigenen Bedarf an Wasserstoff decken wird, ist unwahrscheinlich. „Luxemburg hat überhaupt nicht den Platz, um so viel Wasserstoff herzustellen. Wir werden ein Wasserstoff-Importland werden,“ erklärt Claude Turmes. Die Zukunft der Produktion sieht der Minister in Nord- und Südeuropa. Vor allem Off-Shore-Windparks in der Nordsee sowie Fotovoltaik-Felder in Spanien und Portugal seien aufgrund der guten klimatischen Bedingungen ideal für die Wasserstoff-Produktion geeignet.

Das Energieministerium setzt dabei vor allem auf Kooperation innerhalb der EU. Als Beispiel nennt der Energieminister den Kooperationsvertrag mit Dänemark, den Luxemburg im Juni dieses Jahres unterzeichnet hat. Dänemark plant, eine erste Offshore-Energieinsel in der Nordsee zu bauen. Dort soll direkt aus Windenergie grüner Wasserstoff gewonnen werden. Die Anlage soll bis 2030 operativ sein. Wie hoch die Luxemburger Beteiligung am Ende sein wird, ist derzeit noch unklar, da es sich beim Kooperationsvertrag lediglich um eine Absichtserklärung handelt.

Neben der Zusammenarbeit mit Dänemark verhandele Luxemburg auch auf Benelux-Ebene über eine luxemburgische Beteiligung an zukünftiger Wasserstoff-Infrastruktur, so Claude Turmes. Die Häfen von Antwerpen und Rotterdam dürften in Zukunft wichtige Umschlagplätze für Wasserstoff werden und Luxemburg könnte von einer möglichen Wasserstoff-Pipeline profitieren, so der Minister.

Innovation fördern

Auf nationaler Ebene setzt das Energieministerium derweil auf Forschung und Innovation. Gemeinsam mit dem Industrieverband Fedil, dem Wirtschafts- und dem Umweltministerium will das Energieministerium bis nächstes Jahr eine Studie zum Wasserstoff-Potenzial in der luxemburgischen Wirtschaft durchführen. Geprüft werden soll, wo Wasserstoff in der Produktion in Zukunft genutzt werden kann. Besonders die energieintensive Stahl- sowie die Zementproduktion könnten dabei im Fokus der Analyse stehen, so Energieminister Claude Turmes.

Fördern will das Energieministerium aber auch die Grundlagenforschung zu Wasserstoff an sich. Die Förderung richtet sich dabei einerseits an die Universität und das „Luxembourg Institute of Science and Technology“ (LIST). Andererseits will Claude Turmes aber auch Unternehmen unterstützen, die sich bereits heute auf eine steigende Wasserstoff-Nutzung einstellen, wie etwa der Hochofenbauer Paul Wurth und der Ventilhersteller Rotarex.


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